Brigitte Reimann: Die Geschwister

Aufbau 2023, 224 S., € 22,-

Elisabeth, wie ihre Autorin eine glühende Jungsozialistin, erfährt, dass auch ihr zweiter, noch mehr geliebter Bruder Uli die DDR verlassen will. Verzweifelt versucht sie, ihn zum Bleiben zu überreden. Im Jahr des Mauerbaus begonnen, 1963 erstmals veröffentlicht, ist die Erzählung wohl als Reimanns Antwort auf die Abriegelung des Staates zu verstehen. „Die Stasi-Szene gestrichen, die Kunst-Diskussion gestrichen; alles, was an Gefühl  … oder gar Bett gemahnt, ist gestrichen, und jetzt kann man meine schöne Geschichte getrost in jedem katholischen Mädchenpensionat auslegen.“* Doch heute liegt das stark autobiografisch angelehnte Buch in einer Version vor, welche die Zensurbehörde der DDR noch nicht kannte und die nun ohne die später durchgesetzten Streichungen gelesen werden kann. Der Aufbau Verlag nutzt die Gelegenheit dieses Überraschungsfundes für eine ganze Reihe sehr schön gestalteter Neuausgaben, u.a. „Franziska Linkerhand“ und Reimanns Tagebücher „Ich bedaure nichts.“ (Jana Kühn) Leseprobe

* EXTRA! Und wer noch weiter eintauchen möchte, dem sei wärmstens  „Sie träumten vom Sozialismus” über Brigitte Reimann, Maxie Wander und Christa Wolf empfohlen – es ergänzt sich so wunderbar! Mit ihrem nicht (be)wertenden Blick und sehr anschaulich beschrieben zeigt die 1986 geborene Journalistin, wie sich die drei so unterschiedlichen Autorinnen in ihrem Glauben an eine Utopie und dem gleichzeitigen Hadern mit dem dahinter stehenden Staat treffen. Mit ihrer Neubetrachtung eröffnet Würfel Tür und Tor, diesen Kosmos aus spezifisch weiblichen Erfahrungen in der DDR wieder zu entdecken. Leseprobe

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