Patrizia Cavalli: Vita meravigliosa

Einaudi 2020, pp. 128, ca. € 15,-
(aggiornato marzo 2021)

Cavalli_Patrizia_Vita_meravigliosa_Dante_ConnectionPatrizia Cavalli come Elsa Morante, Patrizia Cavalli come Sandro Penna. Come i suoi maestri, ampiamente omaggiati in questa raccolta di poesie, Patrizia Cavalli conferma di possedere il piglio sapiente dei grandi autori. In versi magistralmente costruiti, aspri, languidi, ambivalenti, la poeta (“perché poetessa fa ridere, dai”) italiana per eccellenza, la prima tra i poeti ancora in vita, riesce ancora una volta a rassicurarci e spiazzarci. Sembra di leggere di cose da niente, banalità quotidiane, invece poi ci si accorge di star leggendo della vita e della sua altra metà – la morte. Indissolubili come le conosciamo, le immaginiamo e talvolta dimentichiamo, entrambe affrontate con saggezza, a tratti scherzando. Non è un’impresa facile descrivere la bellezza e la speranza che i versi raccolti in questo libretto riescono a infondere: non ci resta che leggerli, rileggerli, interrogarsi, meravigliarsi. (Giulia Silvestri)

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Antonie Schneider, Christine Knödler (Hrsg.) & Marion Goedelt (Illustr.): Es flattert und singt

dtv Reihe Hanser, 128 S., € 14,95 , ab 8
(Stand März 2021)

Es_flattert_und_singt Der famose Band Es flattert und singt enthält Gedichte und mehr und alles für Kinder. So heißt es gleich im Untertitel – und es ist genauso! Gemeinsam mit der Illustratorin Marion Goedelt schicken Antonie Schneider und Christine Knödler darin das Huhn Helena und den Hahn Hanibal auf eine Reise durch die Welt der Sprache. Dabei dichtet Schneider traumwandlerisch fröhlich: Zucchini haben bei ihr feine Ohren und Zitronen werfen sich in Schale. Knödler wiederum erklärt auf zahlreichen Mit-Mach-Seiten in einfacher Sprache und mit vielen anschaulichen Beispielen, wie das so funktioniert mit den Reimen, den Haikus und den Elfchen und so weiter und so fort. “So wie sich die Clowns in der Manege die Bälle zuwerfen, kannst du mit Wörtern und Buchstaben werfen, mit Silben jonglieren”. Das macht Mut, zu reimen, was das Zeug hält und so der Fantasie Tür und Tor zu öffnen und Lust auf quirligsten Nonsens bekommt man sowieso. (Jana Kühn) Leseprobe

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Stefano Massini: Das Buch der fehlenden Wörter

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, mit Illustrationen von Magda Wei, Hanser Verlag 2020, 256 S., € 26,-
(Dizionario inesistente, Mondadori 2018, ca. € 24,-)
(Stand Juni 2021)

Massini_Stefano_Das_Buch_der_fehlenden_Wörter_Danteperle_Dante_ConnectionWir alle kennen Stimmungen, die wir nicht näher beschreiben können. Auch für Stefano Massini war der Auslöser für sein Kompendium ausgedachter Wörter eine unartikulierbare Gefühlskrise, aus der er erst herausfand, als er sich neue Begriffe dafür ausdachte. Damit ward die Idee für diese außergewöhnliche Wörter- und Geschichtensammlung geboren. Massini schuf fantastische Worte, indem er sich von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten wie Dorothy Parker, Rosa Parks oder der Shackletonexpedition, aber auch von literarischen Figuren wie Swifts Gulliver inspirieren ließ. Er erfand Begrifflichkeiten wie die „Parksiade“, „Dottienz“, „questisch“ oder die „Gulliverose“. Was es mit ihnen auf sich hat, erzählt er höchst abwechslungsreich wie in einem Füllhorn, das zudem fantasievoll illustriert ist.
Eine vergnügliche Anregung, selbst kreativ zu werden und sich eigene Wortschöpfungen auszudenken, die vielleicht in unser aller Sprachgebrauch übergehen werden wie die Silhouette oder die Hortensie! Denn „Sprache ist eine lavaartige Materie, in ständiger Bewegung.“ (Stefanie Hetze)

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Tarjei Vesaas: Die Vögel

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel, mit einem Nachwort von Judith Hermann, Guggolz Verlag 2020, 279 S., € 23,-; TB dtv 2022, € 14,-

(Stand Juni 2022)

1595078416390-1588022224464-Cover_2020_Vesaas_CMYK_300dpiWelch ein Glück und welch eine kaum auszuhaltende Traurigkeit ergreift einen beim Lesen dieses außergewöhnlichen Buches! Mattis, ein Mann Ende dreißig, lebt mit seiner Schwester Hege am Rand eines kleinen Ortes in einer Hütte am Ufer eines großen Sees. Im Dorf gilt er als „Dussel“, untauglich zur einfachsten Arbeit. Seine Schwester ernährt ihn mit, ist für ihn die einzige Bezugsperson. Doch Mattis lebt in seiner besonderen Welt, er denkt, schaut und spürt den Wörtern und der Natur nach, wird vom nächtlichen Flug einer Schnepfe bis ins tiefste Innere berührt. Er ist hochsensibler, unverstandener Außenseiter, möglicherweise Ausdruck des innersten Empfindens Vesaas eigener Künstlernatur. Als Hege einen Mann kennenlernt, verändert sich auch ihr Verhalten Mattis gegenüber. Wie von einem Erdrutsch erfasst verliert dieser immer mehr seinen emotionalen Halt. Die grandios-eindringliche, von Hinrich Schmidt-Henkel meisterhaft übersetzte Sprache des Romans versetzt uns direkt in Mattis hinein, lässt uns mit ihm fühlen, staunen, um Worte ringen – und verzweifeln. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Maya Angelou: Phänomenale Frauen – Gedichte

Ausgewählt und übersetzt von Judith Zander, Suhrkamp Verlag 2020, 95 S., € 14,-

(Stand März 2021)

Angelou_Maya_Phänomenale_frauen_danteperle_Dante_connectionMit einer Sprache, die an die Straße erinnert, und einem Rhythmus, der Blueslieden nahekommt, erklärt Maya Angelou, wieso wir immer stolz bleiben sollen, wenn wir lieben, diskriminiert und unterdrückt werden und wenn wir fürs Leben kämpfen müssen. Phenomemal Woman heißt das Gedicht, das dieser zweisprachigen Sammlung den Namen gibt. In diesem einen Adjektiv „phänomenal“ liegt die ganze Kraft diese Verse. Und genau das ist Angelou als Dichterin. Phänomenal. Scharf wie ein Messer, sanft wie eine Umarmung und dies gleichzeitig. Zum ersten Mal in deutscher Übersetzung liegen mit dieser  Ausgabe einige der schönsten Zeilen des 20. Jahrhunderts vor, die als Ansporn und Inspiration besonders in diesem Jahr dienen können. (Giulia Silvestri) Leseprobe

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Ulrike Draesner: Schwitters

Penguin Verlag 2020, 480 S., € 25,-, TB Oktober 2021, € 12,-

(Stand Oktober 2021)

59136772nKurt Schwitters, hannoverischer Künstler, Sprachspieler, Dadaist, Erschaffer des MERZ-Baus und der Ursonate, floh 1937 vor den Nationalsozialisten erst nach Norwegen und dann, 1940, nach England. Nach den auf das Überleben ausgerichteten Jahren von Flucht, Krieg und der steten Angst vor einer Abschiebung nach Deutschland, tritt in der Nachkriegszeit, da der Entschluss zum Bleiben gefallen ist, die Mühsal des Verstehens und Aneignens der doch so fremden, anderen Kultur in den Vordergrund. Neben der für den Dichter so schmerzlichen Sprachbarriere, verlangen ungekannte „Immerschon“-Regeln, gewöhnungsbedürftige Ess- und Trinkgewohnheiten (Tee mit Milch zu jeder Tages- und Nachtzeit) sowie ein schmerzliches Vermissen des Eigenen, eine anhaltende innere Zerrissenheit, einen kontinuierlichen Kraftakt.
Schwitters Leben steht hier emblematisch für die Schwierigkeiten eines jeden Exils, hilft beim Verstehen der Situation eines jeden Flüchtlings, ob 1940 oder heute. Dass Ulrike Draesner einen Ton findet, der literarisch und sprachkünstlerisch das schwittersche Innen- und Erleben miterfühlbar macht, sich mit diesem ent- und verwickelt und dabei einen fast hypnotischen Klangsog entfaltet, macht dieses Buch zu einem lang nachwirkenden Leseerlebnis. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Sebastian Barry: Tage ohne Ende

Aus dem Englischen von Hans-Christian Oeser, Steidl 2018, 272 S., € 12,80

(Stand März 2021)

Barry_Tage_Ohne_Ende_Danteperle_DanteConnectionWarum dieses Buch bei Erscheinen keine Danteperle wurde, kann ich heute beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen, zog es doch direkt beim Lesen schon in die Liste MEINER Bücher ein. Selten las ich ein Buch, das so zärtlich wie brutal, historisch wie brandaktuell so komplex wie fesselnd und zutiefst menschlich ist. Thomas McNulty – Waise irischer Einwanderer und ein halbes Kind noch – lebt auf den Straßen Missouris, wo er den gleichaltrigen John Cole kennen lernt. Fortan schlagen sie sich gemeinsam durch die harten Tage, arbeiten als Tänzer in einem Saloon, heuern schließlich als Unionssoldaten an. Sie werden beste Freunde und später auch Geliebte. Oft ist es nur noch diese Liebe, die sie die entmenschlichten Gemetzel des US-amerikanischen Bürgerkrieges, vor allem aber gegen die indigene Bevölkerung aushalten lässt. Als schließlich die Lakota-Waise Winona zu ihnen stößt, knüpft sich ein neues Band – eine Familie entsteht. Doch auch diese schwebt in diesen wirren, erbarmungslosen Zeiten in allerhöchster Gefahr. „Wir waten knietief in der Geschichte“, so Barry in einem Interview auf Deutschlandfunk, aber nur so lässt sich die Gegenwart, auch die der USA im Wahljahr 2020 verstehen. In diesem Herbst erschien ein Folgeband, der ebenso großartig erzählt, die Perspektive Winonas einnimmt: Tausend Monde (Steidl 2020, 256 S., 24,- €). (Jana Kühn)

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Hallgrímur Helgason: 60 Kilo Sonnenschein

Aus dem Isländischen von Karl-Ludwig Wetzig, Tropen Verlag 2020, 576 S., € 25,-, TB Februar 2022, € 14,-

(Stand Februar 2022)

helgason-60KIlo-U1+Ruecken.inddEin Fjord im Norden Islands, dem Polarmeer zugewandt. Ein kleiner Ort, eine Kirche, ein Gemeindevorsteher und ein paar versprengte Höfe, die meisten eher mit dem Vieh geteilte Katen, unter die Grasnarbe gebaut. Vielleicht 80 Menschen leben hier, trotzen den unwirtlichen Lebensbedingungen der unerbittlichen Natur und den jahrhundertealten Unterdrückungsstrukturen. Doch dann erscheinen Norweger im Fjord und beginnen eine Halle für die Heringsverarbeitung zu bauen. Dass diesem kleinen, hässlichen Fisch, der doch gerade mal als Viehfutter taugt, die Zukunft gehören, er Reichtum bringen soll, können die isländischen Bauern gar nicht glauben. Doch schon mit dem ersten Fang wird klar, dass die alte Zeit plötzlich und doch endgültig der Vergangenheit angehört.
Diesmal hat Helgason keine absurd-schräge Geschichte verfasst, sondern eine veritable Islandsaga, einen historischen Roman über den Einzug der Moderne in eine archaische Welt, angelehnt an die Geschichte des Siglufjördur, von Beginn des 20. Jahrhunderts bis 1968 der Fischereihafen für Heringe in Island schlechthin. Fesselnd von der ersten bis zur letzten Seite und mit vielen Szenen voller Situationskomik und skurrilen Figuren, die den uns bekannten Helgason erkennen lassen, ist dieses Buch vor allem große Literatur und wurde zurecht mit dem Isländischen Literaturpreis für den besten Roman des Jahres 2018 ausgezeichnet.
Als ergänzende Lektüre empfiehlt sich „Heringe“ von Holger Teschke, erschienen 2014 in der Reihe Naturkunden bei Matthes & Seitz, damals übrigens auch eine „Danteperle“. (Syme Sigmund)

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Sylvia Townsend Warner: Lolly Willowes oder der liebevolle Jägersmann

Aus dem Englischen von Ann Anders, mit einem Nachwort von Manuela Reichart, Dörlemann Verlag 2020, 272 S., € 25,-

(Stand März 2021)

Warner_Sylvia_Townsend_Lolly_willowes_Danterperle_Dantge_connectionLaura, von allen Lolly genannt, ist fast dreißig und noch unverheiratet, als ihr Vater, mit dem sie im alten Familienhaus wohnt, stirbt. Ihr Bruder holt sie nach London, wo sie einen guten Mann kennenlernen, endlich erwachsen werden soll. Doch sie entscheidet sich, zurück aufs Land zu ziehen. Great Mop, ein kleines Dorf in Südostengland, klingt nach dem perfekten Ort, um endlich ihre Ruhe finden zu können. Doch läuft es anders als gedacht und Lolly entwickelt sich langsam, aber unvermeidlich zu einer gänzlich unabhängigen Frau, einer Hexe.
In ihrem ersten Roman erzählt Sylvia Townsend Warner mit klarer Sprache und feinem Humor die Geschichte einer ungewöhnlichen selbstbestimmten Frau, die sich entgegen aller Erwartungen entscheidet und stolz ihre eigenen Wege geht. In diesem großartigen Roman aus den 20ern wird eine unvergessliche, starke literarische Figur meisterhaft dargestellt. Dazu kommen schöne Landschaftsbeschreibungen, die Lust auf herbstliche Waldspaziergänge machen. Ein Genuss, diesen Roman (wieder-) zu entdecken! (Giulia Silvestri) Lese-und Hörprobe

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Giulia Caminito: Ein Tag wird kommen

Aus dem Italienischen von Babara Kleiner, Wagenbach Verlag 2020, 265 S., € 23,-, TB 2022, € 14,-
(Un giorno verrà, Bompiani 2019, ca. € 21,80)

(Stand September 2022)

Camintio_Giulia_ein_Tag-wird_kommen_Danteperle_Dante_ConnectionGroßes Kino gleich zu Beginn: Nicola zielt vor Angst triefend mit einem Gewehr auf seinen geliebten älteren Bruder Lupo,  der keine Miene verzieht. „Der Große Krieg war auch bis hierher in diese Hügel gekommen…“ in diesen Ort armer Schlucker in den Marken. Nicola überwindet sich, schießt und rettet Lupo vor der Einberufung.
Zwei Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten in dieser Bäckerfamilie, in der der Vater brutal herrscht und die als „Zuchtstute“ missbrauchte Mutter entkräftet dahinvegetiert. Lupo, der Vitale, sympathisiert mit den Partisanen, rebelliert gegen den verhassten Vater und beschützt seinen Bruder, wo immer er kann.  Nicola mit dem „Prinzengesicht“ fällt heraus aus dieser Familie. Er liest, ist zart und zu nichts zu gebrauchen.
Ein Geheimnis steht zwischen den Brüdern, das sich peu à peu entschlüsselt. Die politischen und sozialen Verhältnisse (Erster Weltkrieg, Faschismus, Armut, Kirche, Widerstand dagegen) wirken sich vehement auf ihre Familie aus. Meisterlich und facettenreich verbindet Giulia Caminito die große Geschichte Italiens mit einem individuellen familiären Drama. Verblüffende Twists, das Mitwirken historischer Persönlichkeiten und eine ungemein plastische Sprache, perfekt übersetzt, machen  diesen Roman zu einem einmaligen Lesegenuss. (Stefanie Hetze)

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