Aus dem Amerikanischen von Barbara Jung, Droschl Verlag 2018, 188 S., € 23,-
(Stand März 2021)
Die Eisenbahnstraße und die Fidicinstraße in den Achtziger und Neunziger Jahren hier in Berlin-Kreuzberg und auf der anderen Seite des Atlantiks die Bedford Avenue, Kent Avenue und Ninth Street in New York und Brooklyn bilden die Koordinaten, um die sich das Leben der amerikanischen bildenden Künstlerin Andrea Scrima dreht. Sie pendelt zwischen Wohnungen und Kontinenten und versucht, in diesen vielen Dazwischensituationen ihren Alltag als Künstlerin, als Tochter, als Freundin und als Liebende zu leben. Das ist nicht ohne. Nicht nur Gegenstände aus ihrer Vergangenheit, die sich nur mit viel Aufwand über den Atlantik verschiffen lassen, auch scheinbar belanglose Fundstücke, die sie in ihrem Kreuzberger Umfeld entdeckt und verwandelt, lösen Erinnerungen und Assoziationen aus. Diese verdichtet sie zu wunderbaren literarischen Miniaturen, die um die großen Fragen nach Identität und Zugehörigkeit, nach Weggehen und Ankommen kreisen und gleichzeitig konkret das Lebensgefühl einer Künstlerin mit all seinen Widrigkeiten abbilden. (Stefanie Hetze) Leseprobe

Was ist dieses Buch? Erinnerung an eine Kindheit im Sozialismus der siebziger Jahre? Reise in die Tiefe der bulgarischen Geschichte? Buch über die Vergänglichkeit und den Versuch, Erinnerung zu bewahren? Es ist all dies und noch viel mehr. Gospodinov erzählt auf verschlungenen, labyrinthischen Wegen, voller Abschweifungen und Assoziationen und kehrt doch immer zu seinen zentralen Themen zurück. Absurdes und Einfaches vereinend erscheint die Melancholie immer dicht neben urkomisch skurrilen Gedanken und Seitenwegen. Hingerissen folgt man ihm als Leser, verzaubert von dem kühnen Versuch, auf experimentell-verspielte und absurd-witzige Weise alles zu vereinen, Bulgarien, die Quantenphysik, Zeitkapseln, den Minotaurus, die Erinnerungen seines Großvaters, eine einsame Kindheit im dunklen Souterrain … und damit ist noch lange nicht alles gesagt. (Syme Sigmund)
Marja, Maurice, Graz, Koljansk… so lauten die schlicht-prägnanten Titel der vierzehn Erzählungen, die einzelne Menschen und Orte skizzieren. Es sind alles Begegnungen einer Ich-Erzählerin, offensichtlich einem Alter-Ego der Autorin, die sich mit unverstelltem Blick, Leidenschaft und Empathie auf neue unbekannte Situationen einläßt. Es zieht sie hin zu den entwurzelten nomadisierenden Menschen, deren rollendes “r” sie als fremd verrät, die es schwer haben in einem Europa der Umwälzungen einen Platz zu finden. Immer wieder finden sie aber auch flüchtige Momente des Glücks. Mit all ihren Sinnen und ihrem eigenen großen Erfahrungsschatz zwischen Orten, Kulturen und Sprachen notiert und verdichtet Ilma Rakusa diese Begegnungen und Augenblicke und läßt sie dann wieder weiterziehen. Unbedingt zu empfehlen. (Stefanie Hetze)
Familiengeschichte, Bildungsroman, Agententhriller und Science Fiction Story – dieses Buch ist alles auf einmal und – es funktioniert. Episodenhaft, poetisch und gekonnt zwischen den Genres changierend, ohne die Fäden zu verlieren oder zu verwirren, erfahren wir unter anderem einiges über eine russisch-deutsche Beziehung, die künstlerische Entwicklung von Sohn und Tochter von ihm aus erster Ehe, einen betagten russischen Poeten mit junger Ehefrau und den amerikanischen Lektor desselben, der in eine futuristische Agentenstory verwickelt ist. Es geht um Liebe, Familie und darum, ein Dichter zu sein, um Geburt und Sterben, Gleichgültigkeit und Nächstenliebe. Olga Martynowa spielt souverän und voller Witz mit Literatur und Sprache ohne abzustürzen. Das ist ein seltener Glücksfall. (Syme Sigmund)