Malla Nunn: Tal des Schweigens

Aus dem australischen Englisch von Laudan & Szelinski. Argument Verlag 2015, 256 S., € 13,-
(Stand April 2021)

31_nunn_tal-des-schweigensSüdafrika 1953, Emmanuel Cooper, der mit der Geliebten seines Chefs im Bett liegt, wird nachts zu einem unerquicklichen Einsatz beordert. Fernab der Stadt wurde ein schönes Zulumädchen, Tochter des mächtigen ansässigen Chiefs, im Gebirge nur mit langem Fußmarsch erreichbar, blumenbeschmückt und auf einer kostbaren Decke liegend, ermordet aufgefunden. Rätsel über Rätsel tun sich in diesem “Tal des Schweigens” auf. Die Zuluclans samt ihren Kriegern, die weißen Farmer, die sich als Afrikaaner und Buren befeinden, die Ärztin, die örtliche Polizei, sie alle mauern und sind Teil des starren absurden Apartheitssystems. Selbst Cooper, Repräsentant der mächtigen weißen Polizei, aber auch nicht “reinrassig”, und sein Assistent Shabalala, ein Zulu im Maßanzug, die sich bestens verstehen, müssen jede ihrer Handlungen an den schizophrenen Regeln des Regimes austarieren. Direkt nachvollziehbar zu machen, wie sich die Apartheit auf die minimalsten menschlichen Beziehungen auswirkte, ist neben dem sehr spannenden Plot Malla Nunns großer Verdienst. (Stefanie Hetze)

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Ayelet Gundar-Goshen: Löwen wecken

Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. (KEIN & ABER 2015) 432 S.,  Kein & Aber TB  € 14,-

(Stand März 2021)

Etan ist ein idealistischer Neurochirurg. Liat ist eine ambitionierte Polizistin. Die beiden sind verheiratet und haben zwei Kinder. Als Etan einen Korruptionsfall im Krankenhaus zur Anzeige bringen will, erhält er keine Rückendeckung und wird von Tel Aviv nach Beer Scheva, in die Wüste, versetzt. Während Liat sich gut einlebt, ist Etan nach dem Vorgefallenen labil. Eines Abends nutzt er seinen Jeep zum ersten Mal spontan für eine Wüstentour und überfährt dabei einen afrikanischen Immigranten. Etan erkennt, dass der Mann an seinen Verletzungen sterben wird und begeht Fahrerflucht. Doch er hat etwas am Tatort vergessen, und so steht am nächsten Tag die Frau des Toten vor ihm und erpresst ihn. Doch es geht ihr nicht um Geld, sondern um ärztliche Hilfe für illegale Einwanderer und aus dem Zwang wird nach und nach ein Doppelleben, das Etans Ehe und viele andere Gewissheiten ins Wanken bringt, nicht zuletzt, da seine Frau den Fahrerflucht-Fall zugeteilt bekommt. Die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen hat ein faszinierendes, spannendes und vielschichtiges Buch mit überzeugenden Figuren geschrieben, das uns ganz nah heranführt an moralische Dilemmas und Abgründe, für die es keine einfachen Lösungen geben kann. (Judith Krieg) Leseprobe

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Davide Longo: Der Fall Bramard

Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner, Rowohlt 2015, 320 S., Rowohlt TB € 10,99
(Il caso Bramard, Einaudi 2021, ca. € 18,50)
(Stand April 2021)

U1_978-3-498-03938-7.inddEinst war Corso Bramard der jüngste Kommissar Italiens, erfolgreich und talentiert. Doch dann wurde seine Frau von dem von ihm verfolgten Serienkiller ermordet und seine Tochter verschwand spurlos. Seither lebt er zurückgezogen in einem Bergdorf des Piemont, arbeitet als Lehrer und besteigt nachts die Berge. Doch der Mörder von damals schreibt ihm nun, dreißig Jahre später, Briefe mit Liedzeilen Leonard Cohens. Als einer der Briefe auch noch ein Haar des allerersten Opfers enthält, ist Bramard gezwungen, sich erneut auf die Spuren des Killers zu begeben – und sich den Dämonen in seinem eigenen Inneren zu stellen. Hochspannend und intelligent geschrieben zieht der Roman den Leser von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann. (Syme Sigmund)

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Wu Ming: 54

Aus dem Italienischen von Klaus-Peter Arnold, Assoziation A 2015, 526 S.
Zur Zeit nicht lieferbar, Taschenbuch in Vorbereitung, erscheint laut Verlag am 1.8.2021, € 19,80
(54, Einaudi 2014, ca. € 21,-)
(Stand März 2021)

_Titel_End.inddWu Ming ist ein italienisches Autorenkollektiv und steht für »ohne Namen« oder auch »fünf Namen« – je nachdem, wie man die erste Silbe ausspricht – zugleich eine Hommage an chinesische Dissidenten, die diesen Namen häufig benutzen. Die wohl fünf Autoren widmen sich mit Vorliebe der Geschichte, was nicht heißt, dass sie genauestens die Frage »Wie war etwas?« verfolgen. »Was wäre gewesen, wenn …?« trifft es schon viel eher – so auch im Jahr 1954. Der Kalte Krieg bestimmt das politische Weltklima. Osten wie Westen schicken ihre Geheimdienste ins Rennen – die Gunst Titos bzw. Jugoslawiens sollen ideologisch gewonnen werden. Für den MI6 ist  kein anderer als Cary Grant der Mann der Stunde, doch der KGB hat davon längst Wind bekommen. Die Jagd beginnt und der Leser rast mit in diesem herrlich temporeichen und absurden Lesevergnügen  zwischen Hollywood und Moskau, zwischen Bologna, Triest und Neapel.  Wu Ming sind in Italien zurecht längst Kult und nun endlich auch in deutscher Übersetzung! (Jana Kühn)

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Ahmed Mourad: Diamantenstaub

Thriller aus Ägypten, aus dem Arabischen von Christine Batterman, Lenos 2014, 407 S., € 24,80, Lenos TB € 14,90

(Stand März 2021)

mourad_diamantenstaub_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDer Pharmavertreter Taha lebt zusammen mit seinem Vater in einer bescheidenen Kairoer Wohnung. Vom Fenster aus beobachtet der gehbehinderte Vater das Viertel und sieht dabei so einige Dinge, die nicht für aller Augen bestimmt sind. Als er schließlich in der gemeinsamen Wohnung erschlagen wird, ahnt sein Sohn, dass Geschehnisse von gegenüber dabei eine Rolle gespielt haben. Doch die Polizei weigert sich, Tahas Hinweisen dazu nachzugehen. Es wird offensichtlich geblockt, um lokale Machtinteressen zu wahren. Eine Hand wäscht die andere. Als Taha schließlich das Tagebuch seines Vateres findet, verhärten sich die Vermutungen, doch auch sein Vater hatte offensichtlich keine rein weiße Weste. Ein hochspannender, politischer Krimi und ein Gesellschaftsporträt des von Korruption und Machtschiebereien zerfressenen Ägyptens vor dem arabischen Frühling! (Jana Kühn)

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Liza Cody: Lady Bag

Aus dem Englischen von Laudan & Szelinski, Argument Verlag – Ariadne Kriminalroman 2014, 300 S., € 17,-

(Stand März 2021)

cody_ladybag_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergDie namenlose Baglady zieht mit ihrer  Windhündin Elektra durch die Straßen Londons. Ignoranz und dumme Sprüche gehören zur demütigenden Tagesordnung und sind dabei noch die harmlosen Varianten. Immerhin, ab und zu klimpert es ein paar Münzen – für den Hund wohlgemerkt! Doch mit einem ordentlichen Pegel vom algerischen Roten und eben Elektra, die sowieso alles am besten versteht, lässt sich dieses Leben auf der Straße doch ganz ruhig ertragen. Bis sie eines Tages genau dort ihrem ganz persönlichen Dämon (wieder)begegnet. Wie vom Blitz getroffen, will sie der neuen Frau an Satans Seite einen Rat zur Lebensrettung geben. Doch von da an überschlagen sich die Ereignisse. Screwball und Sozialdrama in einem, weit weniger ein Kriminalroman, aber in jedem Fall ist “Lady Bag” eine rasante und rabenschwarze Lektüre, die einen buchstäblich mitnimmt. Mindestens einer Baglady ist sicher jeder schon begegnet – hier in der Oranienstraße wohl eher mehrmals täglich. Liza Cody gibt ihrer Baglady zwar keinen Namen, doch ein Gesicht und eine Geschichte, die aufrüttelt und die man so schnell nicht vergessen wird. (Jana Kühn)

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Juan Gabriel Vásquez: Das Geräusch der Dinge beim Fallen

Aus dem Spanischen von Susanne Lange. (Schöffling Verlag 2014), 296 S., Fischer TB 11,-

(Stand März 2021)

das-geraeusch-der-dinge-beim-fallen_dante_connection_danteperleKolumbien 2009, der Jura-Professor Antonio stolpert über eine Zeitungs-Notiz, die vom verwaisten Zoo des ehemaligen Drogenbarons Pablo Escobar erzählt. Die Lektüre ruft einen Sog der Erinnerung wach, an seine Billard-Bekanntschaft mit Ricardo Laverde, an einen gemeinsamen Spaziergang in Bogotá, auf dem Laverde ermordet und der Erzähler selbst schwer verwundet wird. Erinnerung an seine Suche nach den Puzzlestücken der Vergangenheit, die ihn unter anderem zu abgestürzten Flugzeugen und zurück in die von Gewalt geprägten 80er und 90er Jahren führt, ihn aber auch auf eine Liebesgeschichte zwischen einer Amerikanerin und einem Kolumbianer stoßen lässt und auf Laverdes Tochter Maya. Nach und nach erschließen sich die Zusammenhänge, zugleich erkennt Antonio, wie sehr das Leben von Dingen bestimmt wird, die wir selbst nicht in der Hand haben. Ein sehr intensives Buch, spannend und nachdenklich zugleich, das eine bestimmte Zeit und Gesellschaft mit den persönlichsten Fragen verknüpft, mit einer starken Erzählstimme und Bildern, die immer wieder überraschen und uns einen neuen Blick auf die Dinge werfen lassen, die uns jeden Tag umgeben. (Judith Krieg)

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Leonardo Padura: Ketzer

Aus dem Spanischen von Hans-Joachim Hartstein, TB Unionsverlag 2015, 656 S., € 16,95

(Stand März 2021)

00_Padura_Ketzer.inddIn einem Londoner Auktionshaus steht die Versteigerung eines Gemäldes Rembrandts an. Der US-Amerikaner Elias Kaminsky erkennt in dem Bild die geheimnisumwobene und in Kuba verloren geglaubte Reliquie seiner jüdisch-polnischen Familie wieder. So viel zur Ausgangssituation, womit drei wichtige Themen dieses Prachtschmökers genannt sind: Kuba, Kunst und Glaubensfragen. Padura mäandert durch Zeit und Raum, springt vom 17. ins 21. Jahrhundert, von Amsterdam, Krakau und Berlin nach Havanna und zurück. Dabei gelingt ihm das Paradestück eines Historien- und Künstlerromans über das goldene Zeitalter der Niederlande und den Maler Rembrandt verknüpft mit eindrücklichen Einblicken in die kubanische Geschichte im 20. Jahrhundert bis in das heutige, von der Revolution ausgelaugte Land und – die dramatische Geschichte einer jüdischen Familie, die noch 1939 versucht aus Deutschland zu fliehen und deren Hoffnung zu überleben an eben jenes Gemälde geknüpft ist. So viel auf einmal – das geht nun wirklich nicht? O doch, und wie! (Jana Kühn)

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Mukoma wa Ngugi: Nairobi Heat

Aus dem amerikanischen Englisch von Rainer Nitsche. Transit 2014, nur noch als E-Book bestellbar, € 17,99

(Stand März 2021)

Umschlag_Nairobi_heat.inddEin überraschendes Wechselspiel zwischen den USA und Afrika, zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Gut und Böse  ist in einem rasanten neuen Krimi zu entdecken: In einer amerikanischen Provinzstadt wird eine junge blonde Weiße tot auf den Stufen eines Hauses gefunden. Tatverdächtig ist ein kenianischer  schwarzer Professor, ein Held im Kampf gegen den Völkermord in Ruanda und Aushängeschild für eine Menschenrechtsstiftung. Ermittler ist der Afroamerikaner Ishmael, der schnell erkennt, dass er mit der Lösung des Falls nur in Nairobi weiterkommt. Ishmael, der noch nie im Land seiner Vorfahren gewesen war und in Nairobi als  Amerikaner als reicher weißer Mann gilt, dringt zusammen mit seinem kenianischen Kollegen tief ein in ein schmutziges Geflecht aus Gewalt, Intrigen und Korruption. Er entdeckt die kriminellen Machenschaften hinter der Hilfsorganisation, die  einträglich vom schlechten Gewissen der Welt lebt, hört dort aber bei weitem nicht auf zu ermitteln. Was Nairobi Heat so außerordentlich  macht, ist, wie Mukoma wa Ngugi immer wieder gesellschaftliche und moralische Gewissheiten umstößt und trotz aller Gewalt und allen Elends einen Eindruck von Lebendigkeit  hinterlässt, der Lust macht auf mehr spannende Literatur aus dem urbanen Afrika.  Hoffentlich wird die Fortsetzung Black Star Nairobi bald in Deutschland erhältlich sein! (Stefanie Hetze) Zur Leseprobe

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Daniel Woodrell: In Almas Augen

Aus dem Englischen von Peter Torberg, Liebeskind 2014, 192 S., € 16,90

(Stand März 2021)

40-woodrell_almasaugen“Wenn ich alles auspacke, was ich über die Explosion in der Arbor Dance Hall weiß, dann gibt es Lynchmorde von hier bis St.Louis.”, sagt Sheriff Adderly. Und nicht nur er schweigt lieber zur Tragödie des Sommers 1929, bei der 42 Menschen zu Tode kommen, viele schwer verletzt werden und ein ganzer Ort in stumme Trauer fällt. Wie zäher Nebel hängt das Schweigen über der kleinen Stadt. Nur Alma hört nicht auf unbequeme Fragen zu stellen. Sie hat ihre Schwester in den Flammen verloren und sucht jahrzehntelang nach den Schuldigen –  macht sich unbeliebt, verliert ihre Arbeit, ihre Söhne, wird eingewiesen und ausgegrenzt. Ihrem Enkel wird sie schließlich berichten, was sie weiß. Stück für Stück nur, aus vielen Perspektiven und mit jeder Seite fesselnder eröffnet Woodrell den Blick auf die wahren Geschehnisse. Dabei erzählt er in vielen kleinen, fast skizzenhaften Episoden ein großes amerikanisches Kleinstadtpanorama im Wandel des letzten Jahrhunderts. (Jana Kühn). Leseprobe

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