Luce D’Eramo „Der Umweg“ (Klett-Cotta) präsentiert von Reinhold Joppich
Luce ist 18, begeisterte Faschistin und nicht überzeugt von den Nachrichten das nationalsozialistische Deutschland. Um sich selbst ein Bild zu machen, begibt sie sich 1944 freiwillig zu IG-Farben nach Höchst und kommt in weitere deutsche Arbeits- und Konzentrationslager. Sie erlebt ein zerbombtes und zerrüttetes Land. Am Ende verliert sie ihre körperliche Unversehrtheit, aber auch die Illusionen über eine zerstörerische Ideologie.
Der Verlag Klett-Cotta hat das wichtige Buch soeben neu aufgelegt. Der Italienkenner Reinhold Joppich wird dessen Geschichte erzählen und von Luce D’Eramos Umwegen berichten.
wann? Sonntag, den 4. November 2018 11.30 Uhr
Vorverkauf 6 € / 4 € – Tageskasse 8 € / 5 €
Im Rahmen der WUB = Woche der Unabhängigen Buchhandlungen.

Man sieht es nicht und weiß doch ganz genau, es geht hier tief nach unten – Erde und Wasser sind ein echtes Faszinosum. Ein opulentes Wendebuch ist den geheimnisvollen Tiefen gewidmet: Korallenriffe und Bohrinseln, von der anderen Seite Bergwerke und Vulkanausbrüche. Großformatige Bildtafeln erklären alles anschaulich und mit spektakulären Details – da heißt es: aufschlagen und tief versinken!
Wir nehmen Abschied von einem technischen Gimmick, das uns lieb, vor allem aber teuer war – unser Onlineshop. Umsätze und Kosten standen leider zu keinem Zeitpunkt in einem sinnvollen Verhältnis, aber wir wollten mit der Zeit gehen. Nun haben wir uns dennoch gegen die Algorithmen und für einen persönlichen Bestellservice entschieden.
Friedrich – Fritz – Bender ist ein Blender. Schon als Kind ist sein wohl größtes Talent seine Fabulierlust. Er wächst in den 1970ern im Osten Berlins als Kind einer Kaderleiterin und eines Professors für Marxismus-Leninismus heran. Doch ihre schale Linientreue ist so gar nichts für den windigen Jungen. Als Agitator denkt er sich für seine Pionier-Mitschüler lieber spannende Anekdoten aus, um die immer gleiche Berichterstattung der Staatsorgane zu umschiffen, und auch als Teenager weiß er mit geradezu hanebüchenden Liebesabenteuern zu beeindrucken. Mit dem Mauerfall könnte sich für Fritz nun gewissermaßen eine Wende ankündigen, doch er findet auch im neuen System schnell die dünnen Bretter und bohrt, was das Zeug hält. Mit einer neuen Identität mausert Fritz sich gar zum wohlhabenden Adligen. Doch das Zeitalter des Internets naht und damit eine Form von allgegenwärtiger Transparenz und Überprüfbarkeit, die selbst Benders Fantasie an ihre Grenzen bringt. Ein überaus vergnüglicher Schelmenroman über eine Zeit des Umbruchs und der Goldgräberstimmung, die so mancher dreist zu nutzen wusste. (Jana Kühn)
Rom durchlebte nach dem Ende des 2. Weltkriegs nicht nur einen Wiederaufbau, sondern in den 1950er und 1960er Jahren einen regelrechten urbanen Aufbruch. Die Stadt vergrößerte sich immens in ihrer Fläche und ihrer Einwohnerzahl. In dieser Stimmung des Neuanfangs wurde sie zum Magneten für Kulturschaffende aus Literatur, Film, Kunst und Philosophie, die die Atmosphäre der Stadt und die Ära der Dolce Vita prägten. Anhand biographischer Skizzen einiger der wichtigsten Protagonisten, wie Moravia, Pasolini und Gadda, beschreibt Maike Albath diese Phase der Umbrüche. Immer wieder kommen Zeitzeugen zu Wort. Was dabei entsteht ist viel mehr als eine gängige Stadtgeschichte oder Künstlerbiographie – eher ein Stück italienischer Kulturgeschichte, ein Füllhorn an Daten, Fakten, Episoden und Anekdoten, das durch den gekonnten Stil der Autorin ein wahrer Lesegenuss wird. (Jana Kühn)
Knockemstiff ist ein trostloses Kaff im US-Bundesstaat Ohio. Was für ein rauher Wind dort weht, versteht man bereits mit der ersten Erzählung, in der ein Vater seinem Sohn brutal vermittelt, wie wichtig es ist, mit aller Gewalt seinen Mann zu stehen. Mit den nachfolgenden Erzählungen entwickelt sich ein deutlicheres Bild der Kleinstadt und es schließt sich ein Kreis aus Drogen, Krankheiten, Armut, Missbrauch und immer wieder Gewalt. In aller Unerträglichkeit der Normalität, der alltäglichen Geschehnisse – das Schlimmste an Knockemstiff ist die Perspektivlosigkeit. Kein Licht am Ende des Tunnels, aus Knockemstiff kommt keiner raus – auch nicht die, die es versuchen. Und warum sollte man das dann gelesen haben? Weil Pollocks knochentrockene Sprache einen packt und nicht mehr loslässt. Knockemstiff legt man nicht zur Seite … (Jana Kühn)
1953 in der Sowjetunion, Stalin ist gerade tot, es herrschen angespannte Verhältnisse – drei 12jährige Jungen, die völlig herausfallen aus dem, was sein darf, haben das Glück, auf einen neuen Lehrer zu treffen, der ihre Leidenschaft für Literatur und Kunst mit langen Spaziergängen durch Moskau fördert. Das ist die Ausgangslage für Ljudmila Ulitzkajas fesselnden Roman, in dem sie die Schicksale ihrer drei Protagonisten, die aus Liebe zu Literatur und Musik zu Dissidenten werden, über viele Jahrzehnte und in vielen Facetten begleitet. Ein großartiges Porträt einer Gesellschaft in Unfreiheit zum Lesen an langen Winterabenden. (Stefanie Hetze)
Längst ist Gabriele Göttle mit ihren Reportagen aus dem deutschen Alltag eine Institution. In ihrem neuen, lang erwarteten Buch „Der Augenblick“ versammelt sie 26 bereits in der taz erschienene Porträts sehr engagierter Frauen. Das Spektrum reicht von der Altenpflegerin über die Beamtin bei der Arbeitsagentur bis zur Professorin, auch seltene Berufe wie eine Präparatorin und eine Mouleurin sind vertreten. Egal, wie unterschiedlich sie sind, erhalten sie viel Raum, um ihre dezidierte Sicht auf die Dinge und Verhältnisse zu äußern, die Gabriele Goettle dann meisterlich verdichtet. Mehr davon! (Stefanie Hetze)
Alice wird in der neuen Heimat ihrer kambodschanisch-chinesischen Flüchtlingsfamilie geboren: Australien. Genau dieses Land wurde von der Familie ausgewählt, weil es dort im Gegensatz zu Kanada nicht schneien soll – wie der Vater gehört hatte. Sie kommen nur mit der Ahnung, dass es vom Schnee einmal abgesehen, hier fast alles zu geben scheint. Vieles, das die traditionell verhaftete Familie kaum versteht, vieles, das sie sehr wünscht und ebenso vieles, das gerade der heranwachsenden Tochter nicht zugestanden wird. Mit viel feinem Humor, doch ohne zu beschönigen erzählt die junge Frau Alice vom Ankommen und sozialen Aufstieg ihrer Familie in kleinen Schritten. Eine neue, junge Stimme der australischen Literatur, die leichtfüßig vom schwierigen Aufwachsen in zwei Welten eines Landes, die verschiedener kaum sein könnten, berichtet. (Jana Kühn)
Nigerianerinnen und Nigerianer, mehr oder weniger freiwillig in die USA eingewandert, Daheimgebliebene, Rückkehrer, Lebende, Tote, Frauen, Männer, Kinder… sind die Protagonisten dieser zwölf mitreißenden Geschichten. Ein besseres Leben wollen sie, treffen aber auf die vielfältigen „Heimsuchungen“ unserer postkolonialen Welt mit ihren tief eingegrabenen kulturellen und sozialen Gegensätzen. Wie sie auf des Messers Scheide balancieren, welche Verletzungen sie dabei erleiden, aber auch welche vitale Energie sie entfalten, breitet Chimamanda Ngozi Adichie in einem großen Erzählkosmos aus. Eine unbedingte Empfehlung. (Stefanie Hetze)