Olga Grjasnowa: Der Russe ist einer, der Birken liebt

(Hanser 2012, € 18,90 ) TB dtv 2013, 288 S., € 10,90

(Stand März 2021)

grjasnowa-der-russe-ist-einer-der-birken-liebt_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergMascha hat ihre große Liebe Elias gefunden und ist erfolgreich in ihrem Dolmetscherstudium. Doch das alles bietet nicht lange Halt, unter der Oberfläche sitzen Verletzungen, traumatische Erinnerungen an den Bürgerkrieg in Aserbaidschan, wo sie ihre Kindheit verbracht hat. Nach einem großen Verlust bricht Mascha auf, in ihre Vergangenheit und in die Zukunft, zu alten Freunden und schließlich nach Israel, wohin ihre Eltern, russische Juden, nie auswandern wollten. Ein starkes Buch, das nahegeht, mit Humor, Trauer, Hoffnung und Ehrlichkeit. Ein Buch über das Bedürfnis nach Heimat und über die Wurzeln der Heimatlosigkeit, das ständig die Perspektive wechselt und den Blick schärft für gesellschaftliche Ausschlussmechanismen und ihre Absurdität. Und gleichzeitig ein Buch über die Chance, die in jeder menschlichen Begegnung liegt. (Judith Krieg)

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Joanna Bator: Sandberg

Aus dem Polnischen von Esther Kinsky, TB Suhrkamp 2013, 492 S., € 12,-
(Stand März 2021)

bator-sandberg_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergJoanna Bator gelingt es in diesem Buch den ganzen Kosmos der polnischen Plattenbau-Provinz von den Nachkriegsjahren bis in die achziger Jahre hinen wieder lebendig werden zu lassen. Anhand den Lebensgeschichten mehrerer Generationen einer Familie – aber mit Fokus auf die selbstbewusste Enkelin Dominika – enthüllt die Autorin schonungslos und mit ironischem Unterton diese ihr bestens vertraute teils skurrile, teils heimelige, teils trostlose und zutiefst spießige Welt. Ein großartiges Lesevergnügen und ein interessanter Blick in eine uns mittlerweile doch sehr ferne Realität. (Syme Sigmund)

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Zora Neale Hurston: Vor ihren Augen sahen sie Gott

Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring. edition fünf 2011, 267 S., € 19,90, TB Kampa Verlag 2022, € 12,-

(Stand Februar 2022)

Eatonville / Florida 1928, die erste freie Schwarzengemeinde. Hier endlich findet Janie, was sie lange und in zwei Ehen vergeblich suchte: Dis love! Ganz ohne Kitsch, eine herzergreifend tragische Liebesgeschichte. (Jana Kühn)

 

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Nancy Mitford: Landpartie mit drei Damen

Aus dem Englischen von Matthias Fienbork. (Graf 2011) TB List 2012, 256 S., € 9,99

(Stand März 2021)

mitford-landpartie-mit-drei-damen_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergBereits 1935 geschrieben,  versuchen zwei junge Männer eine reiche Landadelige zu erobern. Der Haken – sie ist eine glühende Faschistin. Sehr sarkastisch, very british und Nancy Mitfords legendärer Schlüsselroman über ihre eigenen Schwestern. (Stefanie Hetze)

 

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Edmund de Waal: Der Hase mit den Bernsteinaugen

Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi. Aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer, Zsolnay 352 S., € 26,-, TB dtv 2013 € 11,90

(Stand März 2021)

de-waal-der-hase-mit-den-bernsteinaugen_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergHinter einem sperrigen Titel, geschrieben von einem hierzulande bislang unbekannten Autor, dem englischen Keramikkünstler Edmund de Waal, verbirgt sich eines der faszinierendsten Bücher dieses Jahres. Ausgehend von kleinen Erbstücken, kostbaren japanischen Minaturschnitzereien (Netsuke) rekonstruiert de Waal die Geschichte seiner Familie, einer jüdischen Getreidehändler-, Bankiers- und Kunstsammlerfamilie im 19. und 20. Jahrhundert. Dabei spannt er einen Bogen von Paris, Wien, Odessa, Tokio nach London, erzählt vom kometenhaften Aufstieg, enormem Reichtum, Mäzenatentum, von Verfolgung, Enteignung und Vertreibung – und wie die Netsuke, die dank einer Hausangestellten als einziges von all den Besitztümern überlebt haben, zu ihrem Ursprung nach Tokio zurückkamen. Ganz ohne Nostalgie, aber präzise und einfühlsam gelingt de Waal eine ganz neue Form der Familienerzählung. Ganz nebenbei schreibt er auch eine weitläufige europäische Geschichte. Unbedingt lesen. (Stefanie Hetze)

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Angelika Klüssendorf: Das Mädchen

Verlag Kiepenheuer & Witsch 2011, 192 S., (nicht mehr lieferbar)
TB Piper 2021, € 12,-

(Stand März 2021)

Ein schmaler Band, ein großes Stück Literatur über ein Phänomen, das es laut realsozialistischer Propaganda so in der DDR hätte gar nicht geben dürfen: familiäre Verwahrlosung, Gewalt gegen Kinder, Alkoholismus. Namenlos bleibt das Mädchen, wie auch sein kleiner Bruder und erschütternd ist, was ihnen geschieht, wie sie aufwachsen müssen. Ohne Zuneigung, ohne Rückhalt, stattdessen voller Wut und Grausamkeiten. Wie das Mädchen daran krankt und dennoch wächst, ist absolut lesenswert! (Stefanie Hetze)

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Boualem Sansal: Harraga

Aus dem Französischen von Riek Walther, Merlin Verlag 2011, 280 S., € 15,80

(Stand März 2021)

sansal-harraga_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergZwei ganz ungewöhnliche Frauen stehen im Mittelpunkt dieses Romans aus Algerien. Lamia, eine Mittdreißigerin, Kinderärztin, alleinstehend, unabhängig, aber auch einsam und desillusioniert von vergeblichen Lebensmühen. Und die 16-jährige Cherifa, die eines Tages völlig überraschend in Lamias Leben platzt. Sie ist schwanger, offensichtlich verstoßen, aber nichtsdestotrotz voller Freiheitsdrang, Lebenslust und Freude, die einer Frau in ihrer Situation keinesfalls zusteht in einer islamischen Gesellschaft. Poetisch wie hochspannend erzählt Sansal aus dem Alltag algerischer Frauen. Lakonie und Dramatik wechseln einander ab – ein sprachlicher Hochgenuss! (Jana Kühn)

Boualem Sansal ist Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 2011.

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Michela Murgia: Accabadora

Aus dem Italienischen von Julika Brandestini,  Wagenbach TB, 176 S., € 10,90
(Accabadora, Einaudi 2009, ca. € 16,50)
(Stand März 2021)

“Es gibt Orte, an denen die Wahrheit gleichbedeutend ist mit der Meinung der Mehrheit.” Maria ist die vierte Tochter einer verarmten Witwe und eine offensichtliche Belastung. So ist auch ihre Eigenwahrnehmung geprägt davon, unerwünscht zu sein. Als sie von der alleinstehenden, wohlhabenden alten Schneiderin aufgenommen wird, tuschelt das ganze Dorf. Es entsteht eine wundersame Gemeinschaft zwischen der wortkargen klugen Alten und dem Kind, das langsam eine Selbstverständlichkeit entwickelt. Doch ihre neue Zugehörigkeit wird von irritierenden Heimlichkeiten der Alten getrübt. Es scheinen Gesetze zu herrschen, nach denen Maria nicht fragen darf. Erst nach Jahren erfährt sie, was das ganze Dorf als offenes Geheimnis wahrte. Mit klarsichtiger und wunderbar unkitschiger Sprache erzählt die Autorin die Welt eines kleinen sardischen Dorfes in den 50er Jahren. Und sie erzählt davon, dass der Pakt der Generationen mehr sein kann als nur Pragmatismus. (Franziska Kramer)

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Sibylle Berg: Der Mann schläft

dtv 2011, 320 S.,  € 10,90

(Stand März 2021)

berg-der-mann-schlaeft_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEine nicht mehr junge Frau findet das, wonach sie so lange, immer und keinesfalls auf der Suche war, dass es ihr mehr als schwer fällt, sie anzunehmen: die Liebe. Sie hat sich eingerichtet in ihrem Alleinsein, das sie ehrlicher und lebbarer empfindet als all die zwischenmenschlichen Beziehungskatastrophen, die sie umzingeln. Und dann erwischt es sie doch. Und sie traut sich. Doch eines Tages ist der Mann verschwunden. Als Ich-Erzählerin berichet die Frau selbst aus ihrem Leben vor, mit und nach dem Mann. Schonungslos offen und genau bis ins kleinste emotionale Detail ist der Erzählton. Dabei wird es jedoch nie weinerlich, denn Sibylle Berg bleibt auch in ihrem neuesten Roman ihrem ganz eigenen und immer hart am Zynismus schrammenden Humor treu. (Jana Kühn)

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Larissa Böhning: Das Glück der Zikaden

Galiani Berlin 2011, € 19,99
Dieses Buch ist leider nicht mehr lieferbar.
(Stand April 2022)

boehning_glueck_der_zikaden_danteperle_danteconnection„Das Glück der Zikaden ist, dass sie stumme Weiber haben.“ Ein scheinbares Glück nur und ganz oberflächlich betrachtet. So wie im Leben von Großmutter, Mutter und Tochter, wo Glück auf eine zufriedenstellende Alltagspraxis reduziert ist und viel ge- und verschwiegen wird. Umso mehr freut man sich beim Lesen, wie wunderbar genau all dies beobachtet wird und reist gern durchs bewegte 20. Jahrhundert von Moskau, über Ost- und Westberlin bis nach Spanien. (Jana Kühn)