Ahmadou Kourouma: Monnè. Schmach und Ärger

Übersetzung aus dem Französischen von Vera Gärttling, Diaphanes 2013, 332 S., € 22,95

(Stand März 2021)

43-kourouma_monneDie koloniale Plünderung als kollektives Trauma ist ein zentrales Motiv afrikanischer Literatur. Diesem Thema ist auch der Roman »Monnè. Schmach und Ärger«, der in diesem Frühjahr erstmalig in deutscher Übersetzung erschienen ist, gewidmet. Der ivorische Autor Ahmadou Kourouma (1927 – 2003) beschreibt darin die Kolonialgeschichte mit viel Ironie und ebenso kritischer Schärfe, wobei er so manches Vorurteil auf den Kopf stellt. Kourouma deutet die Geschichte grotesk um und vermittelt dennoch viel Wissen über dieselbe und die große Demütigung der Bevölkerung. Entstanden ist eine bitterböse, in seiner Sprache überaus vergnügliche und sehr lesenswerte Satire auf die französische Eroberung des afrikanischen Kontinents. (Jana Kühn) Leseprobe Kourouma

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Ulrike Edschmid: Das Verschwinden des Philip S.

(Suhrkamp 2013),  157 S., Tb suhrkamp 2014, € 8,00

(Stand März 2021)

edschmid-das-verschwinden-des-philip-s_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergÜber die 68er Bewegung und die RAF sind sicher schon mehrere Regalmeter verfasst worden – Romane, Biographien und Sachbücher. Dieses schmale Buch von Ulrike Edschmid sticht für Zeitzeugen und auch für jüngere Generationen aus der Menge hervor. Anrührend wie kenntnisreich erinnert sich eine Frau nach vierzig Jahren an eine ihrer wichtigsten Beziehungen, überhaupt wohl an eine der bedeutsamsten Phasen ihres Lebens. 1967 lernt sie Philip S. kennen. Schnell wird er ihr zum Vertrauten, zum Geliebten und Partner. Doch in der zunehmenden politischen Radikalisierung wird das Band zwischen beiden stetig dünner. Edschmids verdichtete Sprache zeichnet in wenigen Worten ein lebendiges Bild dieser Zeit, das in jeder Hinsicht unter die Haut geht. (Jana Kühn)

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Christopher Isherwood: Kondor und Kühe

Ein südamerikanisches Reisetagebuch. Aus dem Englischen von Matthias Müller, mit Fotografien von William Caskey, Liebeskind 2013, 361 S., € 22,-

(Stand März 2021)

28-isherwood_kondor1947 reiste  der britisch-amerikanische Schriftsteller Christopher Isherwood zusammen mit dem Fotografen William Caskey per Schiff von New York nach Venezuela, um von dort aus eine sechsmonatige Fahrt  durch Lateinamerika bis nach Buenos  Aires  zu unternehmen. Sie entdecken einen brodelnden Erdteil extremer Gegensätze, treffen auf unterschiedlichste Menschen und Lebenssituationen, auf gewaltige Natureindrücke und krasse Wetterphänomene. Offen, sensibel, aber auch kritisch registriert der überaus belesene Isherwood dies alles und nimmt seine Leser mit auf eine abenteuerliche Reise durch einen außergewöhnlichen Kontinent. Mit der erstmals deutschen Veröffentlichung (wunderbar übersetzt von Matthias Müller) ist dem Liebeskind Verlag  eine kleine Sensation gelungen. (Stefanie Hetze)

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Martha Gellhorn: Das Gesicht des Krieges

Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Möhring, Dörlemann  2012, 567 S., € 25,-

(Stand März 2021)

GellhornGesicht-US-1.inddReportagen von den Kriegsschauplätzen des 20. Jahrhunderts – vom Spanischen Bürgerkrieg über den Zweiten Weltkrieg bis zu den Kriegen in Vietnam und Nicaragua. Immer in nächster Nähe des Geschehens richtet Gellhorn ihr Augenmerk vor allem auf die Unmenschlichkeit des Krieges und die Leiden der Zivilbevölkerung und hält ihre radikal subjektiven, doch auf besten Informationen fußenden Eindrücke in einer nüchternen, mit klugem Witz getränkten, gut lesbaren Sprache fest.

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Alice Pung: Ungeschliffener Diamant

Aus dem Englischen von Marieke Heimburger, edition fünf 2012, 328 S., € 19,90

(Stand März 2021)

Band_11_Pung_UMSCHLAG_120426.inddAlice wird in der neuen Heimat ihrer kambodschanisch-chinesischen Flüchtlingsfamilie geboren: Australien. Genau dieses Land wurde von der Familie ausgewählt, weil es dort im Gegensatz zu Kanada nicht schneien soll – wie der Vater gehört hatte. Sie kommen nur mit der Ahnung, dass es vom Schnee einmal abgesehen, hier fast alles zu geben scheint. Vieles, das die traditionell verhaftete Familie kaum versteht, vieles, das sie sehr wünscht und ebenso vieles, das gerade der heranwachsenden Tochter nicht zugestanden wird. Mit viel feinem Humor, doch ohne zu beschönigen erzählt die junge Frau Alice vom Ankommen und sozialen Aufstieg ihrer Familie in kleinen Schritten. Eine neue, junge Stimme der australischen Literatur, die leichtfüßig vom schwierigen Aufwachsen in zwei Welten eines Landes, die verschiedener kaum sein könnten, berichtet. (Jana Kühn)

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Mario Desiati: Zementfasern

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, Wagenbach 2012
Dieses Buch ist in der deutschen Übersetzung leider nicht mehr lieferbar.
(Ternitti, Mondadori 2012, ca. € 14,-)

desiati-zementfasern_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergAntonio Orlando zieht – wie weitere 2000 Einwohner seiner apulischen Heimat – in den siebziger Jahren mit Frau und Kindern in die Schweiz, um in einer Asbestfabrik zu arbeiten. Nur zwei Jahre bleibt die Familie dort, doch nach der Rückkehr ist das Leben aller für immer gezeichnet. Tochter Mimì zieht ihre mit nur 15 Jahren in Zürich gezeugte Tochter Arianna alleine groß, in einem Dorf der Frauen, dessen Männer einer nach dem anderen an asbestverseuchten Lungen zu Grunde gehen. Und so erzählt dieses Buch das Leben von Mimi – einer fast mythischen Figur, stark und mit den Geistern der Vorfahren verbunden – und Arianna, die ihren eigenen Weg findet und doch mit ihrer Herkunft verbunden bleibt, in einem hypnotisierenden Ton, der es schafft, den unauflösbaren Widerspruch zwischen den doch eng miteinander verflochtenen Polen Archaik und Moderne dieses Landstrichs auch sprachlich spürbar zu machen. (Syme Sigmund)

Lo voglio ordinare!

 

Ivan Klìma: Stunde der Stille

Aus dem Tschechischen von Maria Hammerich-Maier, Transit 2012, 253 S., € 19,80

(Stand März 2021)

Cover Klíma_3Mann.inddBasierend auf der Recherche für einen Spielfilm über die Entwicklung des Sozialismus in der Ostslowakei, einer unterentwickelten, armen  Region zwischen Polen, der Ukraine und Ungarn, führt uns dieser Debütroman, der kurz nach seiner Veröffentlichung 1963 verboten wurde und jetzt erstmals in deutscher Übersetzung erschienen ist, in die Abgründe des Menschlichen. Anhand des Schicksals von einzelnen – u.a. ein opportunistischer, krimineller Funktionär, ein Ingenieur, der an der monströsen Bürokratie verzweifelt oder ein ehemaliger Partisan, dessen menschlicher Idealismus irgendwann nicht mehr zeitgemäß ist – führt uns Klìma vor Augen, wie die sozialistische Utopie an der Selbstsucht und Machtbesessenheit des Einzelnen scheitert. In diesem Sinn – der Erfassung des menschlichen Wesens –  hat der Roman etwas Allgemeingültiges und ist unbedingt lesenswert. (Syme Sigmund)

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Dalton Trumbo: Und Johnny zog in den Krieg

Aus dem Amerikanischen von Tina Hohl. Illustriert von Felix Gephart. ONKEL & ONKEL 2012
Dieses Buch ist leider nicht mehr lieferbar!
(Stand März 2021)

trumbo-und-johnny-zog-in-den-krieg_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergJoe “Johnny” Bonham wacht in einem Krankenhaus auf, offensichtlich schwer verletzt. Wie schwer begreift er nur langsam. Mehr tot als lebendig, doch bei hellwachem Verstand erinnert er sich an die unsäglichen Schrecken der Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs, aber auch an sein Zuhause, seine Familie, Freunde und seine Geliebte Kareen. Eine gewaltige, vielfältige Lektüre, die anrührt und an die Nieren geht. Ein wutrasender Monolog, der große Fragen stellt. Ein Manifest der Menschlichkeit und nicht zuletzt ein Klassiker der modernen Anti-Kriegsliteratur – wiederentdeckt, in neuer Übersetzung & grandios illustriert – Lesen! (Jana Kühn)

 

 

Chimamanda Ngozi Adichie: Heimsuchungen

Aus dem Englischen von Reinhild Böhnke, S. Fischer Verlag 2012, 304 S., € 19,99, TB € 13,-

(Stand März 2021)

adichie-heimsuchungen_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergNigerianerinnen und Nigerianer, mehr oder weniger freiwillig in die USA eingewandert, Daheimgebliebene, Rückkehrer, Lebende, Tote, Frauen, Männer, Kinder… sind die Protagonisten dieser zwölf mitreißenden Geschichten. Ein besseres Leben wollen sie, treffen aber auf die vielfältigen „Heimsuchungen“ unserer postkolonialen Welt mit ihren tief eingegrabenen kulturellen und sozialen Gegensätzen. Wie sie auf des Messers Scheide balancieren, welche Verletzungen sie dabei erleiden, aber auch welche vitale Energie sie entfalten, breitet Chimamanda Ngozi Adichie in einem großen Erzählkosmos aus. Eine unbedingte Empfehlung. (Stefanie Hetze)

Leseprobe

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Hilde Schramm: Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux

Rowohlt 2012, 430 S.
Das Buch ist leider  nicht mehr lieferbar.

(Stand Mai 2023)

schramm-meine-lehrerin-dr-dora-lux_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergNur zwei Jahre lang war Dr. Dora Lux in den 50ern die Geschichtslehrerin Hilde Schramms, der Tochter des NS-Kriegsverbrechers Albert Speer. Der Herkunft nach Jüdin, äußerlich alt und unscheinbar, aber außerordentlich gebildet, vorurteilsfrei und eigenständig, vermittelte sie ihren Schülerinnen einen nachhaltigen  Sinn für Aufklärung und Humanität. Wer war  Dr. Dora Lux? Wie konnte sie eine der ersten Abiturientinnen und Studentinnen Deutschlands werden? Weitere Dinge tun, die eigentlich unvorstellbar bzw. verboten waren, wie als Ehefrau und Mutter zu unterrichten? Mitte der 30er noch aufklärerische Artikel publizieren? In Berlin den NS-Terror überleben?
In jahrelanger Recherche hat Hilde Schramm das Leben und das historische Umfeld dieser ungewöhnlichen mutigen Frau rekonstruiert und ein sehr respektvolles und berührendes Porträt ihrer Lehrerin Dr. Dora Lux geschaffen. (Stefanie Hetze)