Luna Al-Mousli: Eine Träne. Ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus

Deutsch-Arabisch. Mit Illustrationen der Autorin. Erweiterte Sonderausgabe Weissbooks 2016,128 S., € 14,-
(Stand April 2021)

Bis zu ihrem 14. Lebensjahr hat Luna Al-Mousli in einer liberalen bürgerlichen Großfamilie in Damaskus gelebt. Das quirlige Familienleben, der Pool im jasminduftenden Garten, die Soldaten vor der nahegelegenen amerikanischen Botschaft und der strenge Schulalltag bildeten ihre Koordinaten. In vierundvierzig Prosaminiaturen wird ein ganzer Kosmos eines Kindheitslebens aufgetan. Neben unbeschwerten Erinnerungen an wichtige Momente und Rituale erzählt Al-Mousli von Einschüchterung und Unterdrückung. Mit wenigen Worten erzeugt sie Bilder von einem Leben in Damaskus, das es nicht mehr gibt. Die zweite Komponente des Buches sind  verblichen wirkende Ausschnitte von Familienfotos, die das Fragmentarische von Erinnerungen thematisieren. “Eine Träne. Ein Lächeln” ist ganz besonders gestaltet: handschmeichlerisch klein, die rotunterlegten Doppelseiten lassen sich herausziehen, dazu die arabische Version. Ein Kleinod, das das, was in Syrien verlorengegangen ist, sehr persönlich macht. (Stefanie Hetze)

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György Dragomán: Der Scheiterhaufen

Aus dem Ungarischen von Lacy Kornitzer, Suhrkamp 2015, 494 S., € 24,95
(Stand April 2021)

45_dragoman_scheiterhaufenRumänien 1991. Emma ist dreizehn und lebt, seit ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, im Internat. Eines Tages erscheint eine Frau, die behauptet, ihre Großmutter zu sein. Emma zieht zu ihr, doch in der Schule wird sie gemobbt, denn ihre Großmutter und der verstorbene Großvater sollen als Spitzel aktiv gewesen sein. Mit Mut und Durchhaltevermögen behauptet sich Emma, erfährt Liebe und Freundschaft, wo sie es nicht erwartet, und nach und nach kommt die Wahrheit über ihre Familie und das ganze Städtchen ans Licht, in dem keiner frei von Schuld ist. In dichter, magisch-düsterer Prosa erzählt Dragomán vom Erwachsenwerden eines Mädchens in finsteren Zeiten, beklemmend, verstörend, fesselnd – und unbedingt lesenswert. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Roger Deakin: Logbuch eines Schwimmers

Aus dem Englischen von Andreas Jandl und Frank Sievers, Matthes & Seitz 2015, 387 S., € 38,-
(Stand April 2021)

24_deakin_logbuchDie Entscheidung, Großbritannien, sein Heimatland, schwimmend zu erkunden und vom Wasser aus neu zu vermessen, erzeugt beim Autor Roger Deakin große Gefühlswellen. Tatsächlich realisiert er sein Vorhaben und durchschwimmt eiskalte englische Flüsse, Gräben, Tümpel, Meeresbuchten, Wildwasser, Küstenstreifen, Quellen und begegnet dabei nicht nur Fischen aller Art, Ottern, Teichhühnern, Anglern, Müll und vielem vielem Mehr. Mit seinem “Logbuch” toppt er jedwede skurrilen britischen Reiseberichte und plädiert nebenbei für die Freigabe von Gewässern.

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Elena Kostioukovitch: Italia!

Die Italiener und ihre Leidenschaft für das Essen: Eine Reise von den Alpen bis Sizilien und Sardinien. Mit einem Vorwort von Umberto Eco. Aus dem Italienischen von Rita Seuß, Maja Pflug, Friederike Hausmann und Burkhart Kroeber. Fischer 2015, 552 S., € 24,99
(Perché agli Italiani piace parlare del cibo, Odoya 2015, ca. € 49,-)
(Stand April 2021)

40_kostioukivitch_italiaEssen und vor allem das leidenschatliche Diskutieren darüber prägen in Italien Alltag, Kultur und  Kommunikation. Von den vielfältigen Facetten und regionalen Besonderheiten der Küche Italiens schreibt die Autorin kenntnisreich, sie nimmt uns mit auf eine Reise durch das ganze Land, erzählt Geschichten vom Essen, das sich längst nicht nur auf den Kalender, die Demokratie, den Eros und das Glücksgefühl auswirkt. Eine außergewöhnliche Kulturgeschichte, dazu angereichert mit stimmungsvollen SW-Fotos. (Stefanie Hetze)

Leseprobe

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Dagmar Manzel liest Agota Kristof: Irgendwo

 Erzählungen. Hörbuch. Speak Low 2015, € 16,90
(Stand April 2021)

kristof-manzel-danteperle-buchhandlung-dante-connection-kreuzberg-berlinEntwurzelung, Exil und Einsamkeit sind die großen Themen, die in Agota Kristofs relativ überschaubarem Werk dominieren. In ihren kurzen Prosastücken lassen sich aber auch spöttische Texte entdecken, die den Absurditäten alltäglicher Situationen und zwischenmenschlicher Beziehungen genau auf den Zahn fühlen. In wenigen präzisen Worten vermag sie komplexe komplizierte Situationen so zu schildern, dass sich Schicksale auftun. Und da kommt die Seelen- und Geistesverwandte Dagmar Manzel ins Spiel. Sie, die Schauspielerin,  bringt die Bandbreite der vielen Zwischentöne in Kristofs Erzählungen durch den ebenfalls sparsamen Einsatz ihrer schauspielerischen Mittel zu einer großen Intensität. (Stefanie Hetze)

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Esther Kinsky, Martin Chalmers: Karadag Oktober 13

Aufzeichnungen von der kalten Krim. Matthes & Seitz 2015, 220 S., 19,90 €

(Stand März 2021)

26_kinsky_karadagEsther Kinsky und ihr Lebensgefährte Martin Chalmers begeben sich im Oktober 2013 auf die Krim, um ihr erstes gemeinsames Buchprojekt zu realisieren. Das Wetter auf der Halbinsel zwischen Europa und Asien, zwischen Sehnsuchtsort und krasser Realität, ist winterlich kalt. Die Landschaft und die Orte sind eher abweisend, halbwilde Pferde, Hunden und Katzen prägen das Bild. Viele Bücher und Filme über die Krim kennen sie, mit im Gepäck haben sie einen Bericht des Engländers Laurence Oliphant aus dem Jahre 1852. Kinsky und Chalmers notieren beide ihre Beobachtungen und Erlebnisse, die aus den gleichen Situationen herrühren, beide beschreiben sie sie auf ihre eigene Art, was einen ungeheuren Reiz ausmacht. Hinzu kommt immer wieder die Stimme Laurence Oliphants. Leider ist dieses Buch das Vermächtnis  Martin Chalmers. Esther Kinsky hat nach dessen Tod seine Textfragmente zusammengestellt und sie mit ihren eigenen kombiniert und ein besonderes Buch zweier Reisender über ein besonderes Stück Welt geschaffen! (Stefanie Hetze)

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Pierre Bost: Bankrott

Aus dem Französischen von Rainer Moritz, Dörlemann Verlag 2015, 260 S., € 20,-

(Stand März 2021)

Bost, Bankrott.inddBrugnon ist Erbe eines großen Familienunternehmens. Impulsiv und unbeherrscht regiert er despotisch in seinem kleinen Reich, schont dabei aber auch sich selber nicht. Die Liebe zu einer jungen Angestellten, die ihn kaltblütig ausnutzt, führt in die Krise bis zur Katastrophe. Pierre Bost, ein Meister der psychologischen Studie und der Gesellschaftsanalyse, zeichnete hier schon 1928 das äußerst aktuell anmutende Bild der Midlifecrisis eines sich bis an die Grenzen des Burnouts verausgabenden Geschäftsmannes, eines Workaholics, ständig in Eile und das Telefon kaum je aus der Hand legend. Sich selbst überschätzend, von einer späten Leidenschaft hinweggerissen und alle Ratschläge in den Wind schlagend schlittert er unerbittlich in den totalen finanziellen und persönlichen Ruin. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Henry James: Die Gesandten

Neu übersetzt von Michael Walter. Hrsg. Von Daniel Göske. Hanser 2015, 704 S., € 39,90, dtv TB 17,90

(Stand März 2021)

James_24917_MR1.inddDer abgeklärte Lambert Strether soll den jungen Erben Chad Newsome aus dem schlimmen Sündenpfuhl Paris und den Armen einer unmoralischen Frau heim in die anständige amerikanische Provinz holen. Natürlich geraten seine Vorstellungen und Prinzipien ins Wanken. Meisterlich, wie Henry James das Vor, Zurück und Seitwärts der Gefühlswelten seines Protagonisten orchestriert. Großartig übersetzt, mit Nachwort, Anmerkungen, zwei Lesebändchen und handschmeichelndem Dünndruckpapier. Festtägliches Lesevergnügen garantiert!

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Frauen und Kleider. Was wir tragen, was wir sind

Hrsg. von Leanne Shapton, Sheila Heti & Heidi Julavits. Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeits & Britt Somann. Fischer 2015
Dieses Buch ist leider vergriffen!
(Stand April 2021)

33_frauen_und_kleiderEin Füllhorn: Hunderte Frauen, Künstlerinnen, Unbekannte, Prominente, Junge und Ältere, Weisse, Schwarze… äussern sich über das, was sie tragen, wie sie sich sehen und was sie mit ihrer Kleidung verbinden. Fragebögen, Foto- und Textcollagen, Gespräche, Selbstauskünfte sowie Abbildungen von Kleider-, Socken-, Brillen…sammlungen wechseln einander ab und ergeben ein vielstimmiges anregendes Bild. Es macht großen Spaß, in diesem Schatz zu stöbern!

 

Buon Natale. Choreografien der Neapolitanischen Weihnacht

Hrsg. von Christoph Kürzeder. Sieveking Verlag 2015
Dieses Buch ist leider vergriffen!
(Stand März 2021)

34_buon_nataleIn diesem prachtvollen Buch wird die barocke Tradition der neapolitanischen Krippenkultur mit einer Vielzahl von Fotografien gefeiert. Autoren wie Erri de Luca und der renommierte Neapelkenner Dieter Richter beleuchten die vielen Facetten neapolitanischer Weihnachtsbräuche. Im Gegensatz zu den nördlichen “Alberisti”, die sich um den Tannenbaum scharen,  inszenieren am Vesuv die “Presepisti” Weihnachten mit einem opulenten und innigen Figurentheater. Berührend schön.