Nigel Slater: Greenfeast: Frühling/Sommer

Aus dem Englischen von Sofia Blind, mit Fotografien von Jonathan Lovekin, Dumont Verlag 2020, 336 S., € 28,-

(Stand März 2021)

Slater_Nigel_Greenfeast_Frühling_Sommer_Danteperle_Dante_ConnectionDer britische Kochbuchautor Nigel Slater konnte selbst in seinem Gemüsekochbuch Tender bislang schwerlich auf Fleisch in seinen Rezepten verzichten. Doch auch er hat sich gewandelt und anhand seiner täglichen Notizen zu den Gerichten, die er sich zubereitet, ein wunderbar alltagstaugliches Grünes Gelage-Kochbuch geschaffen. Alle Rezepte brauchen höchstens 30 Minuten, sie sind keine starren Anleitungen, sondern verlockende Vorschläge, etwas auszuprobieren, sich auch einmal ein Sandwich mit unterschiedlichem Gemüse zusammenzustellen. In seiner unnachahmlichen Art, auch seine eigene Sprache aromatisch zu würzen, erzählt Slater von seinen eigenen Vorlieben und Gewohnheiten, zum Beispiel reifes Sommergemüse wie Auberginen seidig weich zu backen und mit einer Basilikum-Pinienkernsauce auf einem Blätterteig zu einer knusprigen Tarte zu verwandeln und dies alles ganz einfach im Ofen. Das regt schon beim Lesen die Geschmackssinne an! (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Marie Parakenings: Berliner Tiere

Ein kleiner Guide für Naturbanausen & Stadtkinder, Kulturverlag Kadmos 2019, 160 S., zahlreiche farbige Illustrationen und ein ausklappbares illustriertes Tierverzeichnis, € 19,90, für alle ab 6
(Stand März 2021)

Parakenings_Marie_Berliner_Tiere_Danteperle_Dante_ConnectionBerlin ist das Mekka für unzählige Tierarten, die Autorin geht von rund 20.000 unterschiedlichen Wildtierarten (!) aus, die die Parks, Gärten, Wälder, Seen und Straßenbäume der Stadt bevölkern. Für ihr Buch hat sie 91 Tiere ausgesucht, die sie jeweils mit einer großformatigen farbigen Illustration, Kurzinfos zu ihren Essgewohnheiten, ihrer Familie, Größe, etwaigen Lauten und vor allem mit einem Porträt, das sich explizit auf die Berliner Verhältnisse bezieht, vorstellt. Der Einstieg ist immer eine prägnante überraschende Zahl. 155 Tage zum Beispiel sind Bereiche des Tempelhofer Feldes für die Feldlerche gesperrt, die, eigentlich auf der Roten Liste, dort zur dichtesten Feldlerchenpopulation Deutschlands gehört. Oder für die Blattlaus sind die 254 Bäume „Unter den Linden“ das reine Schlaraffenland. Unterhaltsam und kenntnisreich werden die Tiere in ihrem Berliner Umfeld präsentiert. Viel gibt es da zu entdecken und zu erfahren in diesem hinreißend gestalteten Gesamtkunstwerk. Und wir haben seit neuestem das dazugehörige Berliner Tiere-Memospiel. (Stefanie Hetze)

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Liza Cody: Gimme More

Aus dem Englischen von Pieke Biermann, Argument Verlag 2020, 399 S., € 21,-

(Stand März 2021)

Cody_Liza_Gimme_More_Danteperle_Dante_ConnectionBirdie Walker ist eine in die Jahre gekommene Witwe, aber mit der richtigen Klamotte und entsprechender Haltung spielt sie alle locker an die Wand. Das hat sie auch bitter nötig, das Geld ist knapp und die Schulden hoch. Die haben ihr die korrupten Machenschaften der Musikindustrie eingebrockt, die sich an Jack, dem Superrockstar, auf ihre Kosten bereicherten. Von Jack, der  beim Brand seines Hauses ums Leben kam, soll es noch Bänder mit Songs und legendäre Filmaufnahmen geben. Das lockt nach 25 Jahren die Haie der Branche auf den Plan, die wie Birdie und Jack einmal klein und als Kumpel angefangen hatten…  Doch obwohl sie jede Menge hinterhältige Ränke schmieden, eine Birdie ist ihnen absolut gewachsen.
Dieser feministische Empowerment-Roman, der 2003 erstmalig auf Deutsch im Unionsverlag erschien, wurde jetzt in der Ariadne-Reihe wieder aufgelegt. Zum Glück. Pieke Biermann, die den Preis der Leipziger Buchmesse 2020 für ihre funkensprühende Übersetzung von Oreo erhielt, zeigt auch in Gimme More ihre Kunst. Sie trifft Codys schnoddrigen Ton aufs Feinste. Viel Vergnügen bei der spannenden Lektüre! (Stefanie Hetze)

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Annika Leone & Bettina Johansson: Überall Popos

Aus dem Schwedischen von Monika Osberghaus, Klett Kinderbuch 2020, 32 S., € 14,-, ab 4
(Stand März 2021)

Ueberall_popos_U1U4.inddSamstag ist Schwimmbad-Tag für Mila, zusammen mit ihren Eltern. Am Ende dieses Tages wird sie sogar zum ersten Mal alleine ins große Becken springen (vor allem – das nur sei verraten – um ihrem Vater aus der Bredouille zu helfen), aber vorher geht es mit Mama in die Umkleide und unter die Dusche.
Diese eigentlich ganz gewöhnliche Alltags-Geschichte überzeugt durch ihre so bestechend simple wie schöne Normalität in Wort und Bild. Im Schwimmbad kann man nun mal jede Menge verschiedener Körper und Körperformen sehen und genauso wird es von dem überzeugenden Duo aus Schweden auch erzählt und gezeigt. Das ist lustig, ganz ohne auszulachen, und ermutigt, sich so zu zeigen und anzunehmen, wie man ist! (Jana Kühn) Blick ins Buch

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Delphine Perret: Björn und die weite Welt

Aus dem Französischen von Tobias Scheffel, Sauerländer 2020, 64 S., € 12,-, ab 4
(Stand März 2021)

Perret_dominique_Björn-und_die_weite_Welt_Danteperle_Dante_ConnectionManchmal ist weniger viel, viel Mehr!
Björn ist ein sympathischer Bär, der gerade aus seinem mehrmonatigen Winterschlaf erwacht ist, sich reckt, kurz wäscht und die Welt um sich herum inspiziert. Hat sich in der Zeit etwas verändert? Er trifft auf die Schildkröte und den Dachs, die auch Winterschlaf gehalten haben, spaziert mit ihnen durch den Wald. Björn stößt sich an einem Ast, es regnet Kirschblüten. Andere Tiere, die im Winter so manches erlebt haben, kommen dazu, Björn tritt willentlich gegen den Baum, damit es Blüten auf alle regnet. Dass es im Sommer weniger Kirschen geben wird, spielt im Moment keine Rolle.
Mit wenigen Worten und scheinbar ganz leicht hingezauberten Schwarz-Weiß-Skizzen auf dem schönen gelben Papier erzählt Dominique Perret von großen Entdeckungen und mehr oder weniger realen Ausflügen in die weitere Umgebung. Was passiert wohl, wenn die Tiere ein Handy finden oder der Bär mit seiner menschlichen Freundin in ein Schwimmbad geht? Viel Spaß beim Vorlesen ist garantiert mit dieser minimalistischen humorvollen Verehrung vorm großen Pu. (Stefanie Hetze)

Leseprobe

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Graham Swift: Da sind wir

Aus dem Englischen von Susanne Höbel, dtv 2020, 160 S., € 20,-, TB 2021, € 11,-

(Stand September 2021)

Swift_Graham_Da_sind_wir_danteperle_Dante_Connection_BuchhandlungDas Cover, ein stark vergrößerter Papagei, zieht einen vielleicht nicht gleich an, doch dieser schmale Roman hat es in sich. Wir befinden uns auf unsicherem Boden, dem meerumtosten Pier von Brighton, Ende der Fünfzigerjahre, als nach dem harten Krieg, noch vor dem Fernsehzeitalter die Menschen im Varietétheater rasche Zerstreuung suchten. Jack, der Conférencier, liebt Evie, die hinreißende Assistentin und Verlobte seines Freundes, des Zauberers Ronnie. Während Ronnie als Pablo auf der Bühne versessen an der perfekten, nie dagewesenen Illusion arbeitet, hat Jack, der sich in den Zuschauerraum stiehlt, nur Augen für die schöne Evie. Der Autor Swift lässt dieses hochexplosive Dreieck nicht einfach befreiend auseinanderknallen, stattdessen lässt er Ronnie spurlos wie den Papagei (!) aus seiner Show verschwinden. Auch in den fünfzig Ehejahren von Jack und Evie taucht er nicht mehr auf, hat quasi mit seinem eigenen Verschwinden die höchste Stufe der Illusionskunst erreicht. Dabei würden wir doch wie bei einem Zauberer so gerne ganz viel von ihm wissen. Magisch hält Graham Swift diese Spannung in der Schwebe. Eine absolute Empfehlung. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Linda Wolfsgruber: Die kleine Waldfibel

Kunstanstifter Verlag 2020, Buchgestaltung Christiane Dunkel-Koberg, 144 S., € 24,-, ab 9 und für alle
(Stand März 2021)

Wolfsgruber_Linda_Die_kleine_Waldfibel_Danteperle_Dante_connection_Buchhandlung Dieses Buch muss man einfach anfassen! Auf dem braunen Holzpapier des Einbands bringt ein Hirschkäfer die Ordnung der Titelzeilen durcheinander und unten lassen sich verschiedene Waldbäume erfühlen. Schlägt man es auf, begrüßen einen zur Einstimmung ein Aquarell mit einem Wildkirschenzweig, eine zarte Widmungsillustration und ein Baumgedicht, bevor es so richtig losgeht. Aber was ist das für eine „Fibel“? Sie erzählt von den Jahreszeiten im Wald, wie er sich verändert, sein Gesicht, seine Farben, seine Stimmungen, sein Ökosystem. Biologisches folgt auf Poetisches, heimische Bäume werden in Steckbriefen genau beschrieben, es finden sich auch leckere Rezepte und Süßholzgeraspele. Dazu eine Fülle zarter Illustrationen von ganzen Wäldern, tags, nachts, bei Regen, aber auch von Details wie Fichtenwipfeln und Samen. Transparente Blätter zeigen die Bäume mit und ohne Blätterkleid. Dieses handliche Buch ist eine wundervolle Liebeserklärung an den Wald und macht einfach Lust, mit ihm loszuziehen und die Lebensräume von Pflanzen und Tieren näher zu erkunden! (Stefanie Hetze) Blick ins Buch

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Anete Melece: Der Kiosk

Atlantis Verlag 2020, 40 S., € 16,-, ab 5
(Stand März 2021)

Melece_Anete_Der_Kiosk_Danteperle_Dante_ConnectionOlga, eine ziemlich rundliche Frau, hat sich in ihrem kleinen bunten Kiosk, der mitten in einer grauen Stadt steht, eingerichtet. Sie kennt ihre Kundinnen und Kunden genau, verkauft ihnen Zeitschriften, Getränke, Süßigkeiten und schwatzt mit ihnen. Abends schließt sie die Läden und macht es sich, so gut es geht, in der Enge auf ihrem Sessel gemütlich. Sie träumt vom Reisen, von Sonnenuntergängen am Meer, von all dem, was nicht geht, da sie ihren Kiosk nicht mehr verlassen kann. Da geschieht etwas, das sie mitsamt ihrer Behausung gehörig in Bewegung bringt und sie ihre Träume verwirklichen läßt!
Diese schöne befreiende Phantasie, die uns allen derzeit besonders wohltut, hat sich die lettische Künstlerin  Anete Melece in einem farbensprühenden leuchtenden kraftvollen Bilderbuch ausgemalt. Es gibt so viel zu schauen für die Kinder, der Kiosk von draußen und drinnen, die unterschiedlichsten Menschen, das städtische Leben, Freizeit am Meer und immer wieder Olga und ihre Gefühle. Großformatige Bilder wechseln dynamisch mit kleinen Comicszenen ab, es gibt winzige Details und Landschaften aus der Vogelperspektive. Die handgeschriebenen kurzen Texte sind auf den Punkt gesetzt. Das alles zusammen ist nicht von ungefähr großes Kino. Der Ursprung für „Der Kiosk“ ist ein Animationsfilm der Künstlerin, die in  ihrem Bilderbuch Olgas Geschichte zum Teil anders erzählt und es  darüberhinaus als greifbares Objekt einsetzt. Das Kioskfenster ist ausgeschnitten, Kinder können mit dem Buch Kiosk – und was ihnen sonst noch einfällt – spielen. (Stefanie Hetze) Blick ins Buch
Der Film

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Alexandre Galand und Delphine Jacquot: Die Welt in der Wunderkammer

Aus dem Französischen von Anke Wagner-Wolff, Gerstenberg Verlag 2020, 48 S., mit zahlreichen bunten, z. T. ausklappbaren Bildern, € 22,-, ab 10
(Stand März 2021)

Garland_Alexandre_Die_Welt_in_der_wunderkammer_Danteperle_Dante_ConnectionSchon das hochformatige Cover, das wunderliche Objekte zeigt wie ausgestopfte Tiere, Masken und einen Native American, der vor einem steinzeitmäßigen Aufnahmegerät sitzt, das von einer angespannten Frau bedient wird, nimmt uns gleich mit hinein in die spezielle Welt der Wunderkammern und Kuriositätenkabinette! Vier aufklappbare Panoramaseiten, die wirklich beeindruckend groß und opulent sind, bieten faszinierende Raritäten und Sammlungen aus den vier Epochen Renaissance, Aufklärung, Industrielle Revolution und Gegenwart. Stundenlang lassen sich die Details dieser überbordenden Studiosi, Schränke und Installationen studieren, auf den darauffolgenden Seiten werden alle gezeichneten Objekte vorgestellt und kritisch eingeordnet. Die rassistischen Perspektiven der Sammler und Forscher werden benannt, aber auch die aufklärerischen Versuche, die naturhistorischen und medizinischen Sammlungen zu öffnen, sie in Museen zu verwandeln und das Wissen zu verbreiten. Und heute wird versucht, gefährdete Arten zu bewahren und mit neuen Ansätzen den Zauber der Natur in Kunst zu verwandeln. Außergewöhnlicher Lese- und Gesprächsstoff also für Kinder und Erwachsene, einfach das geniale Buch zum heutigen Welttag des Buches! (Stefanie Hetze) Blick ins Buch

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Olivia Wenzel: 1000 Serpentinen Angst

S. Fischer Verlag 2020, 352 S., € 21,-, TB 2022, € 13,-

(Stand September 2022)

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Die Icherzählerin ist Mitte dreißig und hat oft viel Angst. Als Schwarze in Deutschland hat sie Schlimmes erlebt. Ihre Mutter war zu DDR-Zeiten Punk und tut sich schwer mit dem Leben. Ihr Vater verließ die Familie sehr früh und ging zurück nach Angola. Ihr Zwillingsbruder hat sein Leben beendet. Die Großmutter, zu der sie als einzige Angehörige den Kontakt hält, steht weit rechts. Glück erlebt die namenlose Protagonistin in Städten wie Berlin und New York oder in Ländern wie Marokko und Vietnam, vor allem aber durch die Menschen, für die sie sich selbst entscheidet.
In einem der originellsten Debuts der letzten Zeit schreibt Olivia Wenzel über Herkunft, Diskriminierung, Privilegien, die Suche nach Stabilität, Identität und Beziehungen. Dafür hat sie ein außergewöhnliches Format gewählt. Der erste und der dritte Teil des Romans besteht aus Dialogen zwischen einer fragenden Stimme und der Protagonistin, während im mittleren Teil Assoziationen, Bilder und Erinnerungen fein miteinander verwebt werden. So entsteht ein vielstimmiger Raum, in dem die Autorin uns auf eine rasante und überraschende Serpentinenfahrt einlädt. (Giulia Silvestri)

Leseprobe

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