Martha Gellhorn: Das Gesicht des Krieges

Aus dem Englischen von Hans-Ulrich Möhring, Dörlemann  2012, 567 S., € 25,-

(Stand März 2021)

GellhornGesicht-US-1.inddReportagen von den Kriegsschauplätzen des 20. Jahrhunderts – vom Spanischen Bürgerkrieg über den Zweiten Weltkrieg bis zu den Kriegen in Vietnam und Nicaragua. Immer in nächster Nähe des Geschehens richtet Gellhorn ihr Augenmerk vor allem auf die Unmenschlichkeit des Krieges und die Leiden der Zivilbevölkerung und hält ihre radikal subjektiven, doch auf besten Informationen fußenden Eindrücke in einer nüchternen, mit klugem Witz getränkten, gut lesbaren Sprache fest.

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A.L. Kennedy: Das blaue Buch

Aus dem Englischen von Ingo Herzke, Hanser 2012,  TB dtv 2014

(Stand März 2021)

kennedy-das-blaue-buch-danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin Kreuzfahrtschiff, ein Mann und eine Frau auf Verlobungsreise, ironisch-distanzierte Beobachtungen über die Mitreisenden und Kreuzfahrten im Allgemeinen… Doch was zunächst so einfach scheint ist es ganz und gar nicht. Elisabeth und Derek sind nur auf den ersten Blick ein glückliches Paar und der seltsame Fremde ist vielleicht doch gar nicht so fremd – zumindest nicht für Elisabeth. Kennedy spielt geschickt mit der Wirklichkeit, lenkt den Leser auf falsche Fährten, enthüllt durch Rückblicke eine Liebe, die die Liebenden verstört und von der sie doch nicht lassen können und das mit einer sprachlichen Eleganz, die durch ihre unerwarteten Bilder überrascht und begeistert. (Syme Sigmund)

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Jenny Erpenbeck: Aller Tage Abend

(Knaus 2012), 288 S., TB Penguin, € 10,-

(Stand März 2021)

Aller Tage Abend von Jenny Erpenbeck

Fünf Lebensentwürfe für eine Person. Fünf mögliche Tode – und Leben – und die Einsicht, wie viel vom kleinen Zufall abhängt, von der Sekunde früher oder später, einem Schritt zu viel. Vom möglichen Tod als Säugling, über den Selbstmord aus Liebeskummer, das Umkommen im Gulag und den Sturz auf der Treppe im Rentenalter – Jenny Erpenbeck führt uns in kunstvoll wechselndem Schreibstil und -rhythmus mit ihrer 1902 als Kind einer jüdisch-galizischen Mutter und eines katholischen Vaters geborenen Protagonistin durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts, immer wieder ansetzend mit “was wäre wenn (oder wenn nicht)”. Aus dem von Pogromen bedrohten jüdischen Ghetto Galiziens über das hungernde Wien von 1919/20 sowie das stalinistische Russland der Schauprozesse und Massenverhaftungen von 1938 bis ins Ostberlin vor und nach der Wende spannt sich der Bogen. Und gerne folgt man der Autorin und ihrer eleganten, bedacht gesetzten schönen Sprache auf dieser Reise und durch ihr gelungen umgesetztes Gedankenspiel. (Syme Sigmund)

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Kiran Nagarkar: Die Statisten

Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini, A1 Verlag 2012

(Stand März 2021)

a1_titel_statisten_end.qxd:a1_titel_kiranDieser herrliche Roman liest sich wie eine bombastisch bunte Bollywood-Komödie. In den „Hauptrollen“ Ravan und Eddie, zwei reichlich naive, aber sehr talentierte junge Musiker, die denselben Traum haben, Schauspieler zu werden. Sie jagen dem Erfolg hinterher, doch der ist immer schneller. Selbst Statist zu werden stellt sich als Herausforderung heraus. Das  Leben schlägt ihnen in immer  tragikomischeren Wendungen stets ein Schnippchen. Und als Leser folgt man den beiden Helden dabei mitfiebernd in jeden Fettnapf, in jede Katastrophe und rappelt sich stolpernd mit ihnen wieder heraus – ein großer Lesespaß mitten aus dem Herzen von Bombay. (Jana Kühn)

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Teju Cole: Open City

Aus dem amerikanischen Englisch von Christine Richter-Nilsson, (Suhrkamp 2012), 333 S., TB Suhrkamp 2013, € 10,99 und Ullstein 2024, € 13,99

(Stand Februar 2024)

cole-open-city_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergManhattan, einige Jahre nach 9/11. Julius, ein gebildeter junger Psychiater nigerianisch-deutscher Herkunft, läuft in jeder freien Minute durch die pulsierenden Straßen New Yorks. Er lässt sich kreuz und quer treiben, beobachtet, betrachtet, kommt an allen möglichen Orten mit den unterschiedlichsten Bewohnern der Metropole in Kontakt, debattiert und philosophiert mit ihnen. Ihre Geschichten und Wahrnehmung verzahnt er mit seinen eigenen Erfahrungen als schwarzer Einwanderer in den USA, mit seiner Kindheit in Nigeria, seinen Lektüren, seiner Vorliebe für klassische Musik.
Mit jeder neuen Begegnung schält Teju Cole, Kunsthistoriker und Straßenfotograf, wie in einem Palimpsest eine weitere Facette aus den vielen Schichten New Yorker Realitäten heraus und stößt dabei auf die drängenden Fragen unserer Gegenwart. Das ist ungemein anregend erzählt in der besten Tradition kosmopolitischer Flaneure. (Stefanie Hetze)

Mehr Informationen zu Teju Cole

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Gaito Gasdanow: Das Phantom des Alexander Wolf

Aus dem Russischen von Rosemarie Tietze, Hanser 2012, € 17,90, 192 S., TB dtv 2014, € 9,90

(Stand März 2021)

gasdanow-das-phantom-des-alexander-wolf_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergEin junger Mann schießt während des russischen Bürgerkriegs in Notwehr auf seinen Verfolger und lebt fortan mit der Überzeugung, einen Mord begangen zu haben. Jahre später liest er die Erzählungen eines Alexander Wolf, der die gleiche Szene aus Sicht des Verfolgers beschreib. Sein vermeintliches Opfer hat also überlebt. Fortan lässt den Ich-Erzähler die Idee nicht los, Wolf zu finden. Doch wer ist dieser Mann, der plötzlich so viele Spuren hinterlässt und so viele verschiedene Gesichter zu haben scheint? Ein elegant geschriebenes Buch, das letztendlich um das Thema Erinnerung kreist, aus der Feder eines lange verkannten ganz großen Autors der russischen Literatur. Der 1903 geborene Gasdanow gehörte einer Gruppe junger Literaten in Paris an, die sich von der russischen Prosatradition des 19. Jahrhunderts abwandten, und Proust, Kafka und Joyce zum Vorbild hatten. “Das Phantom des Alexander Wolf” schrieb er 1948. Es erscheint hier erstmals in deutscher Übersetzung. (Syme Sigmund)

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Mario Desiati: Zementfasern

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, Wagenbach 2012
Dieses Buch ist in der deutschen Übersetzung leider nicht mehr lieferbar.
(Ternitti, Mondadori 2012, ca. € 14,-)

desiati-zementfasern_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergAntonio Orlando zieht – wie weitere 2000 Einwohner seiner apulischen Heimat – in den siebziger Jahren mit Frau und Kindern in die Schweiz, um in einer Asbestfabrik zu arbeiten. Nur zwei Jahre bleibt die Familie dort, doch nach der Rückkehr ist das Leben aller für immer gezeichnet. Tochter Mimì zieht ihre mit nur 15 Jahren in Zürich gezeugte Tochter Arianna alleine groß, in einem Dorf der Frauen, dessen Männer einer nach dem anderen an asbestverseuchten Lungen zu Grunde gehen. Und so erzählt dieses Buch das Leben von Mimi – einer fast mythischen Figur, stark und mit den Geistern der Vorfahren verbunden – und Arianna, die ihren eigenen Weg findet und doch mit ihrer Herkunft verbunden bleibt, in einem hypnotisierenden Ton, der es schafft, den unauflösbaren Widerspruch zwischen den doch eng miteinander verflochtenen Polen Archaik und Moderne dieses Landstrichs auch sprachlich spürbar zu machen. (Syme Sigmund)

Lo voglio ordinare!

 

Ivan Klìma: Stunde der Stille

Aus dem Tschechischen von Maria Hammerich-Maier, Transit 2012, 253 S., € 19,80

(Stand März 2021)

Cover Klíma_3Mann.inddBasierend auf der Recherche für einen Spielfilm über die Entwicklung des Sozialismus in der Ostslowakei, einer unterentwickelten, armen  Region zwischen Polen, der Ukraine und Ungarn, führt uns dieser Debütroman, der kurz nach seiner Veröffentlichung 1963 verboten wurde und jetzt erstmals in deutscher Übersetzung erschienen ist, in die Abgründe des Menschlichen. Anhand des Schicksals von einzelnen – u.a. ein opportunistischer, krimineller Funktionär, ein Ingenieur, der an der monströsen Bürokratie verzweifelt oder ein ehemaliger Partisan, dessen menschlicher Idealismus irgendwann nicht mehr zeitgemäß ist – führt uns Klìma vor Augen, wie die sozialistische Utopie an der Selbstsucht und Machtbesessenheit des Einzelnen scheitert. In diesem Sinn – der Erfassung des menschlichen Wesens –  hat der Roman etwas Allgemeingültiges und ist unbedingt lesenswert. (Syme Sigmund)

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Dalton Trumbo: Und Johnny zog in den Krieg

Aus dem Amerikanischen von Tina Hohl. Illustriert von Felix Gephart. ONKEL & ONKEL 2012
Dieses Buch ist leider nicht mehr lieferbar!
(Stand März 2021)

trumbo-und-johnny-zog-in-den-krieg_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergJoe “Johnny” Bonham wacht in einem Krankenhaus auf, offensichtlich schwer verletzt. Wie schwer begreift er nur langsam. Mehr tot als lebendig, doch bei hellwachem Verstand erinnert er sich an die unsäglichen Schrecken der Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs, aber auch an sein Zuhause, seine Familie, Freunde und seine Geliebte Kareen. Eine gewaltige, vielfältige Lektüre, die anrührt und an die Nieren geht. Ein wutrasender Monolog, der große Fragen stellt. Ein Manifest der Menschlichkeit und nicht zuletzt ein Klassiker der modernen Anti-Kriegsliteratur – wiederentdeckt, in neuer Übersetzung & grandios illustriert – Lesen! (Jana Kühn)

 

 

Joan Didion: Blaue Stunden

Aus dem Englischen von Antje Ravic Strubel. (Claassen 2012) Ullstein TB 2019, 208 S., € 12,-

(Stand März 2021)

didion-blaue-stunden_danteperle_dante_connection-buchhandlung-berlin-kreuzbergBlau ist das Licht an den langen Sommerabenden des Nordens. Wenn diese Zeit endet, spürt man, der Sommer ist bald vorbei. Joan Didions Adoptivtochter Quintana starb mit nur 39 Jahren, kurz nach dem Tod von Didions Mann. Sie ist nun allein, alt, selbst zerbrechlich und ohne Hoffnung. In diesem Buch schreibt sie an gegen den Tod, gegen die Verzweiflung, in klaren präzisen Worten frei von jeder Rührseligkeit, in Sätzen, die lange haften bleiben. Es ist kein Erinnerungsbuch, sondern ein radikales Buch über den Umgang mit der Leere, die unverhofft kommt und der sie begegnen will, ohne “zu jammern”. (Syme Sigmund)

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