Judith Schalansky: Verzeichnis einiger Verluste

Suhrkamp 2018, 252 S., € 24,-, Suhrkamp TB € 12,-

(Stand März 2021)

SchalanskyEin Großteil dessen, was von der Menschheit geschaffen wurde, ist uns schon verloren gegangen. Judith Schalansky greift einzelnes heraus und spürt ihm nach. In einer Mischung aus Essays, historischen Berichten und Erzählungen, die mal näher, mal entfernt assoziativ ihren Gegenstand umkreisen, berichtet sie von der versunkenen Insel Tuanaki, einem verschollenen Film, den Liebesliedern der Sappho oder auch dem Palast der Republik. Jeder Text verfügt über einen neuen, dem jeweiligen Thema angepassten Erzählton, mal Nature Writing, mal moderne Erzählung, oder Sachtext, mal poetisch, mal prosaisch oder verspielt – doch nie zufällig, immer überzeugend stimmig und voller Überraschungen. Dass das Buch auch wundervoll und sorgfältigst gestaltet ist – vom Drucksatz bis zu den eingefügten, je nach Lichteinfall mal sicht- mal unsichtbaren Bildseiten braucht bei dieser mehrfach für ihre Buchgestaltungen preisgekrönten Autorin kaum noch erwähnt zu werden. Ein besonderes Kleinod, mit Muße und bedacht zu genießen. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Alex Bell: Der Polarbären-Entdeckerclub

Aus dem Englischen von Sibylle Schmidt, FISCHER Sauerländer 2018, 336 S., € 16,-, ab 10, TB 2021, € 9,-
(Stand März 2022)

Bell_Polarbärenentdeckerclub_DanteConnection_DanteperleStella ist eine verwegene Schneewaise und beste Freundin von Beanie einem nerdig schüchternen Halbelf. Mit Shay einem freundlich mysteriösen Wolfsflüsterer finden sie genauso gute Gesellschaft wie sie mit Ethan einem schnöseligen Fiesling nicht schlechter geraten sein könnte. Oder? Vor allem sind sie aber nun mal das Junior-Team einer gefährlichen Expedition ins Eisland.  Alex Bell jongliert für seine vier Protagonisten mächtig mit Geschlechterklischees und vereint so wunderbar gelungen manch gemeinhin Gegensätzliches in seinen Figuren. So bekommt Stella zum Geburtstag Zauberblumen, die geöffnet rosafarbene Kuchenhäppchen in Form kleiner Einhörner enthalten – wow! Genauso gern würde sie jedoch ihren Vater bei seiner nächsten gefährlichen Polarexpedition begleiten. Was Frauen, erst recht Mädchen aber nicht gestattet ist. Ihr Vater setzt sich durch und gemeinsam mit besagter Junior-Forschergruppe  erlebt Stella das Abenteuer ihres Lebens. Die Reise ins Eisland erinnert an die großen Polarexpeditionen des 19. und 20. Jahrhunderts und greift dennoch tief in die Fantasy- und Märchenkiste, was eine mitreißende Mischung ergibt. Feinstes Lesefutter! (Jana Kühn)

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Annie Ernaux: Erinnerung eines Mädchens

Aus dem Französischen von Sonja Finck, Suhrkamp Verlag 2018, 164 S., € 20,-, Suhrkamp TB € 11,-

(Stand März 2021)

Ernaux_Annie_Erinnerung_eines_Mädchens_Dante_Connection_Buchhandlung_Danteperle1958 betrat Annie Duchesne, die einzige behütete Tochter von Besitzern eines Kramladens und eine sehr gute katholische Schülerin, eine völlig neue Welt: eine lockere Ferienkolonie, in der die anderen Betreuer, die schon studierten und überwiegend aus der gehobenen  Mittelschicht stammten, es sich selbstverständlich gutgehen ließen. Das, was ihr dort als Achtzehnjährige widerfuhr, wie sie ihr sexuelles Begehren entdeckte und gnadenlos ausgenutzt und verhöhnt wurde, vergrub sie tief in ihrem Innersten. Erst 2014 nähert sich die Schriftstellerin Annie Ernaux dem Mädchen aus ihrer Vergangenheit an, indem sie dieses frühere Ich wie eine ganz Andere betrachtet. Von außen, mit Hilfe von Fotos, Briefen und weiteren Materialien beschreibt sie ihr Äußeres, die Orte und Abläufe des Geschehens und vergleicht sie mit dem, was in ihrem Gedächtnis hängengeblieben ist. Mit diesem speziellen Verfahren geht sie weit über die Rekonstruktion einer persönlichen Geschichte hinaus, sondern macht sehr anschaulich, wie sich einzelne Ereignisse, verstärkt durch ungleiche Machtverhältnisse, ein Leben lang auswirken können und wie sich das anfühlt. Eine unbedingte Empfehlung. (Stefanie Hetze) Leseprobe

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Valija Zinck: Drachenerwachen

Illustriert von Annabelle von Sperber. Fischer KJB Verlag 2018,  320 S., € 14,-, TB April 2021, € 9,-, ab 10
(Stand März 2021)

Zinck_Drachenerwachen_DanteConnection_DanteperleJanka und Johann hatten noch nie viel mit ihrer Nachbarin Frau Tossilo zu tun, denn eigentlich ist die Dame ziemlich unfreundlich. Das ändert sich schlagartig als sie per Zufall zur Drachenmutter wird … denn ja, mitten in Berlin schlüpft ein Drachenbaby. Es wächst mächtig heran, bringt die drei Nachbarn einander näher und ihr Leben vor allem gehörig durcheinander. Was mit dem humorvollen Charme einer Sams-Geschichte beginnt, entwickelt sich schnell zum großen Abenteuer: Ein internationaler Energiekonzern hatte mit dem Drachen große Pläne und fordert ihn deshalb um jeden Preis zurück. Valija Zinck sprüht mit spannenden Erzählideen wie ein Drache mit Feuer. Alltägliche, fantastische und futuristische Elemente verwebt sie zu einer temporeichen Geschichte. Als unterschiedliche Charaktere entworfen und bestens auf Augenhöhe vereint, kämpfen die Geschwister um die Rettung ihres besonderen Freundes. Und zwischen den Zeilen liest man so einerseits facettenreich von großer Zuneigung, anderseits von der Unermesslichkeit menschlicher Gier. Fortsetzung folgt im Frühjahr 2019 … (Jana Kühn)

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Frida Nilsson: Ich und Jagger gegen den Rest der Welt

Illustriert von Ulf K. Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger, Gerstenberg Verlag 2018,  180 S., € 14,95, TB Beltz 2019, € 7,95, ab 9
(Stand März 2021)

U_5904_1A_ICH_UND_JAGGER.IND13Ob in jenem Sommer alles so passiert ist oder doch nur geträumt? Mit dieser Frage startet ein unzuverlässiger Erzähler seine Geschichte, einer der zahlreichen Geniestreiche der schwedischen Autorin. Sie lässt Bengt erzählen, einen Achteinhalbjährigen mit Übergewicht und ohne Freunde. Seine Eltern wünschten, er hätte welche und wäre ein normales Kind wie die anderen im Haus. Aber von denen wird ihm regelmäßig übel mitgespielt. Bis ihn eines Tages Jagger aus einer solchen verzwickten Situation rettet. Jagger: ein obdachloser Hund, der spricht und der verspielt sein kann wie ein Kind, aber auch durchtrieben, grob und eifersüchtig – eine so fantastische wie schmerzlich lebensnahe Figur. Das Leben auf der Straße hat ihn geprägt. Er weiß sich zu wehren und das soll nun auch Bengt. Er soll sich an allen, die gemein zu ihm waren, rächen. Jagger stachelt den Jungen regelrecht an, wobei so manches, was spaßig und abenteuerlich beginnt, in Schieflage gerät. Die Scheinheiligkeit der Erwachsenen, die nur halbherzig versuchen, zwischen den Kindern zu schlichten, führt Nilsson dabei genauso vor, wie Fragen, deren Beantwortung ihr vielschichtiger und fordernder Roman für Kinder und Erwachsene verweigert.  Wie wehrt man sich, ohne zu verletzen? Fragen wie diese stellen sich und bleiben offen für Gespräche nach einer intensiven Lektüre. (Jana Kühn)  

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Anneliese Mackintosh: Verdammt perfekt und furchtbar glücklich

Aus dem Englischen von Gesine Schröder, Blumenbar 2018,  400 S., € 20,-

(Stand März 2021)

Verdammt_perfektNichts im Leben von Ottila McGregor ist perfekt, von Glück kann keine Rede sein. Seit dem plötzlichen Tod ihres Vaters hat sie jeden Halt verloren. Das schlechte Gewissen plagt sie, zu weit weg von ihrer psychisch kranken Schwester zu leben und ihre Mutter mit zu vielen Sorgen allein zu lassen. Die Affäre mit ihrem verheirateten Chef ist eine komplette Katastrophe, wobei sie ihre Arbeit in einem Krebs-Therapiezentrum ohnehin genug belastet. Aus all diesen Gründen trinkt Ottila, nein, sie säuft regelmäßig bis zur Besinnungslosigkeit. Dann kommt Das kleine Buch vom Glück ins Spiel. Von Anfang an kann Ottila es nicht ausstehen. Auf halbleeren Seiten versammelt es in ihren Augen debile Kalendersprüche à la „Eine Freude vertreibt hundert Sorgen“. Dennoch behält sie es und formt daraus eine Art Tagebuch, indem sie Seiten herausreißt und neue hinein klebt. Diese Textcollage liest man mit. Sie besteht aus Kurznachrichten, E-Mails, Zeitungsartikeln, Drehbuchentwürfen und nicht zuletzt transkribierten Therapiegesprächen. Vielstimmig und stilistisch verschieden erzählt Anneliese Mackinstosh auf diese Weise. Verzweifelt geht es zu, aber auch urkomisch, immer geradeheraus und vor allem warmherzig – darin liegt der besondere Reiz dieses Tagebuches. Denn ja, Ottila versucht es: Trocken und endlich glücklich zu werden. (Jana Kühn)

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Minna Rytisalo: Lempi, das heißt Liebe

Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat, Hanser Verlag 2018, 224 S., € 21,-, dtv TB € 10,90

(Stand März 2021)

LempiDer junge Bauer Viljami kehrt Ende des Zweiten Weltkriegs nach Hause ins finnische Lappland zurück. Er ist voller Verzweiflung, denn er weiß, dass seine geliebte Frau Lempi ihn nicht erwartet – sie ist tot. Fast wie von Sinnen gibt er sich den Erinnerungen an ihr gemeinsames Glück hin, das nur einen Sommer währte. Doch Elli, die Magd, und Sisko, Lempis Zwillingsschwester, erzählen jeweils von einer ganz anderen Frau und von ihrer eigenen Sicht auf die Geschichte. Wer war Lempi wirklich? Liebevolle Ehefrau, falsche Schlange oder lebenshungrig-naive Kaufmannstochter? Und ist sie wirklich tot oder zusammen mit einem der abziehenden deutschen Soldaten verschwunden, den neugeborenen Sohn zurücklassend? Nach und nach entfaltet sich ein vielschichtiges, ja brüchiges Bild der jungen Frau und ihres Lebens, eingebettet in die Wirren des Krieges, voll emotionaler Wucht und stiller Momente, eindringlich, tragisch und poetisch. (Syme Sigmund) Leseprobe

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Mareike Krügel: Zelten mit Meerschwein

Illustriert von Nele Palmtag. Verlag Beltz & Gelberg 2018, 158 S., € 12,95, TB Beltz 2019, € 6,95, ab 8
(Stand März 2021)

Krügel_ Zelten_DanteConnection_DanteperleAls Antons alleinerziehende Mama pünktlich zum Ferienbeginn ihre Arbeit verliert, stehen die Zeichen erst einmal schlecht für eine tolle Reise, so wie die von denen andere Kinder in den letzten Schultagen immer wieder erzählt haben. Doch der Sommer wird gegen alle Regeln und mit einfachsten Mitteln trotzdem unvergesslich. Not macht eben erfinderisch und so zeltet die kleine Familie plus Meerschwein mitten im Wald auf einer malerischen Lichtung. Das Ferienleben im Wald ist irgendwie herrlich unaufgeregt, trotzdem nie langweilig dank phantasievoller Spielideen. Und mit den Kindern vom nahen Campingplatz bahnen sich für Anton überraschende Freundschaften an. Nele Palmtags Illustrationen fangen mit liebevollen Details perfekt die unspektakulär schöne Ferienstimmung ein.  Ein ausgesprochen feinfühlig und mit leisem Humor erzähltes, ganz besonderes Campingabenteuer! (Jana Kühn) Leseprobe

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Katherine Rundell: Feo und die Wölfe

Aus dem Englischen von Henning Ahrens, TB Carlsen Verlag 2020, 240 S., € 6,99, ab 11
(Stand März 2021)

Rundell_Feo und die Wölfe_DanteConnection_DanteperleRussland zur Zeit des Zaren. Feo und ihre Mutter sind Wildwolfer. Sie kümmern sich um Wölfe, die als Welpen zum Vergnügen der Adligen dienten und – einmal ausgewachsen – nicht mehr zum Schmusetier taugen, lehren die Tiere, wieder in der Wildnis zurecht zu kommen. Feo ist mit den Wölfen aufgewachsen, sie sind ihre einzigen Kameraden und sie liebt sie von ganzem Herzen, auch wenn – oder gerade weil – sie keine Schoßhunde sind. Feo weiß jede ihrer Regungen zu verstehen und die Tiere akzeptieren sie als ihresgleichen. Als einer ihrer Wölfe angeblich einen Elch des Zaren reißt, wird der grausame General Rakow auf sie aufmerksam, brennt ihre Hütte nieder und verhaftet ihre Mutter. Im tiefsten Winter macht Feo sich durch Schnee und Eis zusammen mit den Wölfen und dem Jungen Ilja auf, ihre Mutter zu befreien. Zum Glück finden sie unterwegs Freunde, die ihnen helfen. Die Kinder hecken einen fantastischen Plan aus, um das Gefängnis zu stürmen und das Land von dem tyrannischen General und seinen Schergen zu befreien. Dass die Wölfe dabei eine nicht ganz unwichtige Rolle spielen, versteht sich von selbst. (Syme Sigmund)
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Sally Nicholls: Eine Insel für uns allein

Aus dem Englischen von Beate Schäfer, dtv Reihe Hanser 2017, 216 S., € 12,95, TB dtv Reihe Hanser 2018, € 8,95, ab 11
(Stand März 2021)

Nicholls_Insel_für_uns_allein_Danteperle_DanteConnectionDie Geschwister Holly, Jonathan und Davy haben es nicht leicht. Gerade 18-jährig hat Jonathan nach dem Tod der Mutter das Sorgerecht für seine Geschwister übernommen. Die kleine Familie hält sich in aller Liebe wacker – eines fehlt allerdings oft: Geld. Dank des Erbes einer Tante könnte sich das ändern, aber die eigensinnige Dame hat ihre Wertsachen bestens versteckt. So startet eine spannende Schatzsuche, die temporeich und humorvoll den Blickwinkel der dreizehnjährigen Holly einfängt. Die Geschwister schaffen es dank vieler hilfsbereiter Menschen bis auf die schottischen Orkney-Inseln, wo an irgendeinem Strand das Erbe vergraben sein könnte … Einfühlsam und detailreich erzählt Sally Nicholls, was Armut für ein Kinderleben bedeutet, ohne der Geschichte jedoch bleiernes Gewicht zu verpassen. Ganz im Gegenteil, sprachlich leichtfüßig liest sich die Familienschatzsuche auch als modernes Abenteuer und hoffnungsvolles Märchen! (Jana Kühn) Leseprobe

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