Aus dem Italienischen von Barbara Kleiner, TB Rowohlt 2013, 480 S., € 9,99
(L’uomo verticale, in Italia attualmente non reperibile)
(Stand März 2021)
Italien in einer nahen Zukunft, das Land ist international abgeschottet, Gerichtsbarkeit, Medien, Handel, Verkehr, Regierung sind zusammengebrochen. Alltägliche Normalität existiert nicht mehr. Zurückgezogen und vorerst in Sicherheitsabstand zum brutalen Chaos (über)lebt Leonardo. Doch selbst dieser zurückhaltende, sanftmütige und konfliktscheue Mann muss schließlich einsehen, dass auch sein Leben endlich eine andere Gangart erfordert. Harter Stoff. Ein düsteres Buch, eine Parabel, die langsam beginnt, aber stetig an Spannung gewinnt. Longo stellt in aller Drastik existenzielle Fragen an eine (italienische) Gesellschaft, aber auch an jeden Einzelnen. Wie wollen wir leben? (Jana Kühn)

Für den holländischen Protagonist Nero van Dijk sieht es alles andere als rosig aus; wir befinden uns im Jahre 2043 und lange befürchtetes ist eingetreten. Die Pole sind geschmolzen, der Meeresspiegel steigt und ganz Holland wurde überflutet. Nur Nero hat die Evakuierung verpasst und treibt nun ganz auf sich allein gestellt über die Weltmeere und wird Augenzeuge einer haarsträubenden Folge der Umweltverschmutzung; Das Polymeer, ein riesiger Strudel aus Plastik. Nachdem er von der Schweizer Marine gerettet wurde, muss er sich die Frage stellen:”Ist die Welt noch zu retten mit all dem schwimmenden Müll?”
Es lohnt sich, ihn wieder zu entdecken, den großen Flaneur von Paris und seine zeitlos schönen schwarz-weiß Fotografien sowohl des Alltagslebens der kleinen Leute als auch berühmter Persönlichkeiten von Picasso bis Juliette Binoche. (Syme Sigmund)
Alice Bhatti lebt und arbeitet als Krankenschwester in Karachi. Als Frau und Christin hat sie doppelt Anfeindungen auszustehen, doch gelingt ihr dies ausgesprochen mutig und in jedweder Hinsicht: schlagfertig. An ihrem Arbeitsplatz, dem Herz Jesu Krankenhaus, verliebt sie sich quasi wider willen in einen Polizeispitzel: Teddy Butt ist Muslim, Bodybuilder und vor allem ein großes und gefährliches Kind. Dass dies nicht gut gehen kann, scheint absehbar. Doch was und wie alles von statten geht, ist derartig aberwitzig, temporeich und tragikomisch erzählt, dass dieses Buch nur unbedingt empfohlen werden muss! (Jana Kühn)
Eine Seefahrt dreier Kinder Anfang der 1950er Jahre von Ceylon, heute Sri Lanka, über den Golf von Aden und das Rote Meer durch den Suezkanal nach England. Eine Reise aus der Kindheit in der tropischen kolonialen Welt ins kalte Ungewisse des Erwachsenenwerdens. Die drei Jungen, die jeden Tag etwas Verbotenes tun wollen, erforschen nicht nur kreativ die Geheimnisse ihrer Außenseiterkollegen am Katzentisch, sondern ebenso die aller anderen an Bord. Da gibt es von vielen schillernden Persönlichkeiten und abenteuerlichen Geschichten aus vergangenen Welten zu lesen, aber der große Erzähler Ondaatje geht weiter und schreibt auch von dem Leben danach im Exil. Ein wunderbarer Roman, unbedingt lesen. (Stefanie Hetze)
Mascha hat ihre große Liebe Elias gefunden und ist erfolgreich in ihrem Dolmetscherstudium. Doch das alles bietet nicht lange Halt, unter der Oberfläche sitzen Verletzungen, traumatische Erinnerungen an den Bürgerkrieg in Aserbaidschan, wo sie ihre Kindheit verbracht hat. Nach einem großen Verlust bricht Mascha auf, in ihre Vergangenheit und in die Zukunft, zu alten Freunden und schließlich nach Israel, wohin ihre Eltern, russische Juden, nie auswandern wollten. Ein starkes Buch, das nahegeht, mit Humor, Trauer, Hoffnung und Ehrlichkeit. Ein Buch über das Bedürfnis nach Heimat und über die Wurzeln der Heimatlosigkeit, das ständig die Perspektive wechselt und den Blick schärft für gesellschaftliche Ausschlussmechanismen und ihre Absurdität. Und gleichzeitig ein Buch über die Chance, die in jeder menschlichen Begegnung liegt. (Judith Krieg)
Lustiges Basteln und ein urkomisches Ergebnis voller Phantasie. Professor Lidenbrock und sein Neffen Axel reisen – frei nach Jules Verne – über Island zum Mittelpunkt der Erde. Natürlich trotzen sie dabei auch wilden Kreaturen und fahren durch den Vesuv. (Syme Sigmund)

Ein hochgradig neurotischer Dichter wird zum Liebesspielball einer ungemein lebenspraktischen Zahnärztin – das kann nicht gut gehen?! Ist aber ein kleines literarisches Juwel, das durch feine Ironie und gedankliche wie sprachliche Bilder besticht.
Zum siebzigsten Geburtstag der Reportage-Fotografin Barbara Klemm erschien dieser Bildband mit rund 200 S/W-Fotografien, die zu den ungewöhnlichsten Zeiten auf den Straßen Boliviens, Israels, Kubas, der Mongolei und Indiens sowie vielen anderen Ländern aufgenommen worden sind. Die teils hintersinnig-humorvollen Bilder erzählen fern aller Sozialromantik die Geschichten von Menschen aus aller Welt. (Syme Sigmund)
