Monique Truong: Sweetest Fruits

Aus dem Englischen von Claudia Wenner, C.H. Beck Verlag 2020, 347 S., € 23,-

(Stand März 2021)

truongDer Journalist und Reiseschriftsteller Lafcadio Hearn wurde 1850 auf der griechischen Insel Lefkas geboren. Sein irischer Vater war dort als britischer Militärarzt stationiert, seine Mutter war Griechin. In Irland und England in Internaten aufgewachsen ging er als junger Mann nach Amerika und später – nach verschiedenen Reisen unter anderem in die Karibik – nach Japan, wo er sein Sehnsuchtsland fand, die Tochter eines Samurai ehelichte und 1904 verstarb. Hugo von Hofmannsthal trauerte bei der Nachricht seines Todes um die „unvergleichliche Stimme“, Stefan Zweig rühmte den „überschwebenden Glanz“ seiner Beschreibungen. Monique Truong zeichnet sein Leben durch die intensiven Stimmen dreier Frauen nach – seiner Mutter, seiner afroamerikanischen Ehefrau, von der er nach wenigen Jahren wieder geschieden wurde, sowie seiner japanischen Gattin, mit der er drei Kinder hatte. So entfaltet sich nach und nach ein vielschichtiges Bild dieses außergewöhnlich sensiblen und poetischen Mannes und seiner Suche nach Zugehörigkeit. Zur erweiternden Lektüre sei der gleichfalls bei C.H. Beck erschienene Band mit Reportagen „Vom Lasterleben am Kai“ empfohlen. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Milena Michiko Flašar: Herr Katō spielt Familie

Verlag Klaus Wagenbach 2018, 176 S., € 20,-, TB btb 2019, € 10,-

(Stand September 2022)

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Harr Katō ist nun Rentner, aber so richtig kommt er mit seiner neuen Rolle nicht zurecht. Seine Frau fühlt sich gestört und scheucht ihn aus dem Haus, doch das ziellose Herumspazieren liegt ihm nicht und er versinkt in Selbstmitleid. Da trifft er auf die junge Mie, welche ihm von ihrer Agentur berichtet. Bei ihr kann man Schauspieler als „echte“ Verwandte buchen, die „Familie spielen“. Braucht es den reichen Onkel aus Amerika für eine Hochzeit, die trauernde Tochter für eine Beerdigung oder die Verlobte, um die Eltern zufrieden zu stellen? Alles kein Problem. Herr Katō lässt sich engagieren, schlüpft von nun an in die verschiedensten Rollen, wird Opa, Exmann oder Firmenchef, und beginnt auch sein Leben – und seine Frau – wieder mit anderen Augen zu sehen. Milena Flašar hat ein einfühlsames Buch über das Altern geschrieben und über die Schwierigkeit, mit der Leere des Rentnerlebens klar zu kommen – mal nachdenklich und melancholisch, mal mit leichter Ironie, doch immer voller Empathie und Wärme. Die passende Lektüre für sonnige Wiesen oder auch verregnete Sofanachmittage. (Syme Sigmund)

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Iori Fujiwara: Der Sonnenschirm des Terroristen

Aus dem Japanischen von Katja Busson. Cass Verlag 2017, 352 S., € 19,95

(Stand April 2021)

Fujiwara_Iori_Der_Sonnenschirm_des_Terroristen_Dante_Connection_DanteperleEin Sommertag Anfang der 90er Jahre in Tokyo – wie immer liegt der alkoholsüchtige Barbetreiber und Loser Shimamura whiskytrinkend im Park. Es sind viele Leute dort, auch ein Mädchen, das sich nicht wie die anderen vor ihm wegdreht, sondern ihn wegen seiner zittrigen Hände anspricht. Plötzlich geht eine Bombe hoch, gibt es jede Menge Tote und Verletzte und ebenso plötzlich holt Shimamura seine Vergangenheit ein. Jahrzehntelang hatte er anonym in Deckung gelebt, denn er war nicht aus Japan geflohen wie Kuwano, sein Kumpel aus militanten Studentenrevoltenzeiten. Ihnen beiden war ein tödliches Attentat auf einen Polizisten zur Last gelegt worden. Wie in einem Déjà-vu ist Shimamura wieder an einem Tatort, an dem u.a. ein hoher Polizeibeamter ums Leben kommt, und gerät erneut mitten ins Visier der Ermittler. Nur er, der alkoholkranke und bettelarme Hauptverdächtige kann seine eigene Unschuld beweisen und gleichzeitig muss er unbedingt herausfinden, was mit dem Mädchen geschehen ist. Eine rasante Tour seiner Ermittlungen beginnt, bei der er in die Fänge der Polizei und der Yakuza gerät, in die Odachlosenszene und die der Finanzwelt einsteigt und sich vieles als ganz anders entpuppt, als es scheint. Feinste spannungsreiche Krimikunst und eine tolle Entdeckung des Cass Verlags! (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Milena Michiko Flašar: Ich nannte ihn Krawatte

Verlag Klaus Wagenbach 2020, 144 S., TB, € 10,-

(Stand März 2021)

Eine Parkbank wird zu einem Zufluchtsort für zwei Außenseiter. Der eine, jung, ist ein Hikikomori, so bezeichnet man in Japan die Menschen, die sich dem Leistungsdruck der Gesellschaft entziehen und ihr Zimmer auf unbestimmte Zeit nicht mehr verlassen. Der andere, alt, hat seinen Job verloren und sitzt seine Arbeitszeit nun auf dieser Parkbank ab. Langsam offenbaren sie sich ihre Geschichte und entdecken im Anderen eine Möglichkeit, mit ihrer Situation neu umzugehen. Ein wahrhaft unaufgeregtes Buch, das ungleich mehr aufwühlt und eine Autorin, die mit wenigen Worten kunstvoll und poetisch Wirkung zu erzeugen weiß. Sehr lesenswert. (Franziska Kramer)

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