Jérôme Ferrari: Balco Atlantico

Aus dem Französischen von Christian Ruzicska, Secession Verlag 2013, 210 S., € 19,95
(Stand März 2021)

ferrari-balco-atlantico_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDer korsische Nationalist Stéphane Campana stirbt duch zwei Kugeln, die aus nächster Nähe auf ihn abgefeuert werden. Raffiniert verschachtelte Erzählungen und Erinnerungen unterschiedlicher Dorfbewohner entfalten nach und nach die Geschichte des Toten und damit verbunden die gewalttätige Geschichte des korsischen Nationalismus zwischen 1985 und 2000. Parallel dazu erfahren wir das Schicksal eines marokkanischen Geschwisterpaares, das seine Heimat voller Hoffnung verlässt und in dem korsischen Dorf vergeblich versucht, den Glauben an ein mögliches Glück nicht zu verlieren.
Teils Krimi, teils Liebesgeschichte, ist der Roman vor allem ein ergreifendes Kaleidoskop menschlicher Sehnsüchte, Selbstzweifel und Ängste sowie der erschreckenden Gefühlskälte selbstherrlicher politischer Extremisten. Ferrari entfaltet auf nur 160 Seiten einen Kosmos aus Sätzen, die noch lange haften bleiben. (Syme Sigmund)

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Volker Gerling: Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt. Zu Fuß durchs Land

Metrolit Verlag 2013, nur noch als E-Book bestellbar € 12,99

(Stand März 2021)

31-gerling_bilderSeit zehn Jahren geht Volker Gerling mit selbstfotografierten Daumenkinos im Bauchladen und ohne Geld auf Wanderschaft. Nun hat er sich einen Wunsch erfüllt und von seiner ersten Wanderschaft ein Buch geschrieben, das uns mitnimmt auf seine lange Reise zu Fuß von Berlin bis Basel. Anders als die üblichen Selbsterfahrungsberichte von Langstreckenwanderern geht er jedoch als Künstler, der bewusst Kontakt und Austausch mit seinem Zufallspublikum sucht und viel nachdenkt über Raum, Zeit, Geschwindigkeit und wie er mit wenigen Aufnahmen in Sekundenbruchteilen das wirkliche Leben abbildet.Bei seinem langsamen Tempo kommt es unterwegs zu sehr besonderen, intensiven Begegnungen mit denkbar verschiedensten Menschen. Diese eigentlich flüchtigen Momente hat er zum großen Glück seiner Leser in diesem wunderbaren Buch für immer festgehalten! (Stefanie Hetze)

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Terézia Mora: Das Ungeheuer

Luchterhand Literaturverlag 2013, 688 S., € 22,99, TB Ausgabe, € 11,99

(Stand März 2021)

mora-ungeheuer_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDarius Kopp, der Mora-Lesern schon bekannte, einfach gestrickte Gemüts- und Genussmensch, versinkt nach dem Selbstmord seiner Frau Flora in tiefer Trauer. Um nach einer geeigneten Grabstelle für die Asche seiner Frau zu suchen, macht er sich – zunächst von Floras ungarischer Herkunft und sodann vom Zufall geleitet – auf in Richtung Osteuropa, wo es ihn bis nach Georgien verschlägt. Diesem teils feinsinnig-melancholischen, teils komisch-absurden Roadmovie stellt Mora – parallel gedruckt – Aufzeichnungen Floras gegenüber, aus denen ihre schwere, von ihrem Mann nicht bemerkte Depression spricht. Damit erhält Kopps Reise eine weitere, tiefere Ebene, die uns in menschliche Abgründe schauen lässt. Moras sprachliche Kraft, ihr gekonntes Changieren zwischen verschiedenen Erzählperspektiven und ihr unverwechselbarer Ton machen das Buch zu einem großen, lange nachwirkenden Leseerlebnis. (Syme Sigmund)

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Mohsin Hamid: So wirst du stinkreich im boomenden Asien

Aus dem Englischen von Eike Schönfeld, (Dumont 2013), 224 S., Dumont TB 2015, € 9,99

(Stand März 2021)

hamid-so-wirst-du-stinkreich-im-boomenden-asien_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzberg“Zieh in die Stadt”, “Verschaff dir Bildung”, “Verlieb dich nicht” – so lauten die ersten drei Kapitelnamen dieses wunderbaren Romans aus Pakistan, der einerseits Entwicklungsroman ist,der die Geschichte eines Jungen aus ärmlichsten Verhältnissen erzählt, der im Laufe seines Lebens tatsächlich stinkreich wird. Verpackt ist diese Geschichte andererseits, und wie die Kapitelnamen andeuten, im Gewand eines Selbsthilfebuches. Alles zielt hin zum Erfolg des großen Geldes und zwar um jeden Preis und mit allen Mitteln, heißt von Manipulation über Korruption bis hin zu Gewalt. Darüberhinaus liest sich der Roman als eine anrührende Liebesgeschichte und als Gesellschaftssatire über das heutige Pakistan. Und dank des turbulent tragikomischen Erzähltons jagt man mit dem Protagonisten durch ein ganzes Leben im boomenden Asien, in dem das Geld dann eben doch auch nicht alles ist. (Jana Kühn) Leseprobe

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John Williams: Stoner

Aus dem Amerikanischen von Bernhard Robben, dtv 2013, 352 S., € 18,-, tb dtv 2014, € 10,90

(Stand März 2021)

williams-stoner_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergWilliam Stoner, Sohn armer Farmer, entdeckt an der Universität seine Leidenschaft für Literatur und wird schließlich Professor. Sein Leben bleibt melancholisch geprägt von seiner Nicht-Zugehörigkeit zu den etablierten gebildeten Schichten und der “besseren” Gesellschaft. Er hat kaum Freunde, von seiner bäuerlichen Herkunft entfremdet er sich immer mehr, seine Frau entpuppt sich als eiskalt und neurotisch bis zur Bösartigkeit, seine über alles geliebte Tochter entgleitet ihm und der Streit mit einem Kollegen führt zu einem Bruch in seiner beruflichen Karriere. Eine Liebesaffäre bringt großes Glück, scheitert jedoch an der moralistischen Gesellschaft. Und doch findet Stoner am Ende seines Lebens zu innerer Ruhe, die ihn sein Leben akzeptieren lässt.
Sprachlich brillant erzählt und von Anfang bis Ende stimmig, war der 1965 publizierte Roman lange vergessen und wurde 2007 zu Recht als „ernsthafter, wunderschöner und berührender“ großer Klassiker der amerikanischen Literatur wiederentdeckt. (Syme Sigmund)

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Donald Ray Pollock: Knockemstiff

Aus dem Englischen von Peter Torberg, Verlagsbuchhandlung Liebeskind 2013, 256 S-, € 18,90, tb Heyne 2015, € 9,99

(Stand März 2021)

pollock-knockemstiff_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergKnockemstiff ist ein trostloses Kaff im US-Bundesstaat Ohio. Was für ein rauher Wind dort weht, versteht man bereits mit der ersten Erzählung, in der ein Vater seinem Sohn brutal vermittelt, wie wichtig es ist, mit aller Gewalt seinen Mann zu stehen. Mit den nachfolgenden Erzählungen entwickelt sich ein deutlicheres Bild der Kleinstadt und es schließt sich ein Kreis aus Drogen, Krankheiten, Armut, Missbrauch und immer wieder Gewalt. In aller Unerträglichkeit der Normalität, der alltäglichen Geschehnisse – das Schlimmste an Knockemstiff ist die Perspektivlosigkeit. Kein Licht am Ende des Tunnels, aus Knockemstiff kommt keiner raus – auch nicht die, die es versuchen. Und warum sollte man das dann gelesen haben? Weil Pollocks knochentrockene Sprache einen packt und nicht mehr loslässt. Knockemstiff legt man nicht zur Seite … (Jana Kühn)

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Silvia Bovenschen: Nur Mut

(Fischer Verlag 2013), 160 S., TB Fischer 2015, € 9,99

(Stand März 2021)

bovenschen-nur-mut_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEine ungewöhnliche WG in einer großbürgerlichen Berliner Villa: vier alte Frauen, vier weibliche Biographien,  jede mit ihren eigenen  Marotten und ihren sehr speziellen Möglichkeiten, der Endlichkeit zu trotzen. Mit im Haus sind die polnische Haushälterin und die aufsässige 16jährige Enkelin der Besitzerin Charlotte samt liebes- und zahnwehkrankem Mitschüler. Ein Herrenbesuch, der Finanzberater Charlottes, wird erwartet und plötzlich laufen die Dinge völlig aus dem Ruder, verlieren die alten Frauen jede Contenance. Jetzt gibt es keinen Halt mehr und überhaupt kein Zurück!
Altsein und Sterben als Anarchie, von Silvia Bovenschen mit Verve, Witz  und großer Fabulierlust erzählt. (Stefanie Hetze)

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Eugen Ruge: Cabo de Gata

Rowohlt Verlag 2013, 208 S., € 19,95, Rowohlt TB 2014, € 10,99

(Stand März 2021)

ruge-cabo-de-gata_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin erfolgloser Schriftsteller, 40 Jahre alt, gerade geschieden und vom Vater in seinen künsterischen Ambitionen nicht ernst genommen, bricht alle Zelte ab und gerät – mehr aus Zufall – in den abgelegenen andalusischen Ort Cabo de Gata. Hier versucht er – weiterhin erfolglos – einen Roman zu schreiben und lässt sich ansonsten treiben, solange das Geld reicht. Die Dorfbewohner sind äußerst wortkarg, und so verbringt er seine Zeit meist allein mit ausgedehnten Spaziergängen am Strand und der Beobachtung seiner neuen Umgebung. Was so ereignisarm klingt, wird von Ruge in diesem wohl teilweise autobiografischen Kleinod, eher eine Novelle als ein Roman, mit einer solchen Leichtigkeit, schlichten Poesie und leiser Selbstironie beschrieben, dass man als Leser gern bei ihm verweilt und nach der Lektüre dem eigenen hektischen Großstadtalltag vielleicht auch mehr Gelassenheit entgegenbringt. (Syme Sigmund)

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Jamaica Kincaid: Die Autobiografie meiner Mutter

Aus dem Englischen von Christel Dormagen, Unionsverlag 2013, 220 S., € 10,95

(Stand März 2021)

kincaid-die-autobiografie-meiner-mutter_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergXuela Claudette Richardson erzählt in hohem Alter ihr Leben, welches für sie gleichzeitig das Leben der Mutter ist, die bei ihrer Geburt starb, wie auch das Leben ihrer Kinder, gegen deren Leben sie selbst sich immer wieder entschieden hat. Das hochintelligente Mädchen wächst ohne Zuwendung auf der karibischen Insel Dominica auf, die geprägt ist von gesellschaftlichen, vor allem rassistischen Hierarchien. Liebe kennt und verspürt sie nur für sich selbst. In großer Distanz lebt sie zu den Menschen, die ihr begegnen. Und in ebensolcher sprachlichen Distanz und schonungslosen Klarheit reflektiert sie über die Lebensbedingungen in einer Welt, die vom Erbe der Kolonialzeit gezeichnet ist. Der Ton ist kühl wie sinnlich, verstörend und voller poetischer Eindringlichkeit, die immer wieder Lese- und Sinnpausen herausfordert.

Eine der bedeutendsten Stimmen der karibisch-amerikanischen Literatur, die es zu (wieder)entdecken gilt! (Stefanie Hetze)

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M. Agejew: Roman mit Kokain

Aus dem Russischen von Valerie Engler und Norma Cassau, Manesse Verlag 2012, nur noch als E-Book lieferbar, € 14,99

(Stand März 2021)

22-agejew_kokainNein, sympatisch ist er einem nicht, der Protagonist dieses erstmals 1936 in Paris unter einem bis heute nicht mit absoluter Sicherheit zuordbaren Pseudonym veröffentlichten Romans – sogar Nabokov wurde er zugeschrieben, doch wahrscheinlich stammt er aus der Feder des zu jener Zeit in Istanbul ansässigen Mark Lewi. Der junge Mann behandelt seine alte Mutter mit Arroganz und Grausamkeit, verführt ein junges Mädchen und steckt sie bewusst mit Syphilis an, ist zynisch, gefühlskalt, hochmütig und ohne Moral. Er streift durch das Moskau der Vorrevolution, verprasst das seiner in Armut lebenden Mutter gestohlene Geld und verfällt schließlich dem Kokain, das ihn zugrunde richtet. Doch der Roman zieht den Leser durch seine elegante Sprache in den Bann und beschreibt mit unheimlicher Nachvollziehbarkeit die Abgründe einer intellektuellen, zur Grausamkeit und Narzismus neigenden menschlichen Seele. Eine in der Tradition der Großmeister der russischen Literatur stehende großartige literarische Wiederentdeckung. (Syme Sigmund)

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