Ilabaca, Sebastián: Fantastischer Wald, Bohem, 24 Seiten, 26 Euro, ab 2
Willkommen im Wald, schau dich in aller Ruhe um – hier ist es fantastisch! Die Einladung ist wortwörtlich, denn das Bilderbuch des chilenischen Künstlers Sebastián Illabacader ist ein riesiges Zick-Zack-Leporello von drei Metern Länge. Einmal aufgestellt, kann sich ein Kind entscheiden: Von welcher Seite schau ich mir das an? Lieber das bunte Treiben der Menschen oder die vielen kleinen Abenteuer der Tiere? Oder gibt es nicht doch eine Verbindung zwischen beiden Welten, die vielleicht mit den vielen versteckten Klappen zu tun hat? Ein Spektakel von Bilderbuch! (jk)

Dunkel und kalt waren die Winter im hohen Norden schon immer. Doch seit die große Winterschwester nach ihrer geliebten kleinen Winterschwester sucht, schickt sie in ihrer Verzweiflung erbarmungslos eisige Schneeschauer und klirrenden Frost in die Welt. Der kleine Alfred kennt es gar nicht mehr anders, ein ausgesprochen fröhliches Kind ist er dennoch. Als sein Onkel sich auf den Weg macht, die Winterschwestern wieder zu vereinen, erhält Alfred die Prophezeihung seinen Onkel auf dem gefährlichen Weg beschützen zu müssen. Und so stapft der Junge seinem Onkel mutig durch die tief verschneiten Wälder hinterher … eine Seherin, eine magische Füchsin und diebische Trolle begleiten ihn – doch wem kann er trauen? Skandinavische Mythologie in Eis & Schnee, modern und atemberaubend spannend erzählt, kunstvoll grafisch gestaltet – was für ein schaurig-schöner Winterschmöker!(jk)
Mit Musik entstehen Bilder im Kopf. Das dachten sich wohl auch Anke Kuhl und Moni Port und initiierten ein Gemeinschaftsprojekt, dessen Namensliste der teilnehmenden Zeichner*innen sich wie das Who’s Who der hiesigen Kinderbuchwelt liest. Rotraut Susanne Berner, Nadia Budde, Axel Scheffler, Philipp Waechter und noch einige mehr haben in ihrem ureigenen Strich Musikstücke u.a. von den Ärzten, Ludwig van Beethoven und Max Rabe illustriert. Es gibt also wahrlich Klassik, Pop et cetera. Und bunt gemischt sind in den zahlreichen Genres auch die Stimmungen: da wird fröhlich gerangelt, melancholisch das Selbst begrübelt und gemütlich der Abend begrüßt. Das macht Kindern alleine Spaß ist, aber auch für die ganze Familie toll. Auf allen gängigen Streamingportalen findet sich die komplette Playlist zum Buch, und so ist Mukkekukke, wie der geniale Titel es schon sagt, ein echtes Bilder-Hör-Buch. (Jana Kühn)
In ihrem Heimatland Italien ist Marta Palazzesi längst keine Unbekannte mehr . Für „Nebbia” wurde sie 2019 mit der höchsten Auszeichnung für italienische Kinder- und Jugendliteratur, dem Premio Strega Ragazzi, ausgezeichnet. Ihr gerade in Deutschland erschienener Roman Feder und Kralle spielt im Jahre 1914 in Valencia. Amparao, sie tagsüber ein Falke, und Tomás, er nachts ein Panther, begegnen einander zuerst in großer Skepsis, um schließlich gemeinsam das Geheimnis ihrer rätselhaften Kindheit und Herkunft zu lösen. Palazzesi, die in Valencia Architektur studiert hat, beschreibt die Stadt ausgesprochen atmosphärisch und anschaulich. Dass sie ebenso lange als Übersetzerin von Drehbüchern gearbeitet hat, merkt man ihrem geradezu filmischen Schreibstil an. Und Dank der intensiven Zusammenarbeit mit der Illustratorin verleihen die stimmungsvollen Bilder der Geschichte um zwei jugendliche Tierwandler eine wirkmächtige Ebene mehr. Ein historisch fantastisches Abenteuer, das sicher auch hierzulande viele Kinder begeistern wird. (Jana Kühn)
Die Brüder Matti und Janne verbringen ihre Herbstferien zum ersten Mal ohne Eltern bei ihrer Tante Olga. Für den jüngeren Bruder sind es die ersten Schulferien überhaupt. Der ältere Bruder, gerade mal in der zweiten Klasse, hat die Aufgabe, auf das Aussteigen am richtigen Bahnhof zu achten. Bestens angekommen geht es zu Olgas abgelegen Haus am Waldrand, und so stehen nun naturnahe und erholsame Tage an. Doch schon am zweiten Tag vertraut eine Nachbarin Olga zwei Igeljunge zur Pflege an. Winzig sind sie, viel zu klein, um schon allein auf der Welt zu sein. Olga, Matti und Janne kümmern sich mit viel Fürsorge um die beiden Tierwaisen. Wie viel da zu tun, auf was alles zu achten ist! Die Igelkinder werden zum Tierarzt gebracht, ihre Kacke wird weggeräumt, tagsüber und nachts werden sie gefüttert – ja geradezu hingebungsvoll aufgepäppelt. So fliegen die Ferien nur so dahin. Könnte sein, es sind die besten! Kristina Andres beschreibt und zeichnet detailgenau und mit liebevoller Beobachtungsgabe die Ernsthaftigkeit und Freude, mit der Kinder Verantwortung für sich und andere übernehmen – wenn man sie denn lässt. (Jana Kühn)
In ihrem neuen Roman für Kinder erzählt Frida Nilsson aus einem Schweden zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ohne sich komplett an historische Tatsachen zu halten, besonders was Hunde betrifft. Einerseits agieren sie wie Menschen, andererseits führen sie in einem buchstäblichen wie übertragenen Sinne ein Hundeleben – gesellschaftlich geächtet und allerseits herabgewürdigt. Zu Beginn schuften Martin und Jack, Pflegekind und bediensteter Hund, schon viele Jahre zusammen auf dem Hof eines strengen und unerbittlichen Bauern. Erst als der Bauer den altersschwachen Jack verstößt, schließt sich der Junge dem Hund an und flieht – auch weil Jack Martin endlich Details über seinen vermeintlich verschwundenen Vater verrät. Schnell stoßen neue Gefährten zur Reisegruppe, allerdings ebenso Verfolger, denn, so liest man es in allen Zeitungen: Der Hund hat den Jungen entführt! Frida Nilsson ist es erneut wunderbar gelungen, ihre Figuren mit charakterlicher Tiefe voller Grauzonen zu erzählen. Martin & Jack ist historischer Abenteuerroman und große Parabel über bis heute und weltweit ungeklärte Ungerechtigkeiten und verhandelt en passant Fragen zu Freundschaft und Wahlverwandtschaft. Ein großer Wurf und tiefgründiger Schmöker! (Jana Kühn)
Claras Schulweg führt sie auf dem Fahrrad durch eine Großstadt – schnell gibt sich Berlin zu erkennen, doch was sie sieht und erlebt lässt sich mühelos auf andere Städte übertragen. Manchmal gibt es viel Verkehr, es finden sich kuriose Straßennamen, kleine Grünflächen sind Oasen der Erholung, man begegnet sogar erstaunlich vielen Wildtieren. Gemeinsam mit Clara und ihrer Mama erkunden wir Berlin im Wandel der Jahreszeiten – denn Clara radelt Sommer wie Winters und manchmal so schnell wie ein Blitz. Charlotte Müllers Auqarellbilder sind detailreich wie stimmungsvoll und machen Lust, die Stadt auf zwei Rädern zu erkunden. Ein wunderschönes Wimmelbuch, ein Berlin-Buch, eine Großstadtgeschichte für große & kleine Fahrradfans! (Jana Kühn)
Nach dem großen Erfolg von Alle zählen ist nun mit Alle Reisen ein ebenbürtiger, zweiter Band der norwegischen Künstlerin Kristin Roskifte erschienen, der nach dem gleichen Prinzip des Zählens und Erzählens, des Suchens und Entdeckens, des Vor- und Zurückblätterns funktioniert. Menschen träumen von Reisen, sie bereiten sie vor. Reisen finden in der Fantasie statt oder in der Erinnerung. Sie führen zu Aussichtspunkten, einmal um die Ecke oder in die weite Welt – manchmal auch in eine Buchhandlung. Die zahlreichen Geschichten des wiederum opulenten und in seinem Personal ausgesprochen vielfältig gestalteten Bildbandes bleiben in Text und Bild offen und laden regelrecht ein, weitergesponnen zu werden. Bilderreisen können nämlich ganz hervorragend im Kopf stattfinden. Ein Füllhorn schier endlos angeregten Bilderbestaunens, wir sind wieder große Fans! (Jana Kühn)
Eine wirkliche Entdeckung nicht nur dieses Frühjahrs oder dieses Leipziger Buchmessen Gastlandauftritts ist dieser Familien-Roman. Ich nenne ihn so, weil ich ihn für eine perfekte Familienlektüre halte, der am besten alle gemeinsam lauschen. Vielleicht auch, weil es den einen oder anderen Moment gibt, für den ich manchen Kindern Begleitung wünsche, um die Geschehnisse einzuordnen. Aber von vorn, denn alles beginnt mit einem wortwörtlich großen Knall: Ein Laster rast in ein kleines Haus, genau in das Schlafzimmer von Juss. Der Junge wird schwer verletzt geborgen und hier beginnt in Rückblenden die Erzählung eines Sommers, gleichzeitig die Geschichte einer Großfamilie, die in ihrem Zusammenhalt beglückt. Fünf kleine Häuser stehen da am Fluss, in denen mehrere Familien, Onkel, Tanten und Großeltern leben. Da wird füreinander gesorgt und eingestanden, gestritten und sich vertragen, sich vertraut und verziehen. Zwischen Juss und seine Cousine Amber passt kein Blatt Papier, so unzertrennlich verbringen sie die Tage – bis eben besagter Unfall passiert … Das Happy-End sei hier vorweggenommen! (Jana Kühn)
Zeit – hinter den nur vier Buchstaben verbirgt sich ein riesiges Abstraktum, das sich Kindern nur langsam erschließt. Leuchtende Farbstiftzeichnungen erzählen ihnen in diesem rundum wunderschönen Bilderbuch einen Tag aus dem Leben einer quirligen Familie. Der Trubel am Morgen, die Radfahrt am Nachmittag, das Gartenfest bei Oma. Den Bildern beigestellt sind Fragen, die verschiedene Facetten von Zeit beleuchten. Hat man Zeit? Oder wie nimmt man sie sich? Wann ist gleich? Wann sofort? Was sind Pünktlichkeit, Ewigkeit, Lebenszeit? Diese großen und kleinen Fragen werden mit weiteren, liebevoll detailreichen Vignetten alltagsnaher Szenen bebildert. Nicht weniger als Philosophie für Kinder verheißt dies viel gemeinsame Bilderbuchzeit auf der Suche nach Antworten! (Jana Kühn)