Kirsten Boie: Heul doch nicht, du lebst ja noch

Oetinger 2022, 176 s., € 14,-, ab 13

Ende Juni 1945 im zerbombten Hamburg. Der Zweite Weltkrieg ist gerade vorbei, die Menschen kämpfen vordergründig mit dem Alltag zwischen Trümmern, mit Hunger, mit durch die vielen Einquartierungen engsten Wohnverhältnissen, aber eigentlich mit den neuen Verhältnissen als Besiegte und mit einem kompletten Wertewandel. Boie porträtiert wie in einem Brennglas drei Jugendliche, die sich auf der Straße fern der Erwachsenen begegnen:  im Mittelpunkt Jakob, dessen jüdische Mutter deportiert wurde, der das Ende des Kriegs nicht wahrgenommen hat, aber aus massivem Hunger sein Versteck in einer Ruine verlässt. Sein Gegenpol Hermann, Ex-HJ-Führer, der immer noch der NS-Ideologie anhängt und der zu seinem Ärger seinen beinamputierten Vater überallhin, auch auf die Toilette, tragen muss. Und dann noch Traute, eine Bäckerstochter, die sich nach Schule und Normalität sehnt und ihren Eltern Brot klaut. In ihrem spannenden zeitgeschichtlichen Roman, der für Jakob ein gutes Ende nimmt, erzählt Kirsten Boie in knappen Szenen abwechselnd aus den drei verschiedenen Perspektiven und von ihren so unterschiedlichen Problemen. Sie bewertet sie nicht. Zusätzlich ausgestattet mit einer Fülle von Erklärungen historischer Fakten können jugendliche Leser:innen selbst zu Einschätzungen dieser Zeit kommen und viele Verbindungen zum Heute ziehen. (Stefanie Hetze)

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