Aus dem Englischen von Helmut Moysich u. e. Nachwort von Wolfgang Kemp, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung 2019, 272 S., € 25,-
(Stand März 2021)
In den Zeiten des elektronischen Overkills ist es eine entspannende Wohltat, Bleistift und Feder (!) in die Hand zu nehmen und akribisch Linien zu üben, gleichmäßig Farbe aufzutragen und sich Schritt für Schritt, Ruskin schreibt von einer Stunde täglich über sechs Monate lang, den Basistechniken des Zeichnens zu widmen. Nicht auf Show und Wirkung kommt es ihm an, sondern auf die Wahrnehmung und die Schulung des Auges. Die regelmäßige künstlerische Praxis kann laut Ruskin regelrecht eine „drawing cure“ zur Belebung von Seele und Geist werden. In England seit dem ersten Erscheinen 1857 ein populärer vielaufgelegter Klassiker, lädt die (nach 100 Jahren) neue deutsche Übersetzung in feinster schönster Gestaltung ein, sich den Basistechniken des Zeichnens zu widmen. (Stefanie Hetze)

Die französische Schriftstellerin und Analytikerin Marie Darrieussecq hat die deutsche Malerin Paula Modersohn-Becker, hierzulande längst eine Ikone, erst spät für sich entdeckt. Schreibend hat sie eine Modersohn-Becker-Ausstellung in Paris, 110 Jahre nach deren letztem Aufenthalt dort, mit vorbereitet. In der Künstlerin, die zwischen dem Dorf Worpswede und der Großstadt Paris pendelte, die sich als erste Frau selbst nackt und schwanger malte, die ihre Arbeit als Künstlerin ins Zentrum ihres sehr kurzen Lebens stellte, hat die Autorin ihr Gegenüber gefunden. Auf knappen, aber durch eine tiefe Recherche verdichteten, intensiven 110 Seiten liest sie deren Briefe, Tagebücher und vor allem ihre Bilder und erzählt den schwierigen Kampf der Malerin um wirkliche Eigenständigkeit als Künstlerin und als Frau. Ein großartiges Kleinod. (Stefanie Hetze)
Die jahrtausendealte Ode eignet sich für stilistische Experimente. Der preisgekrönte Autor des „Kongo“, David van Reybrouck, hat sie für sich entdeckt und wunderbar-konzentrierte Lobeshymnen auf Menschen, Dinge, Momente und Gefühle verfasst. Gewürdigt werden der Mut, das Scheitern, die Brüderlichkeit, Fatma Aydemir, das Wiedersehen, das Trampen, das Nichtfotografieren, der Bierdeckel . . . Allein das Inhaltsverzeichnis feiert das Leben mit all seinen Facetten, umso intensiver und reicher die Lektüre, die durch die extra für jede Ode gezeichnete Bierdeckel und weitere Abbildungen zu einem Gesamtkunstwerk geworden sind. (Stefanie Hetze)
Ein Kompendium dialektalischer Wörter, die aus ganz unterschiedlichen Ecken des deutschen Sprachraums stammen: Von Bayerisch bis Sächsisch, von Kölsch bis Schweizerdeutsch, es gibt so viel zu entdecken! Ein Genuss für alle Sprachinteressierten mit großartigen, witzigen Illustrationen. (Giulia Silvestri)
Per chi è la notte? Il babbo di Francesco conosceva la risposta e non è più tornato dal bosco, lo hanno preso gli streghi, creature spaventose che si aggirano tra gli alberi. È il 1943 e la seconda guerra mondiale sta per entrare nella la sua fase più sanguinosa: in questo contesto Francesco sta diventando grande. Un romanzo di formazione tenero e coraggioso, intriso di elementi onirici e credenze popolari, che a tratti suona come il racconto di un nonno, uno di quelli che hanno visto la guerra. Un debutto imperdibile! (Giulia Silvestri)
Ein Vater wird dement und
Patience Portefeux ist eine erschöpfte Frau, die sich vorbildlich aufreibt zwischen Job und Familie. Das Leben hat sie nicht mit Samthandschuhen angefasst: Die Eltern, „halbseidene Exoten“, teilen den Verlust der Heimat und kompensierten diesen mit
Berlin, Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Es sind die Jahre der Weltwirtschaftskrise, der Massenarbeitslosigkeit, der Heere von Bettlern, Kriegsversehrten und Verzweifelten in den Straßen der schillernden, lärmenden, rasanten Großstadt. Einigen von ihnen folgt der Roman über vierundzwanzig Stunden, um sie am Ende in einem explosiven Finale aufeinandertreffen zu lassen. Es sind Menschen, die ihre Illusionen, ihre Träume oder sogar ihren Verstand verloren haben, Frauen, die sich aus Not prostituieren, ein Arbeitsloser, der sich mit seinem Schicksal noch nicht abfinden will, ein Kriegsblinder voller Wut.
Unn ist neu in dem kleinen norwegischen Dorf, sie ist nach dem Tod ihrer Eltern zu ihrer Tante gezogen. Still ist sie, schließt sich den anderen Kindern nicht an, aber Siss fühlt sich stark zu ihr hingezogen. Als sich die Mädchen endlich allein treffen, ist sofort eine Seelenverwandtschaft da, die Sicherheit, dass diese Freundschaft für immer sein wird. Doch am nächsten Tag verschwindet Unn spurlos, verirrt sich in den Spalten eines gefrorenen Wasserfalls – des Eis-Schlosses – die Suche des ganzen Dorfes bleibt erfolglos. Siss erstarrt in Trauer, fühlt sich der gerade erst gewonnenen Freundin verpflichtet, zieht sich in sich zurück. Die anderen Kinder, die Dorfgemeinschaft und Siss Eltern akzeptieren sie, geben ihr Zeit, warten, wenden sich nicht ab. Veesas Prosa ist lyrisch, atmosphärisch und doch schlicht und glasklar. Selten wurden Einsamkeit und Trauer, der behutsame Umgang mit der Trauernden und die schrittweise Rückkehr ins Leben so intensiv, so innig und so feinfühlig beschrieben wie in diesem schmalen Roman von 1963, der nun von Hinrich Schmidt-Henkel hervorragend neu übersetzt wurde. (Syme Sigmund)
Albe ist eine junge Frau, die ein Viertel ihres Lebens im Knast verbracht hat. Da drinnen hat sie ihre gymnasiale Ausbildung abgeschlossen, gelesen, geschrieben und davon geträumt, Schriftstellerin zu werden. Nun ist sie frei und sucht einen Weg zur Veröffentlichung. Einfach ist es allerdings nicht: Ihr Mann ist noch im Gefängnis, alte Freunde lassen sie im Stich, sie kann nicht frei durch Frankreich reisen und hat dazu kein Geld.