Tarjei Vesaas: Der Keim

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel. Mit einem Nachwort von Michael Kumpfmüller, Guggolz 2023, 240 S., € 24,-

Das ist alles andere als ein Idyll, diese grüne schöne Insel voller Obstbäume im norwegischen Meer, wie gleich zu Beginn des Romans mit harten Szenen aus dem Inneren eines Schweinestalls unmissverständlich klar gemacht wird. Einer, der von außen kommt, ein traumatisierter Städter, versucht, an diesem Ort seinen Frieden zu finden. Planlos läuft er über die Insel, trifft auf diverse Bewohner:innen, die dem wirren Fremden eher kopfschüttelnd begegnen. Meisterlich, wie der Autor schon die ersten Irritationen, die sich bei den Menschen, ihren Familien und ihren Beziehungen auftun, ins Spiel bringt und unaufhörlich die Spirale der Ereignisse anzieht. Das hat Hitchcockqualität, geht aber weit darüber hinaus. Denn der zweite Mord betrifft im Prinzip alle. Wie Vesaas die Abgründe schildert, in die (wir) Menschen unglaublich schnell und bedenkenlos geraten können und was das für langfristige Folgen haben kann, ist atemberaubend. Und Hinrich Schmidt-Henkel hat in seiner Übersetzung dafür eine knappe zeitlose Sprache gefunden, die das Geschehen mühelos auf die Gegenwart überträgt. (Stefanie Hetze) Leseprobe

Das bestelle ich!