Tim Staffel: Südstern

Kanon Verlag 2023, 288 S., € 25,-

Der Himmel über Berlin hat sich wieder aufgetan und einen Engel rausgelassen. Dieser Engel, Vanessa, arbeitet nachts in einer Kreuzberger Kneipe und verteilt tagsüber als Apothekenkurierin Drogen an die vom Leben Erschöpften. Von der ersten Seite an treibt das Metronom Tim Staffels durch die Geschichte. Vertraut der Rhythmus seiner kurzen dichten Sätze. Schon taucht Deniz auf, ein Streifenpolizist aus der Friesenstraße und mit ihm dessen parkinsonkranker Vater Markus. Es wird dauern, bis sich die Wege der beiden Protagonist*innen kreuzen und eine Liebesgeschichte entsteht, die so gar nichts mit ihren gegensätzlichen Lebenswelten zu tun hat. Ab und zu treiben kleine, dystopische Miniaturen durch das Bild und erinnern an etwas Bevorstehendes. Der Seismograph Staffel weiß, wo er bohren muss. Ein Tischtennisausflug zum Lietzensee, eine Frau mit Hund kreuzt den Weg. Zum Glück, denn mit wenigen Sätzen legt Staffel die Biographie dieser gebrochenen Charlottenburger Gestalt frei und mit ihr urbane Zeitgeschichte. Von diesen Synkopen gibt es unzählige. Je tiefer man hineingerät in den Sog dieser atemlosen Liebesgeschichte zweier Gestrandeter, desto mehr wartet man darauf. Und dann am Schluss dieses leise, schnelle, tiefschöne Finale. Manchmal ist es so einfach. (Kerstin Follenius) Leseprobe

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