M. Agejew: Roman mit Kokain

Aus dem Russischen von Valerie Engler und Norma Cassau, Manesse Verlag 2012, nur noch als E-Book lieferbar, € 14,99

(Stand März 2021)

22-agejew_kokainNein, sympatisch ist er einem nicht, der Protagonist dieses erstmals 1936 in Paris unter einem bis heute nicht mit absoluter Sicherheit zuordbaren Pseudonym veröffentlichten Romans – sogar Nabokov wurde er zugeschrieben, doch wahrscheinlich stammt er aus der Feder des zu jener Zeit in Istanbul ansässigen Mark Lewi. Der junge Mann behandelt seine alte Mutter mit Arroganz und Grausamkeit, verführt ein junges Mädchen und steckt sie bewusst mit Syphilis an, ist zynisch, gefühlskalt, hochmütig und ohne Moral. Er streift durch das Moskau der Vorrevolution, verprasst das seiner in Armut lebenden Mutter gestohlene Geld und verfällt schließlich dem Kokain, das ihn zugrunde richtet. Doch der Roman zieht den Leser durch seine elegante Sprache in den Bann und beschreibt mit unheimlicher Nachvollziehbarkeit die Abgründe einer intellektuellen, zur Grausamkeit und Narzismus neigenden menschlichen Seele. Eine in der Tradition der Großmeister der russischen Literatur stehende großartige literarische Wiederentdeckung. (Syme Sigmund)

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Olga Martynova: Mörikes Schlüsselbein

Droschl 2013, € 22,-, 320 S., btb TB 2015, € 10,99

(Stand März 2021)

martynova-moerikes-schluesselbein_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergFamiliengeschichte, Bildungsroman, Agententhriller und Science Fiction Story – dieses Buch ist alles auf einmal und – es funktioniert. Episodenhaft, poetisch und gekonnt zwischen den Genres changierend, ohne die Fäden zu verlieren oder zu verwirren, erfahren wir unter anderem einiges über eine russisch-deutsche Beziehung, die künstlerische Entwicklung von Sohn und Tochter von ihm aus erster Ehe, einen betagten russischen Poeten mit junger Ehefrau und den amerikanischen Lektor desselben, der in eine futuristische Agentenstory verwickelt ist. Es geht um Liebe, Familie und darum, ein Dichter zu sein, um Geburt und Sterben, Gleichgültigkeit und Nächstenliebe. Olga Martynowa spielt souverän und voller Witz mit Literatur und Sprache ohne abzustürzen. Das ist ein seltener Glücksfall. (Syme Sigmund)  Leseprobe

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Alain Mabanckou: Zerbrochenes Glas

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller, Liebeskind 2013, 224 S., € 18,90

(Stand März 2021)

45-mabanckou_glasDer aus dem Kongo stammende und in Frankreich lebende Autor versetzt seinen Roman in eine florierende Bar in Brazzaville, in der die Gäste seinen Protagonisten Zerbrochenes Glas mit ihren Lebensgeschichten bestürmen, die er, vom Wirt beauftragt, nun endlich aufschreiben soll. Und die Gäste erzählen ihm und wie! Als säße man direkt daneben, werden einem die oft tragikomischen Episoden atemlos und mit viel schwarzem Humor um die Ohren geknallt. Man lauscht bestürtzt, belustigt und trotz vielen Unglücks bestens unterhalten. So greift Mabanckou die orale Erzähltradition Afrikas auf und gibt ihr in rasantem Tempo gänzlich neue Facetten. (Jana Kühn)

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Eva Menasse: Quasikristalle

Kiepenheuer & Witsch 2013, € 19,99, 432 S., TB btb 2014, € 10,-

(Stand März 2021)

menasse-quasikristalle_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDreizehn Kurzgeschichten, die Episoden aus dem Leben der unterschiedlichsten Personen erzählen. Doch in jeder Geschichte taucht auch immer wieder die gleiche Person auf: Xane Molin. Sie begegnet uns in vielen Facetten als 14-jährige beste Freundin, als für einen Mann attraktive junge Frau, als eigenwillige Mieterin, als Patientin, als nervende Stiefmutter oder als selbstsichere Chefin. Aus all diesen Blickwinkeln setzt sich nach und nach auch die Geschichte ihres Lebens zusammen. Ein immer fragmentarisch bleibendes, oft widersprüchliches Bild, das sich jedoch sowohl mit den Jahren als auch mit jeder neuen Erzählung verändert und vervollständigt. Eine faszinierende Lektüre, die uns gleichzeitig mit der Frage konfrontiert “Wer sind wir eigentlich?” Was ist maßgeblicher – wie die anderen uns sehen oder wie wir uns selbst wahrnehmen? (Syme Sigmund)

Leseprobe

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Elizabeth Taylor: Versteckspiel

Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell, Dörlemann 2013, 384 S., € 24,-. Momentan nicht lieferbar, wird aber nachgedruckt!

(Stand  April 2021)

elizabeth-taylor-versteckspiel_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergPerlen haben es in sich … In der englischen Provinz Ende der Zwanzigerjahre verliebt sich die unsichere achtzehnjährige  Harriet in den gleichaltrigen selbstbezogenen Vesey, der von einer Karriere als Schriftsteller träumt und als drittklassiger Schauspieler endet. Unter Mühen realisiert Harriet, dass sie nicht auf Vesey zählen kann und heiratet einen älteren, langweiligen Mittelschichtsmann, mit dem ein vorhersehbarer Ehealltag beginnt. Viele Jahre und eine Tochter später taucht Vesey wieder in Harriets provinziellem Leben auf und rüttelt wie ein starker Erdstoß mehr als an der gesättigten Oberfläche.
Der Rang Elizabeth Taylors (1912-1975), vom Dörlemann Verlag für den deutschsprachigen Raum entdeckt, wird in der brillanten Übersetzung Bettina Albarells mehr als offensichtlich – ein Meisterwerk englischer Erzählkunst. (Stefanie Hetze)

Zur Zeit nicht lieferbar, Neuauflage geplant.

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Marilynne Robinson: Haus ohne Halt

Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinhardt, edition fünf 2012, 254 S., € 19,90

(Stand März 2021)

Band_13_Robinson_UMSCHLAG_120424.inddEine Kleinstadt der 50er Jahre an einem tiefschwarzen See in den Rocky Mountains und zwei Mädchen, die von ihrer Mutter bei der Großmutter zurückgelassen werden. Als auch diese stirbt, übernimmt ihre Tante Sylvie den Haushalt, eine unkonventionelle Vagabundin, unter deren Führung die Natur von außen immer mehr in das Haus vorzudringen scheint. Während Lucille sich nach Normalität sehnt, fühlt Ruth sich zu Sylvie hingezogen und versinkt immer mehr in deren Welt.
Die bei uns leider noch recht unbekannte Pulitzerpreisträgerin Robinson, die mit diesem Buch für den renomierten Man Booker International Prize 2013 nominiert ist, zeichnet hier umrahmt von eindrucksvollen Naturschilderungen das Bild einer weiblichen Huckleberry Finn, der die Wände eines Hauses zu eng sind und die für ihre individuelle Entfaltung der konventionellen Zivilisation den Rücken kehrt. Eine wahre Entdeckung, die einen sprachlich und atmosphärisch in den Bann schlägt. (Syme Sigmund)

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Ljudmila Ulitzkaja: Das grüne Zelt

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt, Hanser 2012, 592 S., € 24,90, tb dtv 2014, € 13,90

(Stand März 2021)

Ulitzkaja_23987_MR.indd1953 in der Sowjetunion, Stalin ist gerade tot, es herrschen angespannte Verhältnisse – drei  12jährige Jungen, die völlig herausfallen  aus dem, was sein darf, haben das Glück, auf einen neuen Lehrer zu treffen, der ihre Leidenschaft für Literatur und Kunst mit langen Spaziergängen durch Moskau fördert. Das ist die Ausgangslage für Ljudmila Ulitzkajas fesselnden  Roman, in dem sie die Schicksale ihrer drei Protagonisten, die aus Liebe zu Literatur und Musik zu Dissidenten werden, über viele Jahrzehnte und in vielen Facetten  begleitet. Ein großartiges Porträt einer Gesellschaft in Unfreiheit zum Lesen an langen Winterabenden. (Stefanie Hetze)

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A.L. Kennedy: Das blaue Buch

Aus dem Englischen von Ingo Herzke, Hanser 2012,  TB dtv 2014

(Stand März 2021)

kennedy-das-blaue-buch-danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin Kreuzfahrtschiff, ein Mann und eine Frau auf Verlobungsreise, ironisch-distanzierte Beobachtungen über die Mitreisenden und Kreuzfahrten im Allgemeinen… Doch was zunächst so einfach scheint ist es ganz und gar nicht. Elisabeth und Derek sind nur auf den ersten Blick ein glückliches Paar und der seltsame Fremde ist vielleicht doch gar nicht so fremd – zumindest nicht für Elisabeth. Kennedy spielt geschickt mit der Wirklichkeit, lenkt den Leser auf falsche Fährten, enthüllt durch Rückblicke eine Liebe, die die Liebenden verstört und von der sie doch nicht lassen können und das mit einer sprachlichen Eleganz, die durch ihre unerwarteten Bilder überrascht und begeistert. (Syme Sigmund)

Das Buch ist leider nicht mehr lieferbar!

Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend

(Knaus 2012), 288 S., TB Penguin, € 10,-

(Stand März 2021)

Aller Tage Abend von Jenny Erpenbeck

Fünf Lebensentwürfe für eine Person. Fünf mögliche Tode – und Leben – und die Einsicht, wie viel vom kleinen Zufall abhängt, von der Sekunde früher oder später, einem Schritt zu viel. Vom möglichen Tod als Säugling, über den Selbstmord aus Liebeskummer, das Umkommen im Gulag und den Sturz auf der Treppe im Rentenalter – Jenny Erpenbeck führt uns in kunstvoll wechselndem Schreibstil und -rhythmus mit ihrer 1902 als Kind einer jüdisch-galizischen Mutter und eines katholischen Vaters geborenen Protagonistin durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts, immer wieder ansetzend mit “was wäre wenn (oder wenn nicht)”. Aus dem von Pogromen bedrohten jüdischen Ghetto Galiziens über das hungernde Wien von 1919/20 sowie das stalinistische Russland der Schauprozesse und Massenverhaftungen von 1938 bis ins Ostberlin vor und nach der Wende spannt sich der Bogen. Und gerne folgt man der Autorin und ihrer eleganten, bedacht gesetzten schönen Sprache auf dieser Reise und durch ihr gelungen umgesetztes Gedankenspiel. (Syme Sigmund)

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Gaito Gasdanow: Das Phantom des Alexander Wolf

Aus dem Russischen von Rosemarie Tietze, Hanser 2012, € 17,90, 192 S., TB dtv 2014, € 9,90

(Stand März 2021)

gasdanow-das-phantom-des-alexander-wolf_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin junger Mann schießt während des russischen Bürgerkriegs in Notwehr auf seinen Verfolger und lebt fortan mit der Überzeugung, einen Mord begangen zu haben. Jahre später liest er die Erzählungen eines Alexander Wolf, der die gleiche Szene aus Sicht des Verfolgers beschreib. Sein vermeintliches Opfer hat also überlebt. Fortan lässt den Ich-Erzähler die Idee nicht los, Wolf zu finden. Doch wer ist dieser Mann, der plötzlich so viele Spuren hinterlässt und so viele verschiedene Gesichter zu haben scheint? Ein elegant geschriebenes Buch, das letztendlich um das Thema Erinnerung kreist, aus der Feder eines lange verkannten ganz großen Autors der russischen Literatur. Der 1903 geborene Gasdanow gehörte einer Gruppe junger Literaten in Paris an, die sich von der russischen Prosatradition des 19. Jahrhunderts abwandten, und Proust, Kafka und Joyce zum Vorbild hatten. “Das Phantom des Alexander Wolf” schrieb er 1948. Es erscheint hier erstmals in deutscher Übersetzung. (Syme Sigmund)

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