Tom Cooper: Das zerstörte Leben des Wes Trench

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Torberg, Ullstein 2016, 384 S.
Dieses Buch ist leider vergriffen.
(Stand März 2022)

cooper-das-zerstoerte-leben-des-wes-trench-danteperle-dante-connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDas Leben im Bayou-Country war noch nie einfach. Harte Arbeit als Shrimpsfischer sorgte im Süden Louisianas seit Generationen für das täglich Brot der meisten Familien.  Doch dann fegte Katrina übers Land, und das Wenige, das der Hurrikan unzerstört zurückließ, erstickte das Unglück der Bohrstation Deepwater Horizon in schwarzem Ölschlick. In diesem konfliktgeladenen, schwül-heißen Setting ruft Tom Cooper einen Männerreigen auf, der es in sich hat. In rasanten Kapiteln erzählt er abwechselnd vom widrigen Alltag verzweifelter Fischer, rastloser Schatzsucher, fieser Marihuanagärtner (… das beste Gras des Südens!) und gewiefter Versicherungsmakler. Die Shrimps im verseuchten Wasser werden immer weniger und die Versicherung lockt – ausgesprochen glaubwürdig  – mit richtig miesen Prämien. Bei allem Verdruss sprüht der Roman jedoch vor absurder Komik und schreit geradezu nach einer Verfilmung der Cohen Brüder – aber lesen Sie es doch einfach: Schräg, spannend, lehrreich und lustig – also beste Ferienlektüre! (Jana Kühn) Leseprobe

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Declan Burke: The Big O

Aus dem irischen Englisch übersetzt von Robert Brack, Edition Nautilus 2016, € 18,00
(Stand April 2021)

pbThe Big O ist das Ende des Pistolenlaufs einer 44er Magnum. Rossis 44er und die will er zurück von seiner Ex Karen, genauso wie seine Ducati. Beide hat sie verwahrt, wärend Rossi die letzten fünf Jahre im Knast saß. Nun ja, benutzt hat sie sie schon auch – bei gelegentlichen Raubüberfällen. Bei einem Coup lernt sie Ray kennen, der ebenfalls einen kriminellen Nebenverdienst betreibt. Sein nächster Auftrag ist die Entführung der Ex-Frau des finanziell fast ruinierten Schönheitschirurgen Frank. Lösegeldsumme: 500.000 Dollar. Das könnte sein Rettung sein. Die Ex-Frau Madge ist allerdings Karens beste Freundin, und Karens offizieller Arbeitsplatz befindet sich im Vorzimmer von Franks Praxis. Alles klar? Irgendwann in diesem fulminanten Kriminalroman sagt Ray zu Karen, dass das jetzt alles schon ziemlich unwahrscheinlich ist … o ja! Aber es macht fantastischen Spaß, denn alle wollen die 500 Riesen und mit welchen Winkelzügen, wahnwitzigen Wendungen und erzählerischen Kniffen Burke seine Protagonisten auf die Jagd schickt, ist großes Kino – oder eben Screwball Noir! (Jana Kühn)  Leseprobe

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Luna Al-Mousli: Eine Träne. Ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus

Deutsch-Arabisch. Mit Illustrationen der Autorin. Erweiterte Sonderausgabe Weissbooks 2016,128 S., € 14,-
(Stand April 2021)

Bis zu ihrem 14. Lebensjahr hat Luna Al-Mousli in einer liberalen bürgerlichen Großfamilie in Damaskus gelebt. Das quirlige Familienleben, der Pool im jasminduftenden Garten, die Soldaten vor der nahegelegenen amerikanischen Botschaft und der strenge Schulalltag bildeten ihre Koordinaten. In vierundvierzig Prosaminiaturen wird ein ganzer Kosmos eines Kindheitslebens aufgetan. Neben unbeschwerten Erinnerungen an wichtige Momente und Rituale erzählt Al-Mousli von Einschüchterung und Unterdrückung. Mit wenigen Worten erzeugt sie Bilder von einem Leben in Damaskus, das es nicht mehr gibt. Die zweite Komponente des Buches sind  verblichen wirkende Ausschnitte von Familienfotos, die das Fragmentarische von Erinnerungen thematisieren. “Eine Träne. Ein Lächeln” ist ganz besonders gestaltet: handschmeichlerisch klein, die rotunterlegten Doppelseiten lassen sich herausziehen, dazu die arabische Version. Ein Kleinod, das das, was in Syrien verlorengegangen ist, sehr persönlich macht. (Stefanie Hetze)

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Roger Deakin: Logbuch eines Schwimmers

Aus dem Englischen von Andreas Jandl und Frank Sievers, Matthes & Seitz 2015, 387 S., € 38,-
(Stand April 2021)

24_deakin_logbuchDie Entscheidung, Großbritannien, sein Heimatland, schwimmend zu erkunden und vom Wasser aus neu zu vermessen, erzeugt beim Autor Roger Deakin große Gefühlswellen. Tatsächlich realisiert er sein Vorhaben und durchschwimmt eiskalte englische Flüsse, Gräben, Tümpel, Meeresbuchten, Wildwasser, Küstenstreifen, Quellen und begegnet dabei nicht nur Fischen aller Art, Ottern, Teichhühnern, Anglern, Müll und vielem vielem Mehr. Mit seinem “Logbuch” toppt er jedwede skurrilen britischen Reiseberichte und plädiert nebenbei für die Freigabe von Gewässern.

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Esther Kinsky, Martin Chalmers: Karadag Oktober 13

Aufzeichnungen von der kalten Krim. Matthes & Seitz 2015, 220 S., 19,90 €

(Stand März 2021)

26_kinsky_karadagEsther Kinsky und ihr Lebensgefährte Martin Chalmers begeben sich im Oktober 2013 auf die Krim, um ihr erstes gemeinsames Buchprojekt zu realisieren. Das Wetter auf der Halbinsel zwischen Europa und Asien, zwischen Sehnsuchtsort und krasser Realität, ist winterlich kalt. Die Landschaft und die Orte sind eher abweisend, halbwilde Pferde, Hunden und Katzen prägen das Bild. Viele Bücher und Filme über die Krim kennen sie, mit im Gepäck haben sie einen Bericht des Engländers Laurence Oliphant aus dem Jahre 1852. Kinsky und Chalmers notieren beide ihre Beobachtungen und Erlebnisse, die aus den gleichen Situationen herrühren, beide beschreiben sie sie auf ihre eigene Art, was einen ungeheuren Reiz ausmacht. Hinzu kommt immer wieder die Stimme Laurence Oliphants. Leider ist dieses Buch das Vermächtnis  Martin Chalmers. Esther Kinsky hat nach dessen Tod seine Textfragmente zusammengestellt und sie mit ihren eigenen kombiniert und ein besonderes Buch zweier Reisender über ein besonderes Stück Welt geschaffen! (Stefanie Hetze)

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Frauen und Kleider. Was wir tragen, was wir sind

Hrsg. von Leanne Shapton, Sheila Heti & Heidi Julavits. Aus dem Amerikanischen von Sophie Zeits & Britt Somann. Fischer 2015
Dieses Buch ist leider vergriffen!
(Stand April 2021)

33_frauen_und_kleiderEin Füllhorn: Hunderte Frauen, Künstlerinnen, Unbekannte, Prominente, Junge und Ältere, Weisse, Schwarze… äussern sich über das, was sie tragen, wie sie sich sehen und was sie mit ihrer Kleidung verbinden. Fragebögen, Foto- und Textcollagen, Gespräche, Selbstauskünfte sowie Abbildungen von Kleider-, Socken-, Brillen…sammlungen wechseln einander ab und ergeben ein vielstimmiges anregendes Bild. Es macht großen Spaß, in diesem Schatz zu stöbern!

 

Buon Natale. Choreografien der Neapolitanischen Weihnacht

Hrsg. von Christoph Kürzeder. Sieveking Verlag 2015
Dieses Buch ist leider vergriffen!
(Stand März 2021)

34_buon_nataleIn diesem prachtvollen Buch wird die barocke Tradition der neapolitanischen Krippenkultur mit einer Vielzahl von Fotografien gefeiert. Autoren wie Erri de Luca und der renommierte Neapelkenner Dieter Richter beleuchten die vielen Facetten neapolitanischer Weihnachtsbräuche. Im Gegensatz zu den nördlichen “Alberisti”, die sich um den Tannenbaum scharen,  inszenieren am Vesuv die “Presepisti” Weihnachten mit einem opulenten und innigen Figurentheater. Berührend schön.

 

Silvia Bovenschen: Sarahs Gesetz

S. Fischer 2015, TB 2018, 256 S., € 10,-
(Stand April 2021)

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Seit vier Jahrzehnten leben die Malerin Sarah Schumann und die Autorin und Literaturwissenschaftlerin Silvia Bovenschen in enger Verbundenheit, lange in räumlicher Distanz, seit die dreizehn Jahre  ältere Sarah Schumann einen Neuanfang in einer neuen gemeinsamen Wohnung anregte, zusammen in Berlin. Sarah Schumann kümmert sich um den Haushalt, ihr Gesetz gilt, ist jedoch nicht wirklich unumstößlich. Versprochen haben die beiden einander nichts, ihre Liebe ist von Respekt und Zwiesprache geprägt. Bovenschen porträtiert ihre eher wortkarge Freundin in ganz unterschiedlichen Miniaturen, befragt sie aus Anlaß des Buches, schreibt von sich selbst, von Schumanns Bildern, von den ungleichen Herkunftsfamilien, der extremen Kindheit der Älteren (Krieg, Flucht), von ihren Arbeiten und vor allem, wie sie einander begegnen. Dabei wahrt sie Diskretion, ist humorvoll und verknüpft das Porträt ihrer Freundin mit eigenen Erinnerungen und Erfahrungen. So entsteht ein berührendes Ensemble, das Einblick in die Vielfalt des Austauschs der beiden Frauen und ihrer Gedankenwelten gibt, aber auch das intellektuelle Klima vieler Jahre Bundesrepublik spiegelt. (Stefanie Hetze)

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Andor Endre Gélleri: Die Grosswäscherei

Aus dem Ungarischen von Timea Tankó.Mit einem Nachwort von Timea Tankó. Guggolz Verlag 2015 240 S., € 22,-

(Stand März 2021)

13_gelleri-die-grosswaescherei-danteperle-buchhandlung-dante-connection-berlinSchauplatz dieses Romans ist die Budapester Großwäscherei Phönix. Hier schuften jede Menge Menschen tagaus tagein inmitten von Dämpfen, Chemikalien und kochendem heißem Wasser. Sie heizen, färben, waschen, bügeln was das Zeug hält und entfernen mit hohem physischem Einsatz all die dreckigen Hinterlassenschaften der wohlhabenderen Gesellschaft. „Gedankt“ wird ihnen mit Hungerlöhnen und prekären Arbeitsverhältnissen. Kein Wunder tun sie es ihrem Arbeitgeber, dem Wäschereibesitzer Taube, selbst ein Aufsteiger, nach und tricksen einander nach Leibeskräften aus. Was jetzt wie ein Sozialdrama aus der Arbeitswelt klingt, erhält durch die bildmächtige kraftvolle Sprache Gelléris, der tief in die Gefühlswelten und Ängste seiner Protagonisten eindringt, einen ungeheuren Sog, sozusagen einen literarischen Schleudergang, rasant übersetzt von Timea Tankó. Andor Endre Gelléri veröffentlichte „Die Großwäscherei“ 1931 im Alter von nur 24 Jahren. Ein Trüffelfund des Guggolz-Verlags. (Stefanie Hetze)

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Shumona Sinha: Erschlagt die Armen!

Aus dem Französischen von Lena Müller, Edition Edition Nautilus 2015, 127 S. € 18,–, TB dtv 2019, € 10,90
(Stand April 2021)

11_sinha_arme_buchhandlung_dante_connection_danteperle Es ist ein Moment außer Kontrolle, als eine junge Frau einem Mann in der U-Bahn eine Flasche über den Kopf zieht. Darüberhinaus brisant ist das Szenario, da der Mann ein dunkelhäutiger Asylbewerber ist und sie, ebenso dunkelhäutig, als Übersetzerin in einer Asylbehörde arbeitet. Im Kommissariat muss sie sich erklären und anhand dieser Verhöre erzählt Sinha vom zermürbenden Alltag in der Asylbehörde, wo immer wieder Elend als offiziell unzureichend bewertet wird und Lebensgeschichten deshalb mittels Lügen zu glaubwürdigen, politisch begründeten Fluchten werden müssen … sollen. Tun sie aber nicht. Und so gerät die junge Übersetzerin zwischen die Fronten und reibt sich auf: an den Ansprüchen an sie auf moralische Unterstützung und Forderungen nach falschen Übersetzungen auf der einen Seite, an den grundsätzlichen Unterstellungen falscher Übersetzungen auf der anderen. Sinha hat selbst in Frankreich als Übersetzerin in einer Asylbehörde gearbeitet. Nach Erscheinen von Erschlagt die Armen! wurde sie dort entlassen. Sie weiß, wovon sie schreibt und sie findet wunderbare, ja poetische Sprachbilder dafür. Ein Roman, der die Unzulänglichkeiten eines unmenschlichen Systems vor Augen führt und sehr wütend macht! (Jana Kühn) Leseprobe

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