Saphia Azzeddine: Bilqiss

Aus dem Französischen von Birgit Leib, Wagenbach 2016, 176 S., TB 2017, € 10,90
(Stand April 2021)

azzedine_bilqiss_danteperle_danteconnection Der jungen Witwe Bilqiss wird der Prozess gemacht. Nach dem Tod ihres Mannes war die alleinstehende junge Witwe schon lange ein Dorn im Auge der Dorfbevölkerung, doch nachdem sie statt des sturzbetrunkenen Muezzins zum Morgengebet ruft, trifft sie deren Hass mit voller Kraft. Statt um Gnade zu flehen, kontert die blitzgescheite und koran-feste Bilqiss jedoch ohne Anwalt und mit viel Biss den immer absurderen Vorwürfen, die angeblich allesamt auf der heiligen Schrift beruhen. Der wütende Mob fordert ihre Steinigung. Doch das Urteil zieht sich hin, denn der verhandelnde Richter kann sich Bilqiss‘ kluger Schlagfertigkeit kaum mehr entziehen. Derweil übertragen Smartphones den Prozessverlauf in die weite Welt, woraufhin eine junge Journalistin aus den USA anreist, um von DER Geschichte zu berichten. So ist der sehr lesenswerte Roman bei weitem nicht nur Islam-Kritik, sondern hält ebenso westlicher Arroganz den Spiegel vor. (Jana Kühn)

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Saphia Azzeddine: Mein Vater ist Putzfrau

Aus dem Französischen von Birgit Leib. Verlag Klaus Wagenbach 2015, 128 S., Wagenbach TB, € 9,90

(Stand März 2021)

Paul, genannt Polo, lebt in prekären Verhältnissen in einer Pariser Vorstadt. Die Mehrheit seiner Mitschüler stammt aus arabischen, afrikanischen und Romafamilien, er aber aus einer weißen, die in den Ferien nirgendwohin fährt, nicht einmal in ein Heimatland. Er bleibt immer zurück, schämt sich als klein, hässlich und ungeliebt. Nachts muss er seinem Vater bei dessen Putzjobs helfen und lernt beim Abstauben die unterschiedlichsten Milieus kennen. Am Liebsten arbeitet er in der Bibliothek, in der er seine Liebe zu Wörtern und Büchern entdeckt. Während sein Vater Demütigungen bei der Arbeit mit zotigen Witzen wegsteckt und die Welt in einfachen Schablonen erklärt, reagiert Polo auf Ausgrenzung und Liebeskummer mit literarischen Anspielungen und schrägen Witzen, über die kaum jemand lacht. Es macht großen Spaß, seine Entwicklung zu verfolgen, da Saphia Azzeddine ihm sprachvirtuos eine große Bandbreite zwischen Jungsphantasien und Identifikation mit Romanfiguren verleiht. Und ganz nebenbei erfährt man eine Menge  über Jugendliche in den berüchtigten Banlieus. (Stefanie Hetze)

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