Arno Geiger: Unter der Drachenwand

Hanser Verlag 2018, 480 S., € 26,-, TB dtv 2019, € 12,90
(Stand April 2021)

Geiger Drachenwand_Danteperle_DanteConnectionSchützend und gleichzeitig bedrohlich überragt die Drachenwand – eine hohe Felsflanke – den kleinen Ort Mondsee in den österreichischen Alpen. Hierher kommt Veit – ein junger Mann Anfang zwanzig – nachdem er 1944 in Russland  verwundet wurde. Und hier – in der Abgeschiedenheit, unter alten Nazis, die ihm übelnehmen, dass er nicht an der Front ist, in der Freundschaft mit dem „Brasilianer“, den seine Aufrichtigkeit immer wieder in Schwierigkeiten bringt, und vor allem in der Liebe zu Margot – wird ihm klar, dass er es schaffen muss zu überleben und dass der Krieg, in den er als Schüler hineingestolpert ist, nur Unheil bringt.  Arno Geiger hat einen beeindruckenden Antikriegsroman geschrieben, in dem die Atmosphäre im Land kurz vor Kriegsende lebendig wird und in dem das Grauen – neben Veit kommen über Briefe auch Margots Mutter aus dem bombenzerstörten Darmstadt und der jüdische Zahntechniker Oskar Meyer zu Wort – aber auch die Hoffnung in all ihren Facetten greifbar sind. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Ralf Rothmann: Im Frühling sterben

Suhrkamp 2015, 234 S., € 19,95, TB 2016, € 11,-
(Stand April 2021)

36_rothmann_fruehlingAls tragisch bezeichnete die Antike Situationen, in denen die unausweichliche Notwendigkeit besteht, so zu handeln, dass etwas Verhängnisvolles passiert. Ralf Rothamanns Buch ist in diesem klassischen Sinn ein tragischer Roman. Er versucht, das Kriegstrauma des eigenen Vaters aufzuarbeiten, der mit 17 zusammen mit seinem besten Freund Fiete noch 1944 zwangsrekrutiert und an die Front geschickt wurde. Als Fiete desertiert und gefasst wird, wird Walter ins Erschießungskommando beordert und steht vor der Entscheidung, abzudrücken oder selbst erschossen zu werden. Sein Vater hat nie über seine Erlebnisse gesprochen. Rothmann beschreibt die Schrecken des Krieges mit einer beklemmend dichten, schockierend direkten und gleichzeitig hochpoetischen Sprache. Er hat einen großartigen Antikriegsroman geschrieben, der unter die Haut geht und noch lange nach der Lektüre im Leser Spuren hinterlässt. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Olivia Manning: Abschied von der Unschuld

Aus dem Englischen von Susann Urban, Büchergilde 2013, 272 S., € 22,95

(Stand März 2021)

Jerusalem, 1945 kurz vorm Ende des Zweiten Weltkriegs der vierzehnjährige Felix kommt nach dem Tod seiner Mutter bei  einer weitentfernten bigotten Verwandten unter. Statt dem elternlosen Jungen Wärme und Halt zu geben, interessiert sich Miss Bohun rein für die pekuniären Aspekte seines Aufenthalts. Kalt und gierig nimmt sie auch ihre anderen  Pensionsgäste aus, allesamt Flüchtlinge und Versprengte, die versuchen, das was von ihrem Leben übriggeblieben ist,  beieinander zu halten. Dem Jungen bleibt als Halt nur eine Siamkatze. Dann zieht eine faszinierende junge Witwe ein, die Miss Bohun Paroli bietet und in die Felix sich verliebt.
Völlig unsentimental lotet Olivia Manning die feinen Nuancen  des Gefühlslebens eines Heranwachsenden in einer  Atmosphäre des komplett Provisorischen aus. Wahrlich eine Entdeckung aus lija Trojanows „Weltlese. Lesereisen ins Unbekannte“! (Stefanie Hetze)

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Erri de Luca: Montedidio

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, Graf Verlag 2012, 224 S., € 14,99, TB List 2014, € 11,-
(Montedidio, Feltrinelli 2013, ca. € 13,-)
(Stand März 2021)

de-luca-montedidio_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin Palazzo in einer lauten engen Straße Neapels, der Stadt der Wunder, des Blutes und der Legenden, der Stadt, in der die Schrecken des 2. Weltkriegs noch sehr real sind, erzählt aus der Perspektive eines 13-jährigen Schreinergehilfen. Seine Ablösung von der Kindheit und seine Mannwerdung bilden den äußeren Rahmen der Geschichte, in der es eigentlich ums Leben und Sterben geht, ums  Loslassen und Halten, um das im Vergleich stille Hochitalienisch zum  direkten Neapolitanisch.
Dass dies auch für die deutsche Fassung gilt,ist der Übersetzung Annette Kopetzkis zu verdanken, die die sprachlichen Nuancen des Originals durch Einbeziehung des Neapolitanischen anschaulich überträgt. Montedidio, eine kleine kostbare Perle. (Stefanie Hetze)

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