William Faulkner: New Orleans

Skizzen und Erzählungen. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Arno Schmidt, Suhrkamp 2017, 230 S., € 25,-
(Stand April 2021)

Faulkner 11925 erschienen in der Beilage einer New Orleaner Zeitung kurze Prosastücke des bis dato nur als Lyriker hervorgetretenen 27-jährigen William Faulkner. Seine Protagonisten sind Fremde, Außenseiter – Bettler, Schmuggler, Kleinkriminelle oder Flickschuster. Alle eint die Sehnsucht nach Liebe, Anerkennung und Würde, und Faulkner gelingt es mit seiner Mischung aus Umgangssprache und hoch poetischen Sätzen, in denen der Lyriker durchscheint, ihnen diese Würde zu geben. 1962 hat Arno Schmidt diese Texte mit fantastischem Sprachgefühl übersetzt. Die vorliegende Neuausgabe – in handlichem Kleinformat und im Schuber ausgesprochen ansprechend gestaltet – enthält zudem Schmidts autoironisch-satirische Erzählung <Piporakemes!>. Hier besucht ein Faulkner-Spezialist einen gewissen Herrn Schmidt, um ihn für seine miserable Übersetzung zur Rechenschaft zu ziehen. Ein besonderes Schmankerl.  (Syme Sigmund)

Kurzvideo zur Gestaltung

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Christine Wunnicke: Katie

Berenberg 2017, 176 S., € 22,-
(Stand April 2021)

Christine Wunnicke KatieIm London des Jahres 1870 sind Tischrücken und Séancen schwer in Mode. Das weiß auch der angesehene Physiker und Chemiker William Crookes, und so erklärt er sich bereit, das stadtbekannte Medium Florence Cook wissenschaftlich zu untersuchen. Sie lässt – selbst wie ein Paket verschnürt und gefesselt in einem Schrank hockend – Katie erscheinen, eine weiß gekleidete Piratenbraut aus dem 17. Jahrhundert. Nur dass die hochmodernen Vakuumkammern und Radiometer seines Labors nicht weiter helfen und Crookes innere und äußere Welt immer mehr aus den Fugen gerät. Christine Wunnicke ist eine höchst geistreiche und äußerst amüsante Satire gelungen, die auf realen Fakten beruht. Ein herrliches Lesevergnügen, von der ersten bis zur letzten Seite. (Syme Sigmund)
Leseprobe

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Paolo Rumiz: Der Leuchtturm

Aus dem Italienischen von Karin Fleischanderl, Folio Verlag TransferBibliothek 2017, 160 S., € 20,-
(Il Ciclope, Feltrinelli 2017, ca. € 13,-)
(Stand April 2021)

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Der Triestiner Paolo Rumiz, der ständig unterwegs die große weite Welt bereist hat, wagt einen Herzenswunsch, eine Reise ohne Fortbewegung. Beladen mit einem schweren Verpflegungssack begibt er sich im regnerischen Frühjahr auf eine winzige Leuchtturminsel im Mittelmeer. Zwei Leuchtturmwärter, ein Esel – sehr viel mehr scheint da nicht zu sein. Winde ohne Ende, Wellen, Wolken tosen um das Eiland, bringen Geräusche, Unruhe, Abwechslung. Rumiz versteht als Adriaanwohner die Sprachen des Meeres und seiner Elemente, er ist bestens vertraut mit der griechischen Mythologie, dem Seemannsgarn der Fischer und genießt die kulinarischen Reize wilden Spargels und edler Fische. Seinen Erkundungen und seinen Reflexionen über den Mittelmeerraum zu folgen, kommt einer wirklichen Reise sehr nahe.
Endlich können wir hierzulande einen großen italienischen Reiseschriftsteller entdecken, hoffen wir auf mehr Übersetzungen! (Stefanie Hetze)

Video zu „Der Leuchtturm/Il Ciclope“

Leseprobe

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Samuel Selvon: Die Taugenichtse

Mit einem Nachwort von Sigrid Löffler. Aus dem Englischen von Miriam Mandelkow, dtv 2017, 176 S., € 18,-
(Stand April 2021)

Selvon_Samuel_Die_Taugenichtse_Dante_Connection_BuchhandlungSonntags treffen sich in Moses Aloettas schäbigem kleinen Zimmer „die Taugenichtse“, er, seine Freunde und Zufallsbekannten und reden über ihre Geldsorgen, Wohnungsprobleme und vor allem über den Rassismus, den sie, die schwarzen Einwanderer aus der Karibik tagtäglich im kalten abweisenden London erfahren. Unterschiedlich sind ihre Strategien, das zu überleben. Manche sind Meister, auf Pump zu leben, andere Kleinkriminelle, verzweifelte Taubenfänger und -esser, andere wieder versuchen sich als unwiderstehliche Verführer junger Engländerinnen oder nehmen die Widrigkeiten mit Witz und Ironie.
Eine kleine Sensation hat der dtv-Verlag da ausgegraben, „The Lonely Londoners“ 1956 in Großbritannien erschienen und ein Pionierwerk für migrantische Literatur, war bis heute nie in deutscher Übersetzung erschienen. Vermutlich bestanden Zweifel ob der Übersetzung, dass sich in Deutschland niemand an die Herausgabe wagte, denn Selvon schuf für seinen Roman eine ganz eigene kreolisch-englische Kunstsprache. Plus den vielen Stimmen, die er seinen Figuren, gibt, hat er einen unvergleichlichen neuen Erzählton geschaffen, den Miriam Mandelkow bravourös ins Deutsche übertragen hat. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Kent Haruf: Unsere Seelen bei Nacht

Aus dem Amerikanischen von Pociao, Diogenes 2017, 208 S., € 20,-, TB 2018, € 12,-
(Stand April 2021)

Haruf_unsere-seelen-bei-nacht-Danteperle_DanteConnectionIn einer US-amerikanischen Kleinstadt leben zwei verwitwete Nachbarn in den großen Häusern, die vor vielen Jahren einmal das Zuhause für ihre Familien waren – doch nun sind sie dort allein, oft genug einsam. Eines Tages geht die 70jährige Addie ausgesprochen mutig auf ihren Nachbarn Louis zu: Sie bittet ihn, die Nächte mit ihr zu verbringen, heißt, wenn die Einsamkeit am größten ist, die Lücke mit Gesprächen zu befüllen. Nur das. Louis akzeptiert und so liegen die beiden nun Nacht für Nacht beieinander und kommen einander zögerlich näher. Trotz der jahrzehntelangen nachbarschaftlichen Nähe wissen sie nur wenig voneinander und erzählen sich in aller Offenheit aus ihrem mit allen Höhen und Tiefen gelebten Leben mit Schicksalsschlägen, mit Fehlern, mit glücklichen Momenten auch. Dieses vorsichtige Kennenlernen beschreibt Kent Haruf  unaufgeregt und sparsam fast, dennoch warmherzig, aber ohne zu verkitschen. Er erzählt von einer Chance auf reifes, selbstbestimmtes Glück, das aber an verbohrten Konventionen zu scheitern droht. Denn der Kleingeist der sowohl nahen Nachbarn als auch der fernen Verwandten stört sich an der „schamlosen“ Zweisamkeit. (Jana Kühn)

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Michael Dibdin: Entführung auf Italienisch

Aurelio Zen ermittelt in Perugia. Kriminalroman. Aus dem Englischen von Ellen Schlootz, Unionsverlag 2016, 352 S., € 12,95
(Stand April 2021)

dibdinRuggiero Miletti, Oberhaupt einer der mächtigsten Familien Italiens, ist entführt worden. Kommissar Zen merkt schnell, dass mehr dahinter steckt, als eine Tat sardischer Schafhirten, nur dass keiner – weder die Familie, noch die lokale Polizei – außer ihm ein Interesse daran hat, den Fall wirklich aufzuklären … Dies ist der 1988 erschienene erste Band einer äußerst spannenden und mit gut gezeichneten, vielschichtigen Charakteren ausgestatteten Krimireihe um Aurelio Zen, römischer Polizeikommissar mit venezianischen Wurzeln, die nun erfreulicherweise vom Unionsverlag neu aufgelegt wurde.
Wunderbar verwickelt sind die auch heute ganz aktuell anmutenden Fälle, voll trockenen Humors und immer mit einem Blick hinter die Fassaden auf Korruption, Vetternwirtschaft und politische Machenschaften. Der Brite Michael Dibdin hat lange Zeit in Italien gelebt und schickt seinen Kommissar mit jedem Fall in eine andere Stadt Italiens, was dem Leser ein differenziertes Bild der höchst unterschiedlichen Regionen des Landes vermittelt. Und der keineswegs unfehlbare Kommissar wächst einem von Band zu Band mehr ans Herz. Eine unbedingte Leseempfehlung. (Syme Sigmund)

Ulrike Edschmid: Ein Mann, der fällt

Suhrkamp Verlag 2017, 187 S., € 20,-, TB 2019, € 10,95
(Stand April 2021)

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Mitte der Achtziger in Westberlin, ein winziger Moment, ein Sturz von einer Leiter, der die Lebensentwürfe zweier Menschen aufs Drastischste verändert. Zunichte die Träume der Erzählerin vom entspannten Glück in der riesigen Altbauwohnung ohne Abstand. Die Koordinaten haben sich völlig verschoben. Er muss mühsam mit seinem gelähmten Körper zurechtkommen, sie als seine unterstützende Begleiterin. Kleine Aktivitäten wie eine Fahrt mit dem klapperigen Aufzug müssen nicht nur bewältigt werden, sie verlangsamen auch den Radius des Paares. Und dies in einer Zeit, in der sich das Leben in Berlin und selbst in ihrem Haus, dem dritten Protagonisten des Romans, rasant beschleunigt. Völlig unsentimental rekonstruiert die Autorin, was ihrem Mann und ihr widerfahren ist, wie sich aber auch der Westen der Stadt verändert hat. So ist „Ein Mann, der fällt“ eine doppelte Liebeserklärung geworden. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Yewande Omotoso: Die Frau nebenan

Aus dem Englischen von Susanne Hornfeck, List 2017, 272 S., TB 2018, € 11,-
(Stand April 2021)

Yewande_Omotoso_Die_Frau_nebenan_Dante_Connection_Buchhandlung_DanteperleKapstadt, Südafrika – die achtzigjährigen Nachbarinnen Hortensia und Marion sind erbitterte Feindinnen, die einander in den Eigentümerversammlungen ihrer exklusiven Wohnanlage auf hohem Niveau und mit allen Raffinessen bekriegen. Beide Frauen waren beruflich außerordentlich erfolgreich und mit ebensolchen Männern verheiratet. Doch ist ihr Machtkampf keiner zweier Gleicher. Hortensia ist die einzige schwarze Villenbesitzerin in diesem Reichenvorort und hat als Trumpf immer den Rassismusvorwurf in petto. Doch weiß Marion genau, wie sie die andere treffen kann. So unterbreitet sie ihrer Feindin genüsslich das Ansinnen von Nachfahren ehemaliger Bewohner des Lands, ausgerechnet auf Hortensias Grundstück bestattet werden zu wollen und damit in deren Autonomie einzugreifen.
Je weiter sich das Nachbarinnendrama hochschaukelt, zerlegt Yewande Omotoso mit viel Fingerspitzengefühl und charmanter Ironie die vielschichtigen Folgen von Kolonialismus und Apartheid, aber auch von den gescheiterten Lebensentwürfen ihrer toughen Protagonistinnen. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Paolo Cognetti: Fontane Numero 1. Ein Sommer im Gebirge

Edition Blau. Belletristik im Rotpunktverlag 2017. Aus dem Italienischen von Barbara Sauser, 144 S., € 20,-
(Il ragazzo selvatico. Quaderno di montagna. Terre de mezzo 2017, ca. € 22,-)
(Stand April 2021)

Cognetti_Paolo_Fontane_°_1_Dante_Connection_Buchhandlung_DanteperleUm eine Schaffens- und Lebenskrise in Mailand hinter sich zu lassen,  mietet sich der dreißigjährige Autor Paolo Cognetti Ende April in einer einsamen Berghütte in 2000 Metern Höhe ein, in der er fernab der Zivilisation einen ganzen langen Sommer allein verbringen will. Im Gepäck hat er Bücher anderer weltverdrossener Autoren und die Hoffnung, selbst wieder schreiben zu können. Als Stadtmensch, zu dessen glücklichster Erinnerung Kindheits- und Jugendsommer im Gebirge gehören, möchte er das Freiheitsgefühl von früher wiederfinden. Doch steht er sich erst einmal selbst im Weg, tun Schnee, Kälte, Nebel, die Höhe ihr übriges. Ganz langsam akklimatisiert er sich, erkundet er die Umgebung und lernt er Hirten kennen, mit denen er sich auf eine vorsichtige schöne Weise anfreundet. Und zum Glück kehrt auch Cognettis verlorengeglaubte feine Sprache zurück.  (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Olga Grjasnowa: Gott ist nicht schüchtern

Aufbau Verlag 2017, 309 S., TB 2018, € 12,-
(Stand April 2021)

Grjasnowa Gott ist nicht schüchtern_Danteperle_Dante_Connection Buchhandlung Berlin KreuzbergAmal ist jung, aus reichem Hause und steht am Beginn einer vielversprechenden Schauspielerkarriere. Hammoudi hat sein Medizinstudium in Paris mit Auszeichnung abgeschlossen und ist nur nach Syrien zurückgekehrt, um seinen Pass verlängern zu lassen. Beide werden durch den Beginn des Krieges aus ihrem Leben gerissen. Amal sympathisiert mit den Protesten gegen das Regime und nimmt in Damaskus an Demonstrationen teil. Dadurch gerät sie ins Visier des Geheimdienstes. Nach Verhaftung und Folter entkommt sie nach Beirut. Hammoudi überraschen die beginnenden Kämpfe in seiner Heimatstadt im Osten Syriens. Er versucht unter improvisierten Bedingungen so vielen Verletzten wie möglich als Chirurg das Leben zu retten und sieht tausende sterben. Die Machtübernahme des IS zwingt auch ihn zur Flucht. Olga Grjasnowa verschont den Leser nicht, erzählt in nüchtern klarer Weise von Folter, Flucht und Krieg und führt uns vor Augen, was wir zu gern verdrängen. Ein wichtiges Buch, das unter die Haut geht. (Syme Sigmund) Leseprobe

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