Rita Sineiro, Laia Domènech (Illustr.): In der Schlange der Träume

Übersetzt von Katharna Diestelmeyer, Knesebeck 2023, 40 S., € 18,-, ab 4

Eindringlich und poetisch verdichtet mit wenigen Worten, gleichzeitig detailreich und künstlerisch illustriert erzählt das Bilderbuch die Geschichte einer Flucht von Vater und Sohn aus einem Kriegsgebiet. In großer Anschaulichkeit wird darin deutlich, wieviel unermessliche Geduld, Mut und auch Hoffnung Menschen auf der Flucht aufbringen müssen – auf langen Fußmärschen, gefährlichen Überfahrten und in immer neuen Situationen des Wartens auf etwas zu Essen, auf ein Nachtlager, eine Dusche, einen Bescheid. Zu den zahlreichen Bilderbüchern zum Thema Flucht, die in den vergangenen Jahren erschienen sind, ist es eine unbedingte Ergänzung.

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Annie Barrows, Leo Espinosa (Illustr.): Zum Glück bist du kein Pilz

Aus dem Englischen von Petra Buck, Klett Kinderbuch 2023, 32 S., € 16,-, ab 4

Alles beginnt mit einer Tomatendose. Wir Menschen sind nämlich kein bisschen wie eine Tomatendose, erklärt gleich zu Beginn das Kind, das uns sehr schlau durch dieses Bilderbuch begleitet. Es folgen zahlreiche, auf den ersten Blick ebenso absurd anmutende Vergleiche mit einem Schwimmbad, einer Hyäne und dem titelgebenden Pilz. Schritt für Schritt führt das alles zur Erkenntnis, dass wir Menschen uns alle miteinander sehr ähnlich sind und viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben. Die ein wenig an Altmeister Miroslav Šašek erinnernden Illustrationen machen großen Spaß und begleiten die Fragen und Erkenntnisse nach dem Menschsein ausgesprochen fröhlich.

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Noa Lovis Pfeiffer, Lätitia Linu & Yayo Kawamura (Illustr.): Untenrum

Beltz & Gelberg 2023, 32 S., € 16,-, ab 4

Lo hat da in der Kita etwas aufgeschnappt: „Papa, was bedeutet Untenrum?“ Ganz genau will es das Kind wissen und gemeinsam finden sie viele lustige Untenrum-Wörter wie Schniedel, Schneckchen oder Mutzel. Wunderbar beiläufig kommt Mama (von der Arbeit) nach Hause, wo Papa gerade die Wäsche aufhängt und bringt sich mit neuen Ideen in die Untenrum-Wörter-Suche ein. (Wort)Spielerisch, dennoch sachlich genau und kindgerecht werden Körper, Genitalien und Geschlechter genauer vorgestellt und auch Inter- und Transszenarien mitgedacht. Lo und sein Geschwisterkind Mika sind in der Bild- und Textebene genderneutral beschrieben. Empowernd für Kinder, den eigenen Körper neugierig und selbstbestimmt kennen zu lernen – ein richtig großer Wurf!

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Saskia Gwinn, Ana Albero (Illustr.): Wer erforscht die Welt

Aus dem Englischen von Walter Ludwig, Prestel 2023, 32 S., € 15,-, ab 6

Eine Fernsehsendung löst bei einem Kind Interesse für die Arbeit von Wissenschaftler:innen aus. Seine Mutter erzählt von deren vielfältigen spannenden Tätigkeiten und Arbeitsfeldern, dass sie zum Beispiel Tiere und die Umwelt beobachten, vieles ausprobieren, geduldig experimentieren, durch die Welt reisen und interessante Dinge bauen. Dies geschieht nicht trocken und abstrakt, sondern wird in knappen anschaulichen Comicgeschichten erzählt. Toll an diesem Buch ist, dass konkrete Menschen vorgestellt werden (auch in Kurzbiographien im Anhang), zudem mehr weibliche Forschende als männliche und sie aus den unterschiedlichsten Ländern und Zusammenhängen stammen. All das macht Lust, selbst einmal etwas zu erforschen.

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Michael Engler & Juliana Swaney (Illustr.): Das alles sind wir

arsEdition 2023, 32 S., € 15,-, ab 5

Der dritte Band des Erfolgsduos Engler/Swaney. Lars, schon bekannt aus den vorherigen Büchern, geht nun zur Schule. Erst fühlt er sich fremd, doch schnell lernt er die anderen Kinder kennen und findet Freunde. Als Lisa andere Kinder ärgert und mobbt, stellt Lars sie zur Rede und verteidigt die, die sich selbst nicht wehren können. Am Ende sind sich alle einig – auch Lisa, die sich entschuldigt: hier darf jeder so sein, wie er ist, niemand wird geärgert, und alle gehören dazu.
Am Ende gibt es auch Platz für ein Foto der eigenen Schulklasse.

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Maria Bakhareva, Anna Desnitskaya (Illustr.): Märkte in aller Welt

Aus dem Russischen von Thomas Weiler, Gerstenberg 2023, 80 S., € 26,-, ab 8

In Zeiten gigantischer Supermärkte und Lieferservices nach Hause sind Orte, an denen Menschen sich treffen, um Lebensmittel direkt zu verkaufen und einzukaufen, für Kinder oft Terra incognita. Dieses großformatige wimmelige Sachbilderbuch, das neben zwei Märkten in Hamburg und München, berühmte Märkte, Basare und Hallen aus verschiedenen Ländern und Kontinenten vorstellt, lädt Kinder und Erwachsene ein, sich mit allen Sinnen in das vielfältige Marktgeschehen zu stürzen. Jede Menge Lebensmittel gibt es zu entdecken, Rezepte regen zum Kochen und Ausprobieren neuer Gerichte und Gaumenfreuden ein. Ein paar Begriffe in den verschiedenen Sprachen lassen sich lernen, Preise für Obst, Snacks usw. einordnen, die verschiedensten Einkaufsgewohnheiten anschauen – kurzum ein pralles tolles Buch, in dem es viel zu entdecken gibt und Lust macht, selbst einmal einen Wochenmarkt zu besuchen und / oder in der Gruppe sich über die Märkte, die die Kinder kennen, auszutauschen. Blick ins Buch

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Literarische Matinee am 7. Mai

Der gefeierte Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel stellt im Gespräch mit dem Verleger Sebastian Guggolz seine neue Übersetzung von Tarjei Vesaas poetisch-verknapptem gefühlsstarken Roman Der Keim vor.

Tarjei Vesaas beschreibt darin eine Gruppe von Inselbewohnern, die eine verschworene Gemeinschaft bilden. Ein Neuankömmling auf der Insel bricht in dieses fest gefügte familiäre Miteinander ein und wirft einen dunklen Schatten auf den sonnigen Sommertag. Sein triebhafter Wahnsinn lässt ihn zum Mörder werden – der Mord führt unvermeidlich zu einem zweiten, und die ganze Insel lädt Schuld auf sich.

Die Schauspieler:innen Mariel Jana Supka und Olaf Helbing lesen und musizieren, Dunja Funke interveniert, Dante Connection bringt die Bücher mit.

Norwegisch inspirierte kleine Speisen können erworben werden.

 

wann? Sonntag, 7. Mai um 12 Uhr
wo? Café Obermaier – Erkelenzdamm 17

Eintritt 10 € inklusive Kaffee und Wasser
Reservierung via info@danteconnection.de

Tarjei Vesaas (1897–1970) war der älteste Sohn eines Bauern in Vinje/Telemark, dessen Familie seit 300 Jahren im selben Haus lebte. Vesaas wusste früh, dass er Schriftsteller werden wollte, verweigerte die traditionsgemäße Übernahme des Hofes und bereiste in den 1920er und 1930er Jahren Europa. Vesaas verfasste Gedichte, Dramen, Kurzprosa und Romane, die ihm internationalen Ruhm einbrachten.  Er schuf  ein hochmodernes, lyrisch-präzise verknapptes Werk mit rätselhaft-symbolistischen Zügen, für das er mehrmals für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde. Als seine größten Meisterwerke gelten »Das Eis-Schloss« und »Die Vögel«, das Karl-Ove Knausgård als »besten norwegischen Roman, der je geschrieben wurde« bezeichnete.

Hinrich Schmidt-Henkel, geboren 1959 in Berlin, übersetzt aus dem

© Ebba D. Drolshagen

Französischen, Norwegischen und Italienischen u. a. Werke von Henrik Ibsen, Kjell Askildsen, Jon Fosse, Tomas Espedal, Louis-Ferdinand Céline, Édouard Louis und Tarjei Vesaas. Für seine Arbeit wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. (gemeinsam mit Frank Heibert) mit dem Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW und zuletzt 2018 mit dem Königlich Norwegischen Verdienstorden.

 

 

 

 

 

Nils Mohl: Wilde Radtour mit Velociraptorin

Mit Illustrationen von Halina Kirschner. Mairisch Verlag 2023, 56 S., € 20,-, ab 4

Am Anfang ist die Arbeit des Autors anstrengend. Der Kopf braucht Abwechslung, also ab aufs Rad und schon geht es von A nach B und auf nach C! Dort im dritten Kapitel taucht nun auch die Velociraptorin auf, eine menschhohe Dinodame, die mit auf wilde Radtour geht und sogar ein Radrennen gewinnen will. Dabei rollen die beiden sprachspielerisch und poetisch durch das Alphabet und über Fahrräder lernt man auch noch jede Menge. Aber alles zu seiner Zeit, bzw. im passenden Alter. Oder wie Mohl & Kirschner es im kleinen Vorwort auch selbst formulieren: Kann man wissen, muss man aber nicht, und am wichtigsten ist, dass die Geschichte gefällt! Die jüngsten Zuhörer*innen finden sicherlich vor allem Gefallen am lautmalerischen Erzählton, für ältere Kinder sind die technischen Details bestimmt schon wieder spannend. Die tollen Illustrationen im wunderschön gestalteten Band als Sonderfarbendruck in knalligem Grün und Pink machen Lust auf den Frühling und endlich wieder Radtouren. Eine Empfehlung für Dino-Fans, Fahrrad-Begeisterte, ABC-Lernende, Sprachverliebte und die ganze Familie! (Jana Kühn) Blick ins Buch

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Herbert Clyde Lewis: Gentleman über Bord

Aus dem amerikanischen Englisch von Klaus Bonn, leinengebunden im Schuber, mare 2023, 176 S., € 28,-

Henry Preston Standish ist ein Gentleman der alten Schule, stets elegant, sportlich und distinguiert. Und so erscheint ihm sein Fall von einem Ozeandampfer in den Pazifik zunächst als peinliches Missgeschick. „So etwas machte man nicht“. Nun treibt der junge, durchtrainierte Mann Stunde um Stunde im Wasser und macht sich Gedanken über seine Lage, sicher, dass dies eine äußerst erzählenswerte Anekdote aus seinem Leben sein wird. Doch an Bord wird sein Verschwinden lange, viel zu lange, nicht bemerkt, und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Dass eine derart tragische Konstellation einen überaus unterhaltsamen Roman ermöglicht, ist überraschend, doch Lewis hält meisterlich die Balance zwischen der immer auswegloser werdenden Situation, den illusorisch-selbstgefälligen – und sehr amüsant zu lesenden – Gedanken seines Protagonisten und der Beschreibung der Ereignisse an Bord, die ein Entdecken seines Verschwindens slapstickartig eins ums andere verzögern.
Erschienen ist das Buch im Original 1937. Es wurde hier erstmals ins Deutsche übertragen. (Syme Sigmund)

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Judith Hermann: Wir hätten uns alles gesagt

S. Fischer 2023, 192 S., € 23,-

In einer schon fortgeschrittenen Nacht, als sie mit einem alten Freund unterwegs ist, trifft Judith Hermann in einem Späti auf der Kastanienallee zufällig ihren ehemaligen Analytiker. Zum ersten Mal außerhalb des geschützten Raums seiner Praxis, als sie und ihr Freund in ein langes Müttergespräch eingetaucht waren. Diese zufällige surreale Begegnung, die die Autorin wie eine filmreife Szene beschreibt, lässt sie nicht los. Sie folgt ihrem Ex-Analytiker in eine Kneipe und nutzt das Aufeinandertreffen und all das, was es bei ihr an Erinnerungen und Reflexionen auslöst, zum Ausgangspunkt ihres Buches zum „Schweigen und Verschweigen im Schreiben“ und erschafft einen ganzen Kosmos aus ihrer ungewöhnlichen Kindheit und Jugend. Aus Familie und Freundschaften, Berlin und dem Land, Tagen und Nächten, Dingen und Ideen, Alltag und Literatur. Mit ihrer direkten verdichteten Sprache gelingt ihr bravourös der Spagat, sehr Privates zu erzählen und gleichzeitig darüber hinaus vom Lebensgefühl einer Frau in der Mitte des Lebens zu schreiben – und dies in ihrem unverwechselbaren tollen Sound! (Stefanie Hetze) Leseprobe

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