Tiere im hohen Norden. Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart, mit Illustrationen von Marieke Ten Berge, Aladin 2022, 88 S. im Großformat, € 20,-, ab 5 und für alle
Was gibt es in diesem tollen großformatigen Buch nicht alles zu entdecken! Vom Basstölpel über das Eurasische Gleithörnchen und den Pottwal bis zum Schopfalk und dem Walross kommen 33 Tiere hier zu Wort. Ja, zu Wort, denn jedes Tier erzählt selbst von sich, davon wie es aussieht, wie es lebt und was es Besonderes kann – der Gelbschopflund zum Beispiel sammelt bis zu 62 Fische gleichzeitig in seinem Schnabel – und auch, wie sehr und auf welche Weise es durch den Einfluss des Menschen und den Klimawandel bedroht ist.
Begleitet wird jede der unterhaltsam-informativen Doppelseiten durch wunderschöne Illustrationen – meist kolorierte Linoldrucke – der Autorin, die allein schon das Buch zu einem wahren Kunstwerk machen. (Syme Sigmund) Blick ins Buch

Wie in so manchem Märchen sind da zu Beginn ein König und eine Königin, die sich lange schon sehnlichst ein Kind wünschen. Eine Erfinderin und eine Hexe werden zu Rate gezogen und siehe da, ein kleiner Holzroboter und eine Baumstumpfprinzessin beglücken ihnen von nun an die Tage. Bis, ja bis durch ein Versehen die Baumstumpfprinzessin verloren geht … Das war es aber auch mit der Erzähltradition, denn Tom Gauld lässt herrlich viel Raum für eigene Geschichten und Fantasien. In großen und kleinteiligen Bildtafeln wird das aufregende Abenteuer der wohl niedlichen, aber keinesfalls süßlich gezeichneten Geschwisterkinder erzählt. Ein Genie-Streich! (Jana Kühn)
Durchaus vergnüglich, dabei aber vor allem sehr informativ geht es in diesem Sachbuch zu, das viel Geschichte und viele Geschichten erzählt. Der noch im Odessa der UdSSR, in der heutigen Ukraine geborene und seit 1996 in Deutschland lebende Comiczeichner und Illustrator Vitali Konstantinov hat schon in zahlreichen Büchern bewiesen, dass er hervorragend in der Lage ist, fachlich, sachlich und historisch komplexe Zusammenhänge zeichnerisch zu veranschaulichen. Auch wenn eine jede Seite in Alles Geld der Welt auf den ersten Blick wahnsinnig wuselig wirkt, entpuppt sie sich bei genauerer Betrachtung als virtuos durchdachtes Tableau, das eine wahrhafte Flut an Informationen gekonnt bündelt. Vom Muschelgeld zur Kryptowährung – so der Untertitel des Sachbuches – erzählt in kurzen Comic Stripes, Infografiken und Landkarten Entwicklung, Geschichte und Wandel des Geldes. Es erklärt seine Funktion als Wertaufbewahrungs- und Wertübertragungsmittel. Und erläutert finanzpolitische Prozesse wie Währungsunionen. Und falls das jetzt trocken klingen sollte – man legt dieses Buch kaum wieder aus der Hand so unterhaltsam und lehrreich ist es. (Jana Kühn)
Schmutziges graues Pflaster, abweisende Steinmauern, Zäune, Industriebauten, schäbige Gebäude, ungeschützt vor Kälte, Wind und Hitze. Eine junge Diebin stiehlt den Menschen ihr bisschen Etwas. Das ist auf den ersten Blick kein übliches Entree für ein Bilderbuch. Doch gerät das Mädchen an eine alte Frau, die ihre schwere Tasche vor der Diebin so lange festhält, bis sie ihr ein seltsames Versprechen, „sie zu pflanzen“ abnimmt. Mit der Tasche, in der sie Geld und Essen vermutet, rennt das Mädchen weg. Doch es sind nur Eicheln, grün, vollkommen und so viele, dass sie begreift, welchen Schatz sie da in den Händen hält. Und sie beginnt, in all das Graue und Harte die Eicheln zu setzen. Ganz langsam verändern sich die Illustrationen, macht das Grün etwas mit dem Raum und den Menschen, den Tieren. Die Bilder werden farbiger, heiterer, abwechslungsreicher, längst hat sich der Radius der jungen Aktivistin ausgedehnt. Das überraschende Ende macht noch mehr Mut. Zum Immer-Wieder-Anschauen. (Stefanie Hetze)
Voller Staunen erlebt ein Mädchen zum ersten Mal das Wunder von Schnee, der den noch bunten Garten mit zartem Weiß bedeckt. Aufgeregt läuft das Kind zur Großmutter, die verspricht, zu erzählen, woher der Schnee kommt. Und sie beginnt ein altes persisches Märchen, in dem es um unerfüllte Liebe und das nie nachlassende Warten auf Glück geht. Die bezaubernde Naneh Sarma, die hoch über den Wolken lebt und für Schnee, Regen und Hagel auf der Erde verantwortlich ist, ist in Nouruz verliebt, der nur einmal im Jahr, am 21. März erscheint, und ausgerechnet dann schläft sie tief. So muss sie weiter warten und auf das nächste Frühjahr hoffen. . .
Wieder hat der doppeltbegabte Jakob Wegelius als Autor und Illustrator das Superlativ einer spannenden Abenteuergeschichte für Kinder (und Erwachsene) gezaubert. Es geht kreuz und quer durch ein Europa von vor gut 100 Jahren, als sich zu Dampfmaschinen und Pferdekutschen die ersten Autos und Telefone gesellten. Die Gorilladame Sally Jones, die die menschliche Sprache versteht, so gut lesen wie schreiben kann und über vielerlei Fähigkeiten verfügt, tippt in ihre mechanische Schreibmaschine, wie sie und ihr Chief, der Seemann Henry Koskela, eine wertvolle Perlenkette zurückgeben möchten. Nur wem? Spuren führen nach Schottland, wohin sich die beiden aufmachen. Da geraten sie in die Fänge einer Schmugglerkönigin, die wiederum von einem Konkurrenten bedroht wird. Die Bandbreite an Ganoventypen in diesem Roman ist groß. Erst einmal statten Wegelius und seine Übersetzerin Haefs sie mit schillernden, schön-schaurigen Klischees aus, die sie jedoch durch die Perspektive der mit einem tiefen Gerechtigkeitssinn ausgestatteten Gorilladame in einem anderen Licht erscheinen lassen. Dazu kommen die Twists in der Handlung, die für überraschende Wendungen und Ortswechsel sorgen, die fein-ziselierten Illustrationen, Format, Ausstattung, es stimmt einfach alles. Viel Spaß beim Lesen! (Stefanie Hetze)
Peanut ist ein ausgesprochen kreatives und künstlerisch begabtes Kind. Ihr Talent, vor allem aber ihre Begeisterung für Bildwelten hat sie von ihrem Vater, einem Maler. Derselbe ist aber auch ihr aktuell größtes Problem – er ist nämlich verschwunden. Abgehauen, so sieht es zumindest die wütende und mächtig gestresste Mutter. Doch Peanut kann und will das nicht glauben. Der überraschende Fund eines magischen Bleistiftes, der ihr buchstäblich die Tür in die zauberhafte wie gefährliche Stadt Chroma eröffnet, bringt sie endlich auf eine Spur zum so schmerzlich vermissten Vater. Wer Rob Biddulph – wie ich – bisher nur als Erzähler und Illustrator von spannenden wie urkomischen Bilderbuchgeschichten kannte, der wisse, dass ihm genau dies auch für ältere Kinder hervorragend gelingt. Peanut Jones Geschichte ist aber längst nicht nur ein turbulenter Abenteuerroman oder eine anrührende Erzählung von Freundschaft und Geschwisterliebe, sondern darüber hinaus noch gespickt mit mal mehr mal weniger versteckten Andeutungen auf zahlreiche Vertreter der modernen Kunstgeschichte. So entwickelt sich Peanuts von Neugier und Sehnsucht angespornte Suche zu nicht weniger als einer Rettungsmission für Chroma, der Quelle aller Fantasie – auch in unserer Welt. Fortsetzung folgt! (Jana Kühn)
Ein Hase rettet einem Wolf versehentlich das Leben. Laut dem Ehrenkodex der Wölfe muss sich der furchtlose Jäger nun fürsorglich um den ängstlichen Nager kümmern. Absurd genug, aber der Hase ist auch noch schwer krank und hat neben einem meterlangen Medikamentenplan immer einen Tropf für regelmäßige Infusionen dabei. Es wird also kompliziert! Josephine Mark schickt das ungleiche Paar in ihrem Comic auf eine farbenfrohe, dazu anrührende wie urkomische Tour de Force durch Wälder, Gebirge, Motels und Berghütten. Und in Eis und Schnee beginnt der einsame Wolf langsam aufzutauen … Bis dato punktete der Comics-für-Kinder-Verlag Kibitz mit namhaften und beliebten Autor:innen und Zeichner:innen wie Jutta Bauer, Martin Baltscheid, Anke Kuhl und Patrick Wirbeleit. Doch wie sich nun zeigt, entdeckt das Verleger-Team auch so manches noch unbekannte Talent, so wie Josephine Mark mit Trip mit Tropf. Mit wenigen Punkten und Strichen erweist sie sich als Meisterin einer jeden Mimik und Gefühlslage und schafft mit viel Feingefühl eine verblüffend ermutigende Geschichte um einen echten Brocken von Thema. (Jana Kühn)
Einige Zeit ist vergangen, seit der 11jährige Elmo zuletzt sein Zimmer verlassen hat. Dass es dem Jungen nicht gut geht, wird sofort klar. Dass der Unfalltod seines älteren Bruders der Grund dafür ist, erschließt sich nur peu à peu. Doch es geht klar aufwärts! Es ist ein struppiger, etwas stinkiger, kleiner Hund, der Elmo aus seinem Versteck vor dem Leben holt und der sein neuer Freund wird. Auch Elmos “Karriere” als Privatdetektiv nimmt sofort Fahrt auf, denn bei der Suche rund um den Hermannplatz nach dem eigentlichen Hundeherrchen stolpert der Junge von einem Fall zum nächsten. Der Platz mit all seinen Bewohner:innen und Imbissbuden mitten im urbanen Chaos ist wichtiger Protagonist in dem turbulenten Großstadtabenteuer. Er ist es zum einen als schwerbefahrener Verkehrsknotenpunkt, zum anderen soziales Epizentrum, in dem hipper Trendbezirk und von Armut gezeichneter Brennpunkt konfliktreich verschmelzen. Dies auch für alle Nicht-Berliner:innen anschaulich einzufangen, gelingt dem Autoren-Duo mit viel stimmigem Lokalkolorit, witzigen Dialogen und einem temporeichen Erzählstrom. Und wie es mit dem verwegenen Computerspiel MeloDIY, das gerade von allen (!) gespielt wird, weitergeht, erfährt man hoffentlich im nächsten Band. (Jana Kühn)