Fatma Aydemir: Dschinns

Hanser Verlag 2022, 368 S., € 24,-, TB dtv September 2023, € 13,-

(Stand September 2023)

Der klassische Beginn einer Familientragödie: Der plötzliche Herztod des Vaters, der sich endlich seinen Traum erfüllt hatte, eine Eigentumswohnung in Istanbul, für die er jahrzehntelang in deutschen Fabriken geschuftet hatte, zwingt seine Frau und die weit zerstreut lebenden Töchter und Söhne zum Begräbnis in der Türkei zusammenzukommen. Die Familie hatte sich längst auseinandergelebt. Sehr unterschiedliche Träume, Geheimnisse und Realitäten prallen da bei Geschwistern und Mutter in dieser unpersönlichen Wohnung aufeinander, manche schaffen es auch nicht rechtzeitig, zur Beerdigung nach Istanbul zu reisen. Fatma Aydemir hat jeder ihrer Figuren eine eigene Identität und eine individuelle Stimme gegeben. Wie in einem Kammerspiel prallen da zum Teil unvereinbare Lebensentwürfe aufeinander, auch wenn die Menschen eng verwandt sind. Sie alle aber tragen die Verletzungen und Verwerfungen türkisch-kurdisch-deutscher Historie, aber auch von gender- und identitätspolitischen Debatten in sich und jede:r hat mit dem eigenen Dschinn, den eigenen inneren Dämonen,  zu kämpfen. Das ist ungemein rasant und dicht in einem atemlosen Sound erzählt, als wären wir mitten im Zwischendrin dieser Menschen, die scheinbar zufällig einer Familie angehören in dieser anonymen Wohnung und auf den erbarmungslosen Fernautobahnen Europas.  (Stefanie Hetze)

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