Gaito Gasdanow: Nächtliche Wege

Aus dem Russischen von Christiane Körner, Hanser 2018, 288 S., € 23,-, TB 2020, € 10,90
(Stand April 2021)

Paris der zwanziger Jahre bei Nacht. Der Ich-Erzähler ist als Taxifahrer unterwegs, fährt durch die verlassenen Straßen, wartet vor Bars, sitzt in Cafés und beobachtet – Prostituierte und Zuhälter, Clochards und Alkoholiker, Kriminelle und andere entwurzelte russische Emigranten wie er selbst. Mit feiner Beobachtungsgabe, ohne zu verurteilen und mit viel psychologischem Gespür beschreibt Gasdanow – der selbst viele Jahre in Paris als Nachtchauffeur gearbeitet hat – die Menschen, in der ihm „fremden Stadt in einem fremden Land“. Nach und nach treten einzelne Figuren hervor – Platon, der philosophierende Alkoholiker oder Raldy, die alte, nun völlig verarmte Edelprostituierte, deren ehemaliger Glanz nur noch in ihren Augen zu erahnen ist. Gasdanow begleitet sie voller Respekt und lauscht ihren Geschichten. Der Leser taucht ein in den Strudel der mal absurden, mal tragischen und berührenden Schicksale, sie vermischen sich zu einem Reigen, dessen Zauber man sich – auch aufgrund der virtuosen Sprachmacht des Autors – nicht entziehen kann. Ein literarisches Meisterwerk! (Syme Sigmund) Leseprobe

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Gaito Gasdanow: Ein Abend bei Claire

Aus dem Russischen von Rosemarie Tietze. Hanser 2014, 192 S., € 17,90, TB dtv € 9,90

(Stand März 2021)

Gasdanow_24471_MR.inddNach “Das Phantom des Alexander Wolf” liegt nun der 1930 erschienene, stark autobiographisch gefärbte Debutroman Gasdanows erstmals auf deutsch vor. Die Liebe zu Claire, die der Autor nach zehn Jahren Trennung im Pariser Exil wiedertrifft, bildet die Rahmenhandlung zur Beschreibung einer Kindheit und Jugend im vorrevolutionären Russland. Der junge Kolja empfindet das Leben als sinnlose Abfolge von Ereignissen und Begegnungen, er tut sich schwer, Erlebnis- und Gedankenwelt, innere und äußere Existenz zu trennen. Der Wunsch seine “eigenartige Taubheit” zu überwinden lässt ihn auf Seiten der weißen Armee in den Krieg ziehen und schließlich auf der Flucht vor den siegreichen Bolschewiki nach Frankreich emigrieren. Kunstvoll erzählt, mit einer – von Rosemarie Tietze wunderbar übersetzten – Sprache großer Tiefe und poetischer Intensität, entfaltet sich dem Leser die illusionslose Sicht auf eine Welt, die aus den Fugen geraten ist. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Gaito Gasdanow: Das Phantom des Alexander Wolf

Aus dem Russischen von Rosemarie Tietze, Hanser 2012, € 17,90, 192 S., TB dtv 2014, € 9,90

(Stand März 2021)

gasdanow-das-phantom-des-alexander-wolf_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin junger Mann schießt während des russischen Bürgerkriegs in Notwehr auf seinen Verfolger und lebt fortan mit der Überzeugung, einen Mord begangen zu haben. Jahre später liest er die Erzählungen eines Alexander Wolf, der die gleiche Szene aus Sicht des Verfolgers beschreib. Sein vermeintliches Opfer hat also überlebt. Fortan lässt den Ich-Erzähler die Idee nicht los, Wolf zu finden. Doch wer ist dieser Mann, der plötzlich so viele Spuren hinterlässt und so viele verschiedene Gesichter zu haben scheint? Ein elegant geschriebenes Buch, das letztendlich um das Thema Erinnerung kreist, aus der Feder eines lange verkannten ganz großen Autors der russischen Literatur. Der 1903 geborene Gasdanow gehörte einer Gruppe junger Literaten in Paris an, die sich von der russischen Prosatradition des 19. Jahrhunderts abwandten, und Proust, Kafka und Joyce zum Vorbild hatten. “Das Phantom des Alexander Wolf” schrieb er 1948. Es erscheint hier erstmals in deutscher Übersetzung. (Syme Sigmund)

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