Hrsg. Christiane Raabe von der Internationalen Jugendbibliothek München unter Mitarbeit von Anna Becchi, Kunstmann 2020, 280 S., € 25,-
(Stand März 2021)
 1945 kehrte die jüdische Journalistin als Angehörige der amerikanischen Armee zurück in das Land, aus dem sie brutal vertrieben worden war. Ihr Auftrag war die „Um-Erziehung“ von Frauen und Kindern. Die Entscheidung, diese Aufgabe im Land der Täter anzunehmen, fiel ihr schwer, aber sobald sie an den Neubeginn mit den Kindern dachte, gab es kein Zurück. Sofort entwickelte sie die Idee einer Internationalen Kinderbuchausstellung, sammelte in den USA Gelder und überzeugte weltweit Kinderbuchverlage, ihre Bücher zu spenden. Es war ein grandioser Erfolg, auf dem sich die energische Mrs. Lepman nicht ausruhte. Stattdessen nahm sie die Wanderausstellung, die die deutschen Kinder und Erwachsenen erstmals mit der Fülle und Vielfalt der Kinderweltliteratur vertraut machte, als ersten Baustein einer internationalen Kinderbibliothek in München, die bis heute enorme Strahlkraft hat.
1945 kehrte die jüdische Journalistin als Angehörige der amerikanischen Armee zurück in das Land, aus dem sie brutal vertrieben worden war. Ihr Auftrag war die „Um-Erziehung“ von Frauen und Kindern. Die Entscheidung, diese Aufgabe im Land der Täter anzunehmen, fiel ihr schwer, aber sobald sie an den Neubeginn mit den Kindern dachte, gab es kein Zurück. Sofort entwickelte sie die Idee einer Internationalen Kinderbuchausstellung, sammelte in den USA Gelder und überzeugte weltweit Kinderbuchverlage, ihre Bücher zu spenden. Es war ein grandioser Erfolg, auf dem sich die energische Mrs. Lepman nicht ausruhte. Stattdessen nahm sie die Wanderausstellung, die die deutschen Kinder und Erwachsenen erstmals mit der Fülle und Vielfalt der Kinderweltliteratur vertraut machte, als ersten Baustein einer internationalen Kinderbibliothek in München, die bis heute enorme Strahlkraft hat.
Wie Jella Lepman im Nachkriegsdeutschland Widerstände und Hindernisse überwand, ist faszinierend zu lesen. Angereichert ist diese prächtige Ausgabe mit aufschlussreichen Hintergrundinformationen und vielen eindrucksvollen Fotografien, u.a. von glücklich in Büchern versunkenen Kindern. Diese Autobiografie einer starken Frau mit einer klaren Vision ist ein Schatz – nicht nur für alle an Kinderliteratur Interessierte. (Stefanie Hetze)

 
					 Heute kaum vorstellbar, aber Ende der Vierzigerjahre des letzten Jahrhunderts galt eine mit Anfang Dreißig noch unverheiratete Frau als  Alte Jungfer, die froh sein musste, wenn jemand etwas von ihr wollte und sich mit ihr abgab. Mildred ist so eine Bedauernswerte, sie arbeitet ehrenamtlich für eine gemeinnützige Organisation, engagiert sich in ihrem Kirchenkreis und lebt ein unauffälliges, freudloses Leben im London der schwierigen Nachkriegszeit. Das Leben ist voller Entbehrungen, der Wohnraum knapp. So kommt es, dass ein Well-To-Do-Ehepaar in ihre enge Nachbarwohnung einziehen muss, er ein charmanter Marineoffizier und sie, eine kapriziöse Anthropologin, die zu Mildreds Entsetzen ihre eigene Arbeit und ihr eigenes Vergnügen an vorderste Stelle setzt. Da muss sich Mildred einfach um deren Haushaltsbelange und vor allem den armen vernachlässigten Mann kümmern. Auf einmal nimmt Mildreds Leben gehörig an Fahrt auf und werden wir heutigen Leser*innen mitten in die Diskussionen und Umwälzungen der Zeit katapultiert. Das geschieht mit viel Ironie und Feingefühl. Und in der geschliffenen Neuübersetzung von Sabine Roth ein großes Lesevergnügen. (Stefanie Hetze)
Heute kaum vorstellbar, aber Ende der Vierzigerjahre des letzten Jahrhunderts galt eine mit Anfang Dreißig noch unverheiratete Frau als  Alte Jungfer, die froh sein musste, wenn jemand etwas von ihr wollte und sich mit ihr abgab. Mildred ist so eine Bedauernswerte, sie arbeitet ehrenamtlich für eine gemeinnützige Organisation, engagiert sich in ihrem Kirchenkreis und lebt ein unauffälliges, freudloses Leben im London der schwierigen Nachkriegszeit. Das Leben ist voller Entbehrungen, der Wohnraum knapp. So kommt es, dass ein Well-To-Do-Ehepaar in ihre enge Nachbarwohnung einziehen muss, er ein charmanter Marineoffizier und sie, eine kapriziöse Anthropologin, die zu Mildreds Entsetzen ihre eigene Arbeit und ihr eigenes Vergnügen an vorderste Stelle setzt. Da muss sich Mildred einfach um deren Haushaltsbelange und vor allem den armen vernachlässigten Mann kümmern. Auf einmal nimmt Mildreds Leben gehörig an Fahrt auf und werden wir heutigen Leser*innen mitten in die Diskussionen und Umwälzungen der Zeit katapultiert. Das geschieht mit viel Ironie und Feingefühl. Und in der geschliffenen Neuübersetzung von Sabine Roth ein großes Lesevergnügen. (Stefanie Hetze)  Am Totenbett ihrer Mutter erinnert sich Rosa an deren Leben. Vincenzina, aus einer armen, kinderreichen Familie auf dem Land, verliebt sich in den großbürgerlichen Rafele. Gegen den Willen seiner Familie heiraten sie und ziehen in das ärmliche Viertel am Hügel von Capodimonte in Neapel. Hier wächst Rosa auf, vertraut mit der Armut, die bei vielen zu innerer Härte führt. Als Rafele an Krebs erkrankt, verschuldet sich Vincenzina zunächst, um die Medikamente zu bezahlen, und wird nach seinem Tod selbst zur Geldverleiherin. Rosa begleitet sie in die ärmlichen Behausungen ihrer Schuldner, da sie die Schule besucht und rechnen kann. Eindrucksvoll sind die Beschreibungen des harten Lebens im Viertel und seiner Bewohner. Selten wurde Neapel, diese Stadt zwischen Paradies und Hölle, so eindrucksvoll und frei von jedem Klischee beschrieben. Annette Kopetzki hat die höchst poetische Prosa Wanda Marascos mit viel Sprachgefühl übertragen. Familiengeschichte, individuelle Schicksale und das Portrait einer Stadt verweben sich hier zu einer faszinierenden Lektüre. (Syme Sigmund)
 Am Totenbett ihrer Mutter erinnert sich Rosa an deren Leben. Vincenzina, aus einer armen, kinderreichen Familie auf dem Land, verliebt sich in den großbürgerlichen Rafele. Gegen den Willen seiner Familie heiraten sie und ziehen in das ärmliche Viertel am Hügel von Capodimonte in Neapel. Hier wächst Rosa auf, vertraut mit der Armut, die bei vielen zu innerer Härte führt. Als Rafele an Krebs erkrankt, verschuldet sich Vincenzina zunächst, um die Medikamente zu bezahlen, und wird nach seinem Tod selbst zur Geldverleiherin. Rosa begleitet sie in die ärmlichen Behausungen ihrer Schuldner, da sie die Schule besucht und rechnen kann. Eindrucksvoll sind die Beschreibungen des harten Lebens im Viertel und seiner Bewohner. Selten wurde Neapel, diese Stadt zwischen Paradies und Hölle, so eindrucksvoll und frei von jedem Klischee beschrieben. Annette Kopetzki hat die höchst poetische Prosa Wanda Marascos mit viel Sprachgefühl übertragen. Familiengeschichte, individuelle Schicksale und das Portrait einer Stadt verweben sich hier zu einer faszinierenden Lektüre. (Syme Sigmund)  Ein Buch, das es in sich hat. Auf den ersten Blick ist der Plot, die Geschichte zweier Schwestern und Waisen, die nach dem 2. Weltkrieg aus Australien kommend in England ihr Glück machen wollen und auf verschiedene Männer treffen, alles andere als außergewöhnlich. Auch das Coverfoto der deutschen Erstübersetzung (!!) führt wie vieles an diesem Roman scheinbar auf die falsche Fährte. Natürlich werden die Liebes- und Ehegeschichten von Caro und Grace und die ihrer depressiv-aggressiven älteren Halbschwester Dora in einem großen Panorama über Jahrzehnte erzählt. Doch interessiert die Autorin eher das, was nicht gelebt werden kann, was sich hinter der Oberfläche verbirgt: „Bei Einbruch der Nacht würden die Schlagzeilen Verwüstung vermelden.“ Mit ihrem ersten Satz fasst Shirley Hazzard ihren atemberaubenden Roman im Grunde zusammen. Inspiriert von der titelgebenden, seltenen planetaren Konstellation erzeugt sie mit großer Kunst immer wieder neue Spannungsfelder zwischen ihren Figuren Sie rücken uns in ihren Widersprüchen und Gegensätzen sehr nah. Dazu kommt die glasklare Sprache mit ihren klugen Bildern und Anspielungen, die aus „Transit der Venus“ ein Meisterinnenwerk macht. In vielen Ländern längst ein moderner Klassiker, läßt er sich nun auch endlich hier entdecken und genießen. (Stefanie Hetze)
Ein Buch, das es in sich hat. Auf den ersten Blick ist der Plot, die Geschichte zweier Schwestern und Waisen, die nach dem 2. Weltkrieg aus Australien kommend in England ihr Glück machen wollen und auf verschiedene Männer treffen, alles andere als außergewöhnlich. Auch das Coverfoto der deutschen Erstübersetzung (!!) führt wie vieles an diesem Roman scheinbar auf die falsche Fährte. Natürlich werden die Liebes- und Ehegeschichten von Caro und Grace und die ihrer depressiv-aggressiven älteren Halbschwester Dora in einem großen Panorama über Jahrzehnte erzählt. Doch interessiert die Autorin eher das, was nicht gelebt werden kann, was sich hinter der Oberfläche verbirgt: „Bei Einbruch der Nacht würden die Schlagzeilen Verwüstung vermelden.“ Mit ihrem ersten Satz fasst Shirley Hazzard ihren atemberaubenden Roman im Grunde zusammen. Inspiriert von der titelgebenden, seltenen planetaren Konstellation erzeugt sie mit großer Kunst immer wieder neue Spannungsfelder zwischen ihren Figuren Sie rücken uns in ihren Widersprüchen und Gegensätzen sehr nah. Dazu kommt die glasklare Sprache mit ihren klugen Bildern und Anspielungen, die aus „Transit der Venus“ ein Meisterinnenwerk macht. In vielen Ländern längst ein moderner Klassiker, läßt er sich nun auch endlich hier entdecken und genießen. (Stefanie Hetze)  Paris, Anfang der 60er. Bernard Appelbaum trifft zufällig Robert, seinen ehemaligen Betreuer in einer Ferienkolonie für jüdische Kinder. Robert, der für Truffaut arbeitet und mögliche Drehorte fotografiert, verschafft ihm eine kleine Statistenrolle in Truffauts Jules und Jim. Bernards Figur wird am Ende gestrichen, doch greift seine Zeit bei den Dreharbeiten tief in sein Leben ein.
Paris, Anfang der 60er. Bernard Appelbaum trifft zufällig Robert, seinen ehemaligen Betreuer in einer Ferienkolonie für jüdische Kinder. Robert, der für Truffaut arbeitet und mögliche Drehorte fotografiert, verschafft ihm eine kleine Statistenrolle in Truffauts Jules und Jim. Bernards Figur wird am Ende gestrichen, doch greift seine Zeit bei den Dreharbeiten tief in sein Leben ein.