Zadie Smith: London NW

Aus dem Englischen von Tanja Handels, Kiepenheuer & Witsch 2014, 432 S., € 22,99, Goldmann TB € 11,-

(Stand März 2021)

london_nw_danteperle_dante_connectionIn ihrem neuen Roman schreibt Zadie Smith über das Leben in London North-West, wo sie selbst aufgewachsen ist –  der Stadtteil Kilburn, ein Arbeiterbezirk und ein Schmelztiegel der Kulturen. Vier Protagonisten wählt sie, die sich schon aus Kindertagen kennen, die befreundet waren oder sind und die sehr unterschiedliche Wege gewählt haben, “um etwas aus ihrem Leben zu machen”. Zadie Smith unterzieht sie einer Art Lebensinventur und Bestandsaufnahme  – nun als gestandene Mittdreißiger. Wer sind sie? Oder vielmehr wie sind sie geworden? Für jeden Charakter findet sie eine eigene stimmige Erzählsprache. Sie experimentiert dafür stilistisch wie formal, und was anfangs etwas künstlich wirkt in all seiner sprachlichen Verdichtung, zieht einen immer stärker in den Bann. Ein Roman voller tragikomischer Momente, den man spätestens ab Seite 50 nicht mehr aus der Hand legen mag.

Leseprobe

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Jamaica Kincaid: Die Autobiografie meiner Mutter

Aus dem Englischen von Christel Dormagen, Unionsverlag 2013, 220 S., € 10,95

(Stand März 2021)

kincaid-die-autobiografie-meiner-mutter_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergXuela Claudette Richardson erzählt in hohem Alter ihr Leben, welches für sie gleichzeitig das Leben der Mutter ist, die bei ihrer Geburt starb, wie auch das Leben ihrer Kinder, gegen deren Leben sie selbst sich immer wieder entschieden hat. Das hochintelligente Mädchen wächst ohne Zuwendung auf der karibischen Insel Dominica auf, die geprägt ist von gesellschaftlichen, vor allem rassistischen Hierarchien. Liebe kennt und verspürt sie nur für sich selbst. In großer Distanz lebt sie zu den Menschen, die ihr begegnen. Und in ebensolcher sprachlichen Distanz und schonungslosen Klarheit reflektiert sie über die Lebensbedingungen in einer Welt, die vom Erbe der Kolonialzeit gezeichnet ist. Der Ton ist kühl wie sinnlich, verstörend und voller poetischer Eindringlichkeit, die immer wieder Lese- und Sinnpausen herausfordert.

Eine der bedeutendsten Stimmen der karibisch-amerikanischen Literatur, die es zu (wieder)entdecken gilt! (Stefanie Hetze)

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Ahmadou Kourouma: Monnè. Schmach und Ärger

Übersetzung aus dem Französischen von Vera Gärttling, Diaphanes 2013, 332 S., € 22,95

(Stand März 2021)

43-kourouma_monneDie koloniale Plünderung als kollektives Trauma ist ein zentrales Motiv afrikanischer Literatur. Diesem Thema ist auch der Roman »Monnè. Schmach und Ärger«, der in diesem Frühjahr erstmalig in deutscher Übersetzung erschienen ist, gewidmet. Der ivorische Autor Ahmadou Kourouma (1927 – 2003) beschreibt darin die Kolonialgeschichte mit viel Ironie und ebenso kritischer Schärfe, wobei er so manches Vorurteil auf den Kopf stellt. Kourouma deutet die Geschichte grotesk um und vermittelt dennoch viel Wissen über dieselbe und die große Demütigung der Bevölkerung. Entstanden ist eine bitterböse, in seiner Sprache überaus vergnügliche und sehr lesenswerte Satire auf die französische Eroberung des afrikanischen Kontinents. (Jana Kühn) Leseprobe Kourouma

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Alain Mabanckou: Zerbrochenes Glas

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller, Liebeskind 2013, 224 S., € 18,90

(Stand März 2021)

45-mabanckou_glasDer aus dem Kongo stammende und in Frankreich lebende Autor versetzt seinen Roman in eine florierende Bar in Brazzaville, in der die Gäste seinen Protagonisten Zerbrochenes Glas mit ihren Lebensgeschichten bestürmen, die er, vom Wirt beauftragt, nun endlich aufschreiben soll. Und die Gäste erzählen ihm und wie! Als säße man direkt daneben, werden einem die oft tragikomischen Episoden atemlos und mit viel schwarzem Humor um die Ohren geknallt. Man lauscht bestürtzt, belustigt und trotz vielen Unglücks bestens unterhalten. So greift Mabanckou die orale Erzähltradition Afrikas auf und gibt ihr in rasantem Tempo gänzlich neue Facetten. (Jana Kühn)

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Teju Cole: Open City

Aus dem amerikanischen Englisch von Christine Richter-Nilsson, (Suhrkamp 2012), 333 S., TB Suhrkamp 2013, € 10,99

(Stand März 2021)

cole-open-city_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergManhattan, einige Jahre nach 9/11. Julius, ein gebildeter junger Psychiater nigerianisch-deutscher Herkunft, läuft in jeder freien Minute durch die pulsierenden Straßen New Yorks. Er lässt sich kreuz und quer treiben, beobachtet, betrachtet, kommt an allen möglichen Orten mit den unterschiedlichsten Bewohnern der Metropole in Kontakt, debattiert und philosophiert mit ihnen. Ihre Geschichten und Wahrnehmung verzahnt er mit seinen eigenen Erfahrungen als schwarzer Einwanderer in den USA, mit seiner Kindheit in Nigeria, seinen Lektüren, seiner Vorliebe für klassische Musik.
Mit jeder neuen Begegnung schält Teju Cole, Kunsthistoriker und Straßenfotograf, wie in einem Palimpsest eine weitere Facette aus den vielen Schichten New Yorker Realitäten heraus und stößt dabei auf die drängenden Fragen unserer Gegenwart. Das ist ungemein anregend erzählt in der besten Tradition kosmopolitischer Flaneure. (Stefanie Hetze)

Mehr Informationen zu Teju Cole

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Chimamanda Ngozi Adichie: Heimsuchungen

Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke, S. Fischer Verlag 2012, 304 S., € 19,99, TB € 13,-

(Stand März 2021)

adichie-heimsuchungen_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergNigerianerinnen und Nigerianer, mehr oder weniger freiwillig in die USA eingewandert, Daheimgebliebene, Rückkehrer, Lebende, Tote, Frauen, Männer, Kinder… sind die Protagonisten dieser zwölf mitreißenden Geschichten. Ein besseres Leben wollen sie, treffen aber auf die vielfältigen „Heimsuchungen“ unserer postkolonialen Welt mit ihren tief eingegrabenen kulturellen und sozialen Gegensätzen. Wie sie auf des Messers Scheide balancieren, welche Verletzungen sie dabei erleiden, aber auch welche vitale Energie sie entfalten, breitet Chimamanda Ngozi Adichie in einem großen Erzählkosmos aus. Eine unbedingte Empfehlung. (Stefanie Hetze)

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Zora Neale Hurston: Vor ihren Augen sahen sie Gott

Aus dem Amerikanischen von Hans-Ulrich Möhring. edition fünf 2011, 267 S., € 19,90, TB Kampa Verlag 2022, € 12,-

(Stand Februar 2022)

Eatonville / Florida 1928, die erste freie Schwarzengemeinde. Hier endlich findet Janie, was sie lange und in zwei Ehen vergeblich suchte: Dis love! Ganz ohne Kitsch, eine herzergreifend tragische Liebesgeschichte. (Jana Kühn)

 

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Ngũgĩ wa Thiong’o: Herr der Krähen

Aus dem Englischen von Thomas Brückner, Fischer TB, 944 S., € 16,-

(Stand März 2021)

Unbenannt-1Nicht weniger als der Turmbau zu Babel soll übertroffen werden im geplanten Geburtstagsgeschenk für den Alleinherrscher der fiktiven “Freien Republik Aburirias”. Doch das megalomane Bauprojekt “Marching to Heaven” scheitert nicht nur an den ausbleibenden Krediten der Global Bank, sondern vor allem an den Grabenkämpfen, die sich die Machtelite um die Gunst des Diktators “Seine Allmächtige Vortrefflichkeit” liefert. Leidtragend ist die verarmte Bevölkerung, wie Kamiti, ein arbeitsloser Akademiker, der durch puren Zufall und tief verwurzelten Aberglauben zum “Herr der Krähen” wird – ein mal gefeierter mal gejagter Gegenspieler des Despoten. Schier überbordend an Übertreibungen und mit großer Lust am Fabulieren wird diese groteske Ausgangssituation auf fast 1.000 Seiten auf die Spitze getrieben. Doch keine Sorge, hat man das in der Tat dicke Buch einmal in die Hand genommen, legt man es nur ungern zur Seite. Welch eine Komik trotz all der bitteren Details, die nur allzu deutlich als Abrechnung mit der politischen und gesellschaftlichen Situation nicht nur Kenias, sondern vieler anderer afrikanischer Staaten verstanden werden darf. Ein großes Werk! (Jana Kühn)

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Tendai Huchu: Der Friseur von Harare

Aus dem Englischen von Jutta Himmelreich, Peter Hammer Verlag 2011, € 19,90
Dieses Buch ist leider nicht mehr lieferbar!
(Stand März 2021)

huchu-der-friseur-von-harare_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergVimbai hat den Ruf, die beste Friseurin in ganz Harare zu sein. Darauf bauend geht sie selbstbewusst ihren Weg in der von Armut und Korruption geprägten Gesellschaft Simbabwes. Der Friseursalon ist Schmelztiegel von Alltäglichem aus allen Schichten, Schwarzmarkt und Politik. Als eines Tages Dumisani, ein neuer Kollege, Chefin wie Kundinnen nicht nur mit seinem Können um den Finger wickelt, wackelt ihr Stand. Doch kann auch sie sich seinem Charme nicht lang entziehen. Als der geheimnisvolle Kollege auch noch bei ihr einzieht, überschlagen sich die Ereignisse. Als Leser ahnt man es bald: Dumisani ist homosexuell. Temporeich und mit viel Witz erzählt die jedoch ahnungslose Vimbai ihre um dieses Tabuthema kreisende Geschichte. (Jana Kühn)