Edith Wharton: Ethan Frome

Aus dem amerikanischen Englisch und mit einem Nachwort von Claudia Wenner. Marix Verlag 2017, 191 S., Ladenpreis aufgehoben, unverbindlicher Preis € 6,99

(Stand April 2021)

Wharton_Edith_Ethan_Frome_Dante_Connection_Buchhandlung_DanteperleEdith Wharton, berühmt für ihre Romane, in denen sie die Schattenseiten der New Yorker High Society aufdeckte und anprangerte, verfolgte mit Ethan Frome ein völlig anderes literarisches Ziel. Sie wollte das harte, buchstäblich auf Granit gebaute Leben in den abgelegenen Bergdörfern Neuenglands schildern und wählte dafür eine strenge Form, einen Kurzroman mit einer Rahmenhandlung und einem Zeitsprung, der das Drama ihrer Geschichte in ein kaum aushaltbares, da lebenslang andauerndes, Ausmaß katapultiert.
Die Geschichte hat es schon x-fach gegeben: ein junger armer Mann verliebt sich in die noch ärmere Cousine seiner kränkelnden Ehefrau und diese in ihn. Was aber Edith Wharton daraus macht, wie sie die Anbahnung und die Gefühle der Liebenden in die raue Winterlandschaft setzt und welche Rolle Schnee, Kälte, Wind, alte Pferde, dünne Holzwände, Tee und Pickles spielen, ist grandios. Und dann gibt es ja noch die dritte im Bunde, die nur wenige, dafür überaus kraftvolle Auftritte innerhalb der Erzählung hat. Gerade durch die Aussparung als Methode entwickelt Ethan Frome einen ungeheuren Sog. (Stefanie Hetze)

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Niklas Maak / Leanne Shapton: Durch Manhattan

Hanser 2017, 211 S., € 25,00

(Stand April 2021)

Maak_25666_MR.inddDer Journalist Niklas Maak und die Künstlerin Leanne Shapton laufen in zwei Tagen durch Manhattan. Ihre Route führt sie auf direktestem Weg von der Süd- zur Nordspitze der Insel, vom Financial District durch Chinatown und Little Italy, über den Centralpark und die Upper Westside bis dorthin, wo Manhattan noch Berge, Wälder und Schluchten hat, wo nur noch Spanisch zu hören ist und man sich in einer lateinamerikanischen Metropole zu sein wähnt. Maak protokolliert, was er sieht, sowohl unscheinbare, beiläufige Details als auch interessante oder kuriose Geschichten von Menschen, die ihnen begegnen und Orten, an denen sie vorbeikommen. Shaptons zunächst fast abstrakt wirkende Aquarelle, die mit dem Text verwoben scheinen und diesen ebenbürtig ergänzen, sind Impressionen ihres Weges, mal das Muster des Straßenpflasters oder eines Gitters, mal ein vergessener Pappkarton oder ein Straßenschild. Den Weg der beiden kann der Leser zudem auf einer beigefügten Karte verfolgen. Ein rundum gelungenes Buch, bei dem sich am Ende aus vielen Fragmenten ein rundes Ganzes ergibt, und dem der wunderschön gestaltete Einband mit Reliefprägung das i-Tüpfelchen verleiht. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Unsere nächste Veranstaltung

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Freitag, 10. November

Helge-Ulrike Hyams: »Alphabet der Kindheit. Von A wie Atmen bis Z wie Zaubern«

Wir laden sehr herzlich zur Lesung von und mit Helge-Ulrike Hyams ein, die als leidenschaftliche Pädagogin ein subjektiv-literarisches Hausbuch der Kindheit verfasst hat.

»Es ist diese Mischung aus Altersweisheit und sanfter Anarchie, die das ›Alphabet der Kindheit‹ so klug und so liebenswert macht – ein Buch, das gewiss mit jedem Lesen schöner wird.« sagt Susanne Billig vom Deutschlandfunk Kultur.

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Dienstag, 7.11.2017

EmiliaSmechowski1(c)LindaRosaSaal_kleinEmilia Smechowski: Wir Strebermigranten (Hanser Berlin)

Emilia war noch Emilka, als ihre Eltern mit ihr losfuhren – raus aus dem grauen Polen, nach Westberlin! Das war 1988. Nur ein Jahr später hatte sie einen neuen Namen, ein neues Land, eine neue Sprache: Sie war jetzt Deutsche, alles Polnische war unerwünscht. Wenn die neuen Kollegen der Eltern zum Essen kamen, gab es nicht etwa Piroggen, sondern Mozzarella und Tomate. Ergreifend erzählt Emilia Smechowski die persönliche Geschichte einer kollektiven Erfahrung: eine Geschichte von Scham und verbissenem Aufstiegswillen, von Befreiung und Selbstbehauptung.

wann? Dienstag, 7.11.2017 um 20.15 Uhr

Vorverkauf 8 € / 5 €
Abendkasse 10 € / 7 €

Die Veranstaltung findet im Rahmen der WuB Woche der unabhängigen Buchhandlungen statt. #wub2017

Mittwoch, 25.10.2017

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(c) Nane Diehl

Jörg Sundermeier: 11 Berliner Friedhöfe, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt (be.bra)

Berlins Friedhöfe werden oft von Leuten genutzt, die nicht trauern, sondern sich entspannen wollen – abseits der großen Parks, in denen man von Skateboardern überfahren wird und von Musikanten nicht immer angenehm überrascht. Aber einige Friedhöfe können noch viel mehr: Sie bieten Überraschendes und Erbauendes, Verstörendes und Horizonterweiterndes. Wer sich auskennt, kann zum Beispiel Zwiesprache mit Hegel oder Fanny Hensel halten, nächtliche Gespenster jagen oder in umgebauten Friedhofskapellen Kaffee trinken und über das Leben nachsinnen. Jörg Sundermeier verrät, welche elf Berliner Friedhöfe man unbedingt besucht haben sollte, bevor man selbst ins Grab sinkt.

wann? Mittwoch, 25.10.2017 um 20.15 Uhr

Vorverkauf 6 € / 4 €
Abendkasse 8 € / 5 €

Dienstag, 10.10.2017

Apulien_Cover_Unsere Kollegin Judith Krieg hat gemeinsam mit dem italienischen Autor Mario Desiati im Wieser Verlag einen Erzählband über Apulien veröffentlicht.

Von Land und Meer, Bauern und Fischern, Kaisern und Pilgern, von Migranten und Trantella-Fans, Kulinarischem und Kunsthistorie, von Zugehörigkeit und Distanzeinnahme: Rund 20 Reisebegleiter führen durch die südöstlichste Region Italiens, vom Gargano bis hinunter in den Salento. Rast eingelegt wird etwa in Monte Sant’Angelo, Bari, Alberobello oder Otranto und auch in der benachbarten Basilikata. Das Mosaik aus Stimmen zeigt die Vielschichtigkeit der Vergangenheit und Gegenwart Apuliens, dessen Randlage schon immer eine Frage der Perspektive war.

Veranstaltung in deutscher in deutscher und italienischer Sprache.
In Kooperation mit „Apulier in Berlin e.V.“.

wann? Dienstag, 10.10.2017 um 20.15 Uhr

Vorverkauf 8 € / 5 €
Abendkasse 10 € / 7 €

Ljudmila Ulitzkaja: Jakobsleiter

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Hanser Verlag 2017, 640 S., € 26,00, dtv TB € 14,90
(Stand April 2021)

Ulitzkaja_Ljudmila_Jakobsleiter_Danteperle_Dante_ConnectionEin sehr persönliches Buch und auch wieder nicht. Jahrelang ließ Ljudmila Ulitzkaja die Liebes- und Ehebriefe ihrer Großeltern ungelesen in einer Mappe, scheute sie sich, den Geheimnissen ihrer Familie ins Auge zu sehen. Als sie sich endlich überwand und die jahrzehntelange Korrespondenz las, die von inniger Liebe, großem Zerwürfnis und kleinen familiären Ereignissen in wuchtigen Zeiten von Revolution und Totalitarismus zeugt, war die Idee zu ihrem Roman geboren.

Aus unterschiedlichen Perspektiven und Zeiten, noch aus zaristischen und bis aus der Gegenwart, erzählt sie in Jakobsleiter, was unter den heftigen gesellschaftlichen Verhältnissen aus der schwärmerischen Liebe eines intellektuell-künstlerischen Paares und ihren Nachfahren wurde. Sie umspannt dabei ein ganzes Jahrhundert, schreibt von Armut, Verbannung, Stalinismus, von Alltag, Arbeit, Zusammenleben, von Theater, Musik, Wissenschaft und entwirft den intimen und ebenso allumfassenden Kosmos einer russischen Familie, die einem beim Lesen ungemein nahekommt. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Elvira Dones: Hana

Aus dem Italienischen von Adrian Giacomelli. Mit einem Nachwort von Ismail Kadare. Ink Press 2016, 252 S., € 19,00
(Vergine giurata, Feltrinelli 2016, ca. € 14,-)

(Stand April 2021)

In den Bergen im Norden Albaniens herrscht auch in kommunistischen Zeiten eine archaische Welt, in der die Geschlechterrollen fest zementiert sind. Für Frauen gibt es gar keinen Bewegungsraum. Nur wenn sie Jungfrau sind und ganz ihrem Geschlecht entsagen, können sie übertreten und als Mann lebend männliche Rechte erwerben. So bestimmt es das Gewohnheitsrecht Kanun.
Um für ihren schwerkranken Onkel Medikamente aus der Stadt besorgen zu können und einer Verheiratung zu entgehen, bleibt der jungen Hana keine andere Wahl, als einen Schwur abzuleisten und äußerlich zu einem Mann zu werden. Blitzschnell verwandelt sie sich in den fluchenden, trinkenden LKW-Fahrer Mark, der sich vor allem und jedem abschottet. Die literatur- und männerliebende Hana bleibt tief in ihrem Inneren verborgen. Erst viele Jahre später kann Mark über den Umweg des amerikanischen Exils versuchen, wieder zu Hana zu werden, das bedeutet zu einem begehrenden und begehrten komplexen Menschen. Das gestaltet sich alles andere als leicht. Um so erstaunlicher, wie mühelos und bravourös die Autorin diesen Prozess mit ihrem im Original auf Italienisch geschriebenen Roman beschreibt. Ein großes Lesevergnügen, das sehr zum Nachdenken über Gender anregt. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Yaa Gyasi: Heimkehren

Aus dem Englischen von Anette Grube, Dumont Verlag 2017, 416 S., € 22,-, TB DuMont 2018, € 12,-
(Stand April 2021)

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Mitte des 18. Jahrhunderts werden im heutigen Ghana zwei Schwestern geboren: Effia und Esi. Ihre Lebenswege werden sich nie kreuzen. Präziser ließe sich von Leidenswegen sprechen, denn, noch fast ein Kind, wird die eine mit dem britischen Gouverneur verheiratet; die andere wiederum entführt und als Sklavin weit über den Atlantik in „die Hölle“ verkauft. Diese, jede auf ihre Weise unfassbar brutalen Szenarien sind der Ausgangspunkt für Yaa Gyasis fesselnd wie erschütternd erzählte Familiensaga, die den Bogen bis in die heutige USA und zurück an die Küsten Ghanas spannt. In eindrücklichen Episoden verfolgt Gyasi beide Familienstränge und porträtiert dabei Menschen im Hadern an den diskriminierend rassistischen Verhältnissen und dennoch zähem Kämpfen um das kleinste bisschen Menschenwürde. Gyasis beachtliche historische Recherche öffnet einmal mehr die Augen für postkoloniale, heutige Verhältnisse. Aber vor allem ist Heimkehren ein großartiges Stück Literatur, dessen Figuren nie nur als Stellvertreter ihrer Zeit funktionieren, sondern als detailliert liebevoll und plastisch beschriebene Charaktere tief berühren und lange in Erinnerung bleiben werden. Ein hartes, ein sprachlich dunkel funkelndes, ein sehr empfohlenes Buch!
Zur selben Thematik und quasi gleichzeitig ist bei Hanser der Roman The Railroad Underground von Colson Whitehead erschienen – lesen Sie bitte unbedingt beide! (Jana Kühn) Leseprobe

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