S. Fischer 2025, 192 Seiten, 24 Euro
Der Vater ist eine Frohnatur, ein Geschichtenerzähler. Einer, der auf „alle Fragen eine Antwort weiß und wenn nicht, sich eine ausdenkt“. Er ist ein Arbeiter mit schwarzen Händen, die nur im Urlaub sauber werden. Und er ist Alkoholiker. Wie sein Vater. Wie viele Männer in der Familie.
Lena Schätte erzählt in ihrem autofiktionalen Roman schonungslos von Maloche, Armut und Alkoholismus. Motte, die Ich-Erzählerin, wächst in einer Arbeiter*innenfamilie auf. Schon früh lernt sie die Regeln der Co-Abhängigkeit: So zu lügen, dass es jeder glaubt. Immer ein Fluchtgeld zur Hand zu haben und dass das, was zu Hause passiert, zu Hause bleibt. Der Vater verliert die Arbeit, die Familie das Haus. Motte wird erwachsen und trinkt selbst. Als der Vater an Krebs erkrankt, sucht sie nach einem Weg, sich zu verabschieden.
Die Autorin erzählt all das in einer bestechend klaren und direkten Sprache – schon allein das macht den Roman unbedingt lesenswert. Jedes Wort sitzt und einzelne Sätze bohren sich in ihrer Härte und Poesie ins Leser*innenherz. In nicht linear erzählten Bruchstücken setzt sich das Bild einer Familie, eines Lebens zusammen und es sind vor allem die Auslassungen, das Nicht-Gesagte, die ihm seine Ambivalenz und eine ungeheure, zärtliche Schlagkraft verleihen. (Katharina Bischoff)