Ulrike Edschmid: Das Verschwinden des Philip S.

(Suhrkamp 2013),  157 S., Tb suhrkamp 2014, € 8,00

(Stand März 2021)

edschmid-das-verschwinden-des-philip-s_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergÜber die 68er Bewegung und die RAF sind sicher schon mehrere Regalmeter verfasst worden – Romane, Biographien und Sachbücher. Dieses schmale Buch von Ulrike Edschmid sticht für Zeitzeugen und auch für jüngere Generationen aus der Menge hervor. Anrührend wie kenntnisreich erinnert sich eine Frau nach vierzig Jahren an eine ihrer wichtigsten Beziehungen, überhaupt wohl an eine der bedeutsamsten Phasen ihres Lebens. 1967 lernt sie Philip S. kennen. Schnell wird er ihr zum Vertrauten, zum Geliebten und Partner. Doch in der zunehmenden politischen Radikalisierung wird das Band zwischen beiden stetig dünner. Edschmids verdichtete Sprache zeichnet in wenigen Worten ein lebendiges Bild dieser Zeit, das in jeder Hinsicht unter die Haut geht. (Jana Kühn)

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Christopher Isherwood: Kondor und Kühe

Ein südamerikanisches Reisetagebuch. Aus dem Englischen von Matthias Müller, mit Fotografien von William Caskey, Liebeskind 2013, 361 S., € 22,-

(Stand März 2021)

28-isherwood_kondor1947 reiste  der britisch-amerikanische Schriftsteller Christopher Isherwood zusammen mit dem Fotografen William Caskey per Schiff von New York nach Venezuela, um von dort aus eine sechsmonatige Fahrt  durch Lateinamerika bis nach Buenos  Aires  zu unternehmen. Sie entdecken einen brodelnden Erdteil extremer Gegensätze, treffen auf unterschiedlichste Menschen und Lebenssituationen, auf gewaltige Natureindrücke und krasse Wetterphänomene. Offen, sensibel, aber auch kritisch registriert der überaus belesene Isherwood dies alles und nimmt seine Leser mit auf eine abenteuerliche Reise durch einen außergewöhnlichen Kontinent. Mit der erstmals deutschen Veröffentlichung (wunderbar übersetzt von Matthias Müller) ist dem Liebeskind Verlag  eine kleine Sensation gelungen. (Stefanie Hetze)

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Edmondo de Amicis: Liebe und Gymnastik

Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner, Manesse 2013
nur noch als E-book lieferbar, € 15,99
(Amore e ginnastica. Edizioni Theoria 2021, ca. € 17,-)
(Stand März 2021)

Liebe und Gymnastik von Edmondo de Amicis

Was für ein Titel! Schauplatz dieses literarischen Kleinods ist ein bürgerliches Haus im Turin des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Don Celzani, ein verklemmter ehemaliger Priesterseminarist, verliebt sich in die durchtrainierte Gymnastiklehrerin und Kämpferin für Frauensport Maria Pedani. Er, ein stotternder Hasenfuß voller erotischer Phantasien, sie, eine selbstbewusste junge Frau mit einer klaren  Mission, umgeben von einer Schar intrigierender Mitbewohner –  das kann eigentlich nicht gutgehen…
Der Manesse Verlag hat diese charmante Komödie zur Genderfrage, ursprünglich 1862 veröffentlicht, erstmals seit hundert Jahren von Barbara Kleiner in einer wunderbaren Übersetzung neu herausgebracht. Ein großes Lesevergnügen. (Stefanie Hetze)

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Alain Mabanckou: Zerbrochenes Glas

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller, Liebeskind 2013, 224 S., € 18,90

(Stand März 2021)

45-mabanckou_glasDer aus dem Kongo stammende und in Frankreich lebende Autor versetzt seinen Roman in eine florierende Bar in Brazzaville, in der die Gäste seinen Protagonisten Zerbrochenes Glas mit ihren Lebensgeschichten bestürmen, die er, vom Wirt beauftragt, nun endlich aufschreiben soll. Und die Gäste erzählen ihm und wie! Als säße man direkt daneben, werden einem die oft tragikomischen Episoden atemlos und mit viel schwarzem Humor um die Ohren geknallt. Man lauscht bestürtzt, belustigt und trotz vielen Unglücks bestens unterhalten. So greift Mabanckou die orale Erzähltradition Afrikas auf und gibt ihr in rasantem Tempo gänzlich neue Facetten. (Jana Kühn)

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Eva Menasse: Quasikristalle

Kiepenheuer & Witsch 2013, € 19,99, 432 S., TB btb 2014, € 10,-

(Stand März 2021)

menasse-quasikristalle_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDreizehn Kurzgeschichten, die Episoden aus dem Leben der unterschiedlichsten Personen erzählen. Doch in jeder Geschichte taucht auch immer wieder die gleiche Person auf: Xane Molin. Sie begegnet uns in vielen Facetten als 14-jährige beste Freundin, als für einen Mann attraktive junge Frau, als eigenwillige Mieterin, als Patientin, als nervende Stiefmutter oder als selbstsichere Chefin. Aus all diesen Blickwinkeln setzt sich nach und nach auch die Geschichte ihres Lebens zusammen. Ein immer fragmentarisch bleibendes, oft widersprüchliches Bild, das sich jedoch sowohl mit den Jahren als auch mit jeder neuen Erzählung verändert und vervollständigt. Eine faszinierende Lektüre, die uns gleichzeitig mit der Frage konfrontiert “Wer sind wir eigentlich?” Was ist maßgeblicher – wie die anderen uns sehen oder wie wir uns selbst wahrnehmen? (Syme Sigmund)

Leseprobe

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Elizabeth Taylor: Versteckspiel

Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell, Dörlemann 2013, 384 S., € 24,-. Momentan nicht lieferbar, wird aber nachgedruckt!

(Stand  April 2021)

elizabeth-taylor-versteckspiel_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergPerlen haben es in sich … In der englischen Provinz Ende der Zwanzigerjahre verliebt sich die unsichere achtzehnjährige  Harriet in den gleichaltrigen selbstbezogenen Vesey, der von einer Karriere als Schriftsteller träumt und als drittklassiger Schauspieler endet. Unter Mühen realisiert Harriet, dass sie nicht auf Vesey zählen kann und heiratet einen älteren, langweiligen Mittelschichtsmann, mit dem ein vorhersehbarer Ehealltag beginnt. Viele Jahre und eine Tochter später taucht Vesey wieder in Harriets provinziellem Leben auf und rüttelt wie ein starker Erdstoß mehr als an der gesättigten Oberfläche.
Der Rang Elizabeth Taylors (1912-1975), vom Dörlemann Verlag für den deutschsprachigen Raum entdeckt, wird in der brillanten Übersetzung Bettina Albarells mehr als offensichtlich – ein Meisterwerk englischer Erzählkunst. (Stefanie Hetze)

Zur Zeit nicht lieferbar, Neuauflage geplant.

Das merke ich vor!

Marilynne Robinson: Haus ohne Halt

Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinhardt, edition fünf 2012, 254 S., € 19,90

(Stand März 2021)

Band_13_Robinson_UMSCHLAG_120424.inddEine Kleinstadt der 50er Jahre an einem tiefschwarzen See in den Rocky Mountains und zwei Mädchen, die von ihrer Mutter bei der Großmutter zurückgelassen werden. Als auch diese stirbt, übernimmt ihre Tante Sylvie den Haushalt, eine unkonventionelle Vagabundin, unter deren Führung die Natur von außen immer mehr in das Haus vorzudringen scheint. Während Lucille sich nach Normalität sehnt, fühlt Ruth sich zu Sylvie hingezogen und versinkt immer mehr in deren Welt.
Die bei uns leider noch recht unbekannte Pulitzerpreisträgerin Robinson, die mit diesem Buch für den renomierten Man Booker International Prize 2013 nominiert ist, zeichnet hier umrahmt von eindrucksvollen Naturschilderungen das Bild einer weiblichen Huckleberry Finn, der die Wände eines Hauses zu eng sind und die für ihre individuelle Entfaltung der konventionellen Zivilisation den Rücken kehrt. Eine wahre Entdeckung, die einen sprachlich und atmosphärisch in den Bann schlägt. (Syme Sigmund)

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Michael Köhlmeier: Die Abenteuer des Joel Spazierer

Hanser 2013, € 24,90, 656 S., TB dtv 2014 € 14,90

(Stand März 2021)

koehlmeier-die-abenteuer-des-joel-spazierer_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEr ist hochintelligent, besitzt einen unwiderstehlichen Charme, das Gesicht eines Engels,ein feines Gespür für das, was die Menschen von Ihm erwarten, und – er hat keine Moral. Gut und Böse haben für ihn keine Bedeutung, Freundschaften und Vertrauen opfert er skrupellos dem eigenen Vorteil, er ist ein Hochstapler, Fälscher und Lügner. Der charismatische Andras Fülöp alias Ernst-Thälmann Koch alias Joel Spazierer erzählt sein Leben, berichtet von Betrug, Mord und Verrat – und wird dem Leser trotz allem nicht unsympathisch. Ein an Fabulierlust überbordendes Buch, das von Ungarn über Wien und Ostberlin bis nach Russland und Mexiko führt und den Leser trotz seiner Länge mit Lust auf mehr zurücklässt. (Syme Sigmund)

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Nigel Slater: Tender – Gemüse. Von der Aubergine bis zur Zwiebel

Fotografien von Jonathan Lovekin, aus dem Englischen von Sophia Blind, Alexandra Grabec, Kerstin Grabner, Angelika Thill, Dumont Buchverlag 2012, 624 S., € 39,95

(Stand März 2021)

65-slater_gemueseAus der Fülle besonderer, schön gestalteter Kochbücher ragt Tender – Gemüse des englischen Starkochs Nigel Slater absolut heraus. Slater baut in seinem kleinen Garten selbst Gemüse an und erzählt hier von seinen Erfahrungen, die einem beim Kaufen und Auswählen von Gemüse sehr zugutekommen. Mit ansteckender Leidenschaft und außerordentlicher  Kenntnis stellt er viele Gemüsesorten von Auberginen bis Zwiebeln vor, beschreibt ihre Besonderheiten, den Anbau, ihre Verwendung in der Küche, was dazu passt, und dann kommen die wunderbaren leicht nachzukochenden Rezepte, für die man auch nicht viele Zutaten braucht. Unsere neue Bibel zum Kochen für jeden Tag und natürlich für besondere Anlässe. (Stefanie Hetze)

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John Lanchester: Kapital

Aus dem Englischen von Dorothee Merkel,   Klett-Cotta 2014, € 25,-, 800 S., TB Heyne 2014, € 11,99

(Stand März 2021)

lanchester-kapital_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDicke Romane haben es mitunter nicht leicht. John Lanchester aber hat in diesem klugen und unterhaltsamen Buch ein vielschichtiges Gesellschaftspanorama entworfen, das den Leser leichtfüßig von der ersten bis zur letzten Seite gefangen nimmt. Der Autor führt uns in den Mikrokosmos einer Reihenhaussiedlung der Londoner Pepys Road zur Zeit der Finanzkrise 2007/2008 ein. Dort hat sich der klassische Wandel der Gentrifizierung vollzogen: Die Immobilienpreise sind exorbitant gestiegen, die Bewohner sind reich, oder wären es, wenn sie ihr Haus verkauften. Die sehr unterschiedlichen Charaktere – da sind der Citybanker mit konsumsüchtiger Frau, der frisch in London angekommene 17-jährige Fußballstar aus dem Senegal, die sterbende Witwe, der pakistanische Kioskbetreiber, oder die Dienstleister wie das ungarische Kindermädchen und der polnische Handwerker – werden ereignisreich vom Leben und von der Krise geschüttelt. Neben ihren spezifischen Sorgen geht es um Geld, Ambition, Status, Lieben und Sterben. Und die Bewohner eint ein Problem: Sie werden von mysteriöser Post mit beunruhigender Botschaft belästigt: „Wir wollen das was ihr habt“. Aber es ist nicht dieses Spannungsmittel, sondern die stringente Eleganz und Empathie, mit der es Lanchester gelingt, den Leser für jedes Einzelschicksal seiner Figuren einzunehmen. (Franziska Kramer)

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